Betrachtet man die Geschichte von einem psychologischen
Ansatz aus, dann, so
Politzer (1978, S.29), lese sie sich wie eine Studie über
»Neurasthenie
bzw. Nervenschwäche. Diese zeige sich in dem dreimaligen Versagen des Ichs, dessen Ursachen
Urängste seien.
Von Nervenschwäche spricht man heute allerdings in der
Psychotherapie nicht mehr, da heutzutage etliche andere
Krankheitsbilder wie »Depressionen oder auch
»Burn-Out die der Neurasthenie
zugeschriebenen Symptome aufweisen.
Laut Wikipedia gehörte die Diagnose
"Neurasthenie" im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert zu
den Modekrankheiten einer gehobenen Gesellschaftsschicht." Zu ihren
Hauptsymptomen wurden anhaltende Erschöpfung und Ermüdungszustände gezählt,
die auf unterschiedliche Ursachen zurückgeführt wurden und zu
Folgeerscheinungen wie "Ermüdung, Ängstlichkeit, Kopfschmerzen, Impotenz bei
Männern und Frigidität bei Frauen, Neuralgie, Konzentrationsstörungen,
Freudlosigkeit und Melancholie. Ferner können sich Betroffene kaum oder gar
nicht entspannen, haben davon Spannungskopfschmerz und zeigen sich oft als
sehr leicht reizbar.
In der •
Parabel •"Gibs
auf" zeigt der Mann nach
Politzer (1978, S.29)
dreimal, wie ihm die Nerven versagen: "wenn er sein Zuspätkommen
entdeckt, wenn ihn der Schutzmann mit seiner Gegenfrage mystifiziert und
wenn er am Ende in die Ohnmacht völligen Schweigens zurücksinkt."
Auf diese
Weise lieferten in uralte Ängste Situationen aus, deren Probleme er, wegen
seiner Ängste, überhaupt nicht anpacken wolle und könne. (vgl.
ebd.)
Politzer versteht die Angst des Mannes unter psychologischer Deutungsperspektive als
eine Allegorie auf Kafkas
Vater • Hermann und dessen Erziehungsmethoden, so wie sie Franz Kafka im
• "Brief
an den Vater" (1919) selbst beschrieben hat.
Genau
dazu passe nämlich,
dass "der Schutzmann (...) dem Wegsuchenden erst mit einer Gegenfrage
(antwortet) und dann mit dem vernichtenden Endurteil seiner letzten Worte"
(ebd.,
S.30)begegne.
Oder wie es im
• "Brief
an den Vater" heißt: »Wenn ich etwas zu tun anfing, was
Dir nicht gefiel, und Du drohtest mir mit dem Misserfolg, so war die
Ehrfurcht vor Deiner Meinung so groß, dass damit der Misserfolg unaufhaltsam
war«.
Eine besondere Bedeutung gewinnen nach Politzer aber auch der
Schutzmann und der Turm als »Phallus-Symbole: So könne man hinter dem
Polizisten "die hünenhafte aufgereckte Traumfigur des Vaters" (ebd.,
S.30) sehen, der dem
Sohn den Weg in das normale Leben versperrt habe, und im Tenor des ›Gibs
auf‹ dieses Vatersymbols klängen "Kafkas Zweifel an seiner eigenen
Männlichkeit"(ebd.) an, die auch im
• "Brief
an den Vater" thematisiert werden.