Unter literaturdidaktischer Perspektive
kann die so genannte "Findekunst", wie sie mit dem Ansatz des
so genannten »New Historicism verbunden wird, (vgl.
Baßler 2007,
S. 227ff.) als eine Variante des
• thematischen Zuganges
einen Weg zum Verständnis der verrätselten ▪
Parabeln
▪
Franz Kafkas
bieten.
Dabei wird davon ausgegangen, dass sich der einem Text
zugeschriebene Sinn nicht nur durch den Text und durch den
Werkkontext, den literatur- und kulturhistorischen oder
sozialhistorischen Kontext ergibt, sondern ein Text auch in
zahlreichen anderen Vergleichs- und Ähnlichkeitsbeziehungen steht,
die man als Intertextualität bezeichnet. (vgl.
Baßler
2007b, S.360)
Eigentlich wird der jeweils zur Analyse kommende
Text "nur momentan, zu analytischen Zwecken" aus dem "Kontext
ausgegliedert, zu dem er sonst gehört." (ebd.)
Literaturdidaktisch gesehen könnte der Ansatz - wie immer in solchen
Fällen grob vereinfacht - vor allem dazu ermutigen, ohne
wissenschaftlichen Ansprüchen Genüge leisten zu wollen, quasi
"anekdotisch" allerlei Texte zusammenzustellen und damit zu Wort
kommen zu lassen, die entweder in der Zeit der Textentstehung oder
aber in der aktuellen Zeit der Textrezeption Ähnlichkeitsbeziehungen
aufweisen und damit auf ihre Weise dem zu analysierenden Text
Bedeutung geben, den Text also semantisieren.
Ein solcher
methodischer Zugriff auf Kontexte hat jedenfalls, "so leicht und
anekdotisch er wirkt, (...) gegenüber einer traditionellen
Auffassung, die den Einzeltext in Relation zu einem allgemeinen
»historischen Hintergrund« setzt den Vorteil der Konkretheit und
Partikularität." (Baßler
2007, S.228)
Statt einfach zu übernehmen, was andere
Fachwissenschaften wie z. B. die Geschichtswissenschaft, die
Soziologie oder die Psychologie herausgefunden haben, erlaubt dieser
nie vollständig und abgeschlossene Zugriff auf eine Reihe von
Einzeltexten den Blick auf "die ungeheure Komplexität
historisch-kultureller Bedeutungsbezüge", die sonst mit den
genannten Verfahren kaum ins Blickfeld geraten.
Ob bei der Anwendung
des Ansatzes auf die Analyse von ▪
Parabeln
▪
Franz Kafkas
im
schulischen Literaturunterricht dabei Text-Text-Bezüge herauskommen,
die paradigmatisch "als kulturelle Vergleichsgrößen (...) den
jeweils manifesten Text mit Bedeutung ausstatten"
(ebd.)
ist dabei, wenn man allein die großen Motivationseffekte betrachtet,
die für den Literaturunterricht adaptierte "Findekunst" hat,
natürlich zweitrangig.
Wer als Schüler oder Schülerin Texte und
Bilder findet, die für ihn daran beteiligt sind, einer dieser Parabeln
Bedeutung zuzuschreiben, ist jedenfalls bei seiner Spurensuche nach
dem Sinn der fremd daherkommender Geschichten ein gutes Stück
weitergekommen.