▪
Baustein:
Einen Zugang zu Kafkas Parabeln finden:
Dass einem diese Texte "schräg" vorkommen, ist ganz normal ...
Deutungen, die dem Konzept des von »Jacques Derridas
(1930-2004) zurückgehenden •
Dekonstruktivismus
folgen, geben, so
Engel (2010,
S.422) seit über 30 Jahren den Takt in der Kafka-Forschung vor und
haben in modifizierter Form längst auch Eingang in andere
Deutungsansätze gefunden.
Dabei ist die Vorliebe vieler Dekonstruktivisten für die per se
so schwer verständlichen und •
strukturell,
aber auch •
radikal fremd erscheinenden Werke Franz Kafkas nicht
verwunderlich.( vgl.
Burkhart 2008, S.390) Sie fanden in Kafkas Texten mit ihrem
"Spannungsverhältnis zwischen Erkenntnisdrang und
Erkenntnisverweigerung" (Andringa
2008, S.317) auf der Grundlage ihrer "Kritik an der
Fixierung von Sprachzeichen und ihre(r) Auffassung von der
Zersprengung (dissémination) von Bedeutungen" (ebd.)
eine Textwelt, an der sich ihre Kernthese von der prinzipiellen
Undeutbarkeit von Texten besonders gut demonstrieren lässt.

Für
größere
(740px) und
große
Ansicht (1200px) bitte an*klicken*tippen!
Dekonstruktivistische "Deutungen", die eigentlich gerade dies
nicht sein wollen, heben nämlich auf die Autoreflexivität des Werkes ab,
indem sie zeigen wollen, dass es im Grunde im Grunde nicht
ausgedeutet werden kann und akzentuieren "auf das Auflösen des
Werk-Konzeptes im Schreibprozess." (Engel 2010,
S.422) )
Sie folgen damit
der zentralen
Prämisse der Dekonstruktion,
dass ein Text "weder seinen Sinn in sich selber hat noch eine Bedeutung, die
im vorausgeht" und "daher auch nicht auf einen authentischen oder
ursprünglichen Sinn hin entziffert werden" kann (Bogdal
1996, S.152).
Um das "scheinbar Marginale, das von früheren Interpreten oder
im Text selbst an den Rand gedrängt wurde, in den Vordergrund zu
rücken," (Bogdal 2000,
S.14) und damit die »logozentrische« Unterscheidung zwischen
Zentralem und Marginalem, Wesentlichen und Unwesentlichen in
einem zweiten Schritt grundsätzlich in Frage zu stellen" (ebd.),
werden dann "Textelemente, die auf den ersten (und zweiten)
Blick mit dem Schreiben nichts zu tun haben, zu allegorischen
Zeichen des Schreibvorgangs umgedeutet."
(Engel 2010,
S.422)
Neben der oft weit
herbeigeholten oder einfach dem gesunden Menschenverstand folgenden
Allegorese, die solchen Ansätzen zugrunde liegt und sich wenig oder gar
nicht um intersubjektive Geltung und argumentative Transparenz bemüht,
ist es vor allem die gänzlich stereotype Art, alle Texte Kafkas
als Thematisierung des Schreibvorganges anzusehen, was die Kritik
bemängelt.
Aus Sicht der
Dekonstruktion kann die Alternative angesichts der Tatsache, dass sich
seine Texte, insbesondere seine kürzeren Prosastücke dem Verständnis des
Leser grundsätzlich entziehen, aber eben nicht heißen, sie als "ideale
Projektionsfläche für die hermeneutischen Gelüste des prototypischen
Kafka-Lesers" (Burkhart
2008, S.387) zu missbrauchen.