Wer mit der modernen Kafka-Interpretation vertraut ist, kann
seinen Zugang auch dadurch kontextualisieren, dass er,
sofern uneigentliches Erzählen vorliegt, seine ▪
Parabeln
als
"Darstellung seines 'traumhaften inneren Lebens' (Kafka 1951, 420)"
auffasst, das "prärationale und damit auch präverbale Erzählinhalte zum
Ausdruck" bringt (Nickel-Bacon
2014, S.94).
Damit wird es in gewisser Weise zu einer Variante
des • biografischen Zugangs, ohne dessen weiteren Implikationen zu
folgen.
Bezogen auf
▪
Franz Kafkas Roman
▪
»Der Prozess«
hat man dieses besondere poetologische Verfahren auch als
▪
"traumanaloges Dichten" bezeichnet, "als ein nach der
Logik des Traumes verfahrendes Komponieren" (Hiebel 2008,
S. 457), das "Kafkas suchendes, tastendes Schreiben" präge. (ebd.)
-
Dabei würden in einem primär
assoziativen Verfahren wie im Traum (private
wie öffentliche) Ereignisse in
Metaphern übersetzt, diese miteinander verschaltet
oder verdichtet.
-
Immer wieder würden räumliche und zeitliche Ordnungen
umgestellt oder aufgehoben.
-
Zudem würden
metonymische Verschiebungen und Entstellungen zum Zweck der Chiffrierung
vorgenommen, wenn ihnen Analoges zu Grunde liege.
-
Und am Ende
"purzeln die Einzelheiten - freilich nach einer bestimmten
Gesetzmäßigkeit, einer Traum-Logik - »rhizom«-artig
durcheinander. Semantische und metaphorische Indizien verändern den Sinn der
Phänomene von Punkt zu Punkt, so dass wir von einer
gleitenden und
zugleich paradoxen Metaphorik sprechen können." (ebd.)
Figuren und Gegenstände werden zu innerpsychischen Instanzen
Dementsprechend "(stehen) Figuren oder Gegenstände (...) nicht
mehr stellvertretend für soziale Gruppen oder Phänomene, sondern für
innerpsychische Instanzen; Ereignisse und Handlungsabfolgen
repräsentieren innere Konflikte. Strukturbildend ist dabei die
Konfrontation einer erlebenden Figur mit einer verstören
undurchschaubaren Umwelt, die sich als entmutigend bis indifferent,
häufig auch strafend erweist." (ebd.,
S.94f.)
Erzählt wird immer aus der Perspektive der erlebenden Figur
Daraus ergibt sich geradezu zwangsläufig, dass Kafka völlig
"unabhängig von der gewählten grammatischen Form" seinen Erzähler
das Geschehen nicht in der
Außensicht darbieten lässt, sondern
"konsequent aus dem Blickwinkel der erlebenden Figur". (ebd.,
S.95) Wenn man so will, handelt es sich, wenn sie als solche
gestaltet ist, nur um eine Art fingierter Außensicht.