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Bausteine
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Korrekturbemerkungen (Feedback)
Franz Kafkas Parabel »Heimkehr«
lässt sich auf vielfältige Art und Weise zum Lern- und
Unterrichtsgegenstand machen.
Ideen für den Einstieg
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Fantasiereise / Visualisierung
Eine Fantasiereise zur Heimkehr ins Elternhaus nach langer
Abwesenheit
Grundsätzlich ist darauf zu achten, dass die Fantasiereise mit
einer Einleitung beginnen sollte, die den Teilnehmern die
Möglichkeit gibt, ihre Wahrnehmung nach innen zu richten, damit sie
einen Zugang zu ihrer eigenen Phantasiewelt finden können.
Wieder zu Hause
Gleite nun langsam in deine ganz eigene Phantasiewelt – meine
ruhige Stimme begleitet dich auf deiner Reise – wenn du willst,
kannst du mich auf der Reise, an den Ort, wo du bei deinen Eltern
aufgewachsen bist, begleiten.
Du bist auf dem Weg zu deinem Elternhaus - lange, vielleicht viel
zu lange bist du weg gewesen - hast die Welt gesehen - du warst am
Meer - du hast das Rauschen der Wellen gehört - sie rauschen jetzt
wieder in deinen Ohren - eine Welle nach der anderen - je genauer du
hinhörst, desto deutlicher werden die Klänge - erst weiter weg, dann
näher, ganz nah - es ist als ob es gestern gewesen wäre - du spürst,
wie ein leichter Windhauch über dein Gesicht streift - siehst die
Sonne hinter den Hügeln am Horizont untergehen - ein wenig
Wärme strahlt zu dir herüber - dort hinter den Hügeln mit