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Strukturen dramatischer Texte
▪
Dramatische Rede
▪
Dramaturgie und Inszenierung
▪
Metrische Strukturen der Lieder Maria Stuarts
▪
Die sprachliche Form - Hansjürgen Popp (1995), Melitta Gerhard
(1950) und Gert Sautermeister (1979)
▪
Geschichte und Funktion des Blankvers
▪
Rhetorische Mittel
▪
Überblick
▪
Figuren und Tropen
▪
Änderungsoperationen
▪
Wirkungsbereiche
rhetorischer Figuren
▪
Wirkungsakzente
▪
Auswahlliste gebräuchlicher
rhetorischer Mittel
▪
TOP 25
- Basisauswahlliste
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Einzelne rhetorische
Mittel
Friedrich Schillers dramatischer Stil und dessen Funktion in
seinem Dramas
Maria
Stuart erschließt sich aus ihrem Zusammenhang mit seiner
ästhetischen Theorie und den von ihr abgeleiteten darstellungsästhetischen
Forderungen, wie
Leipert
(2000. S.81) hervorhebt:
"Gerade auf der Ebene des dramatischen Stils versucht Schiller den von
ihm prognostizierten Grundwiderspruch der Moderne zu artikulieren. Dieser
Widerspruch, der sich auf der
moralischen Ebene als Antagonismus von Sittlichkeit und Sinnlichkeit, auf
politischer Ebene als Differenz von Individualität und Gattungsbestimmung
zeigt, äußert sich auf der poetologischen Ebene als Dualismus von
abstraktem Inhalt und konkret-sinnlicher Form. [...] Für die
technisch-handwerkliche Seite der dichterischen Produktion bedeutet dies:
Eine notwendige Operation des Dichters ist Idealisierung seines
Gegenstandes, ohne welchen er aufhört seinen Namen zu verdienen. Seine
Aufgabe ist es, das Individuelle und Lokale zum Allgemeinen zu erheben und
so die von Schiller angestrebte Form der »Idealisierkunst« zu erreichen.
[...] Ziel dieser »Idealisierkunst« und ihrer »Versöhnung« des
Individuellen und Allgemeinen, ihrer poetischen Harmonisierung von
Sinnlichkeit und Idee ist die Restitution der menschlichen Totalität durch
die Kunst.“ (Leipert 2000. S.81)
Blankvers
Schiller gestaltet sein Drama »Maria Stuart» in
gebundener Rede. Dafür
nutzt er den
Blankvers, den
▪
Lessing
im ▪ »Nathan«
in die deutsche dramatische Literatur eingeführt hat. (vgl.
▪ Sprachliche Form des »Nathan»:
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Geschichte und Funktion des Blankverses)
Mit seinen ungeraden Hebungen, mit den
nicht festgelegten Zäsuren, mit der Reimfreiheit, der variablen Kadenz bei
den zehn- bzw. elfsilbigen Versen und mit der ausgiebigen Gelegenheit zum
Enjambement rhythmisiert der
Blankvers mit die dramatische Rede. Die häufige Verwendung der
Antilabe (z.B.
II,8 V 1769ff.) und die in dem einen oder anderen Streitgespräch
gestaltete
Stichomythie (z.B.II,8
V 1870ff.) dynamisieren die Sprechweise.
Darüber hinaus ist die
gebundene Rede aber für Schiller auch für seine wirkungsästhetischen
Vorstellungen wichtig. Dies hat er selbst in einem Brief an Goethe vom
24.November 1797 zum Ausdruck gebracht, als er sich mit seinem Drama
»Wallenstein« beschäftigte:
"Ich habe noch nie so augenscheinlich mich überzeugt, als bei meinem
jetzigen Geschäft, wie genau in der Poesie Stoff und Form, selbst äußere,
zusammenhängen. Seitdem ich meine prosaische Sprache in eine
poetisch-rhythmische verwandle, befinde ich mich unter einer ganz anderen
Gerichtsbarkeit als vorher; [...] Man sollte wirklich alles, was sich über
das Gemeine erheben muss, in Versen, wenigstens anfänglich, konzipieren,
denn das Platte kommt nirgends so ans Licht, als wenn es in gebundener
Schreibart ausgesprochen wird. [...] Der Rhythmus leistet bei einer
dramatischen Produktion noch dieses Große und Bedeutende, dass er, indem
er alle Charaktere und alle Situationen nach einem Gesetz behandelt und
sie, trotz ihres innern Unterschiedes, in einer Form ausführt, dadurch den
Dichter und seinen Leser nötiget, von allem noch so charakteristisch
Verschiedenen etwas Allgemeines, rein Menschliches zu verlangen." (zit. n.
