Helmut Richter
(1962, S.219) macht aus seiner Ablehnung der
• Parabel •"Gibs
auf von • Franz Kafkas
aus der
Sicht der DDR-Literaturwissenschaft der sechziger des vorigen Jahrhunderts
keinen Hehl.
Für ihn manifestiert sich in der Erzählung "die untergründige
Sinnlosigkeit des Lebens" und damit werde eine Vorstellung von
(gesellschaftlicher) Wirklichkeit zur Darstellung gebracht, "die infolge der
Betrachtungsweise eines durch diese Widersprüche entscheidend beeinflussten
Beobachters abermals entstellt worden ist."
Er stützt seine Behauptung u. a.
auf die nachfolgende Analyse:
"Der Schutzmann, der auf die unbefangene Frage nach dem Weg zum Bahnhof ein
höhnisches 'Gibs auf!' zur Antwort gibt, wird zum Propheten der Vergeblichkeit
alles Suchens überhaupt. Hier ist nur ganz persönliches Weltgefühl gestaltet, der
Komplex eines Menschen, dem das Leben infolge seiner spezifischen Betrachtungsweise des
Daseins - die natürlich letzten Endes durch gesellschaftliche Erfahrungen bedingt ist -
nichts mehr zu bieten hat."
So habe das Stück den den Charakter einer
"Traumepisode". Daher sei das Stück im Grunde "nur die schlaglichtartige Inkarnation eines falschen Dogmas und
vermag auch in der Gestaltung nicht zu überzeugen. Es ist bezeichnend, dass Kafka immer
auch künstlerisch scheitert, sobald er zu gestalten versucht, dass es grundsätzlich
unmöglich sei, mit der Welt fertig zu werden. Ein weiteres Beispiel dafür ist das ebenso
rein artifizielle Stück »Eine alltägliche Verwirrung«, das ein zufälliges Verfehlen
zweier Menschen so monströs systematisiert, bis nur absoluter Unsinn übrig bleibt. Hier
liegt nur noch eine sehr indirekte Widerspiegelung vor: Nicht eine durch Widersprüche
entstellte Wirklichkeit wird dargestellt, sondern eine Wirklichkeit, die infolge der
Betrachtungsweise eines durch diese Widersprüche entscheidend beeinflussten Beobachters
abermals entstellt worden ist. Künstlerische Erkenntnis und Gestaltung von Realität ist
auf dieser Basis nicht möglich. Die Realität wird durchgängig mystifiziert."
•
KI: Welche
literaturwissenschaftlichen Interpretationsansätze gibt es für Franz Kafkas Text "Gibs
auf!"?
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Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
03.02.2025