Leipert 2000. S.82)
Die
"Rhetorisierung der Sprache"
Ein Beispiel für den
Einsatz rhetorischer Mittel in der dramatischen Rede findet sich in
Szene ▪
I,7 - Maria im Streit mit Burleigh über die
Legitimität des Gerichtsverfahrens.
Das Ende des Dialoges von
Maria Stuart und
Burleigh (V 934-974) spiegelt dabei die
▪ antithetische Grundstruktur des Dramas
deutlich wider und zeigt den ▪
rhetorisch-artifiziellen Charakter der Gestaltung
bestimmter Blankverspassagen durch Schiller.
Die quantitative Häufung der
verwendeten
rhetorischen Mittel hat dabei neben der
Intensivierung und der thematischen Pointierung der Aussage des
jeweiligen Sprechers die Aufgabe den Zuschauer auf Distanz zum
dramatischen Geschehen zu halten.
Diese Funktion der Rhetorisierung zielt
auf die von Schiller im Rahmen seiner ästhetischen Theorie verfolgte
"»Ästhetisierung« von Inhalten" als "Voraussetzung der Humanisierung des
Rezipienten, der im Rezeptionsakt, im ästhetischen »Spiel« seine
gattungsbestimmte Totalität erfahren kann". (Leipert
2000, S.84)
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"Lyrisierung" der dramatischen Rede
Über die Verwendung des Blankverses hinaus verstärkt Schiller den
Charakter der
gebundenen Rede an besonders wichtigen Stellen der Handlung
– besonders am Ende von Szenen und Akten. Um eine thematische Pointierung
bestimmter Handlungsaspekte und die Intensivierung der Aussage zu
erlangen, "steigert" er auch die formale Struktur der gebundenen Rede.
Er
"lyrisiert" sie stärker und hebt sie damit von dem ansonsten Gesagten ab.
In dem gleichen Maße, wie die Sprache durch die neue Rhythmisierung und
den zeitweise verwendeten Reim musikalischer wird, löst sie sich von ihrer
"inhaltlichen »Schwere« [...] und erlaubt dem Rezipienten so den Zustand
ästhetischer Freiheit und Distanz." (Leipert 2000, S.83)
Zwar ungewöhnlich, aber dennoch durch die dramatische Handlung klar
motiviert, sind die von Schiller in das Stück eingefügten Lieder bzw.
hymneartigen Gedichte.
Die in das ansonsten im Blankvers gestaltete Gespräch von Maria Stuart
und Hanna Kennedy
(III,1) eingefügten Einlagen werden durch
"lyrisiert" und dienen damit zur Gestaltung einer nur in der
Vorstellungskraft erzeugten ästhetisierten Idylle. Weitere "lyrisierte"
Szenen: I,8;
II,6;
II,9;
III,5;
III,6;
III,8;
IV,4;
V,6;
V,7 (V 3739ff.) und
V,9.
Sie stehen dabei in einem inhaltlichen Bezug zur dramatischen Handlung
und erfüllen wichtige rezeptionslenkende Aufgaben.
-
Inhaltlich gesehen bereitet die "lyrische Szene", mit ihren größte
Hoffnung ausdrückenden Liedern Maria Stuarts, den Höhepunkt, die
"dramatische Szene" bei der Begegnung beider Königinnen vor.
-
Die besonders ästhetisierte Sprache zielt ferner darauf ab, eine
"Freiheit »ästhetischer« Rezeption« beim Zuschauer zu schaffen, der ihn
aus seiner sonst bloß am dramatischen Geschehen interessierten Haltung
befreit. Nur in diesem autonomen Zustand ist es nämlich nach Schillers
ästhetischer Theorie möglich, dass der einzelne Mensch im
Rezeptionsvorgang selbst "im ästhetischen »Spiel« seine gattungsbestimmte
Totalität erfahren kann". (Leipert 2000, S.84) So wird also die »schöne«,
nichtsdestotrotz für uns moderne Menschen häufig sperrig rhetorisierte,
antinaturalistische, idealisierte und intellektualisierte Sprache
Schillers Voraussetzung für seine auf die Versöhnung von Sinnlichkeit und
Verstand ausgerichtete Schreibart.
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Strukturen dramatischer Texte
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Dramatische Rede
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Dramaturgie und Inszenierung
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Metrische Strukturen der Lieder Maria Stuarts
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Die sprachliche Form - Hansjürgen Popp (1995), Melitta Gerhard
(1950) und Gert Sautermeister (1979)
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Geschichte und Funktion des Blankvers
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Rhetorische Mittel
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TOP 25
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Einzelne rhetorische
Mittel
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
16.05.2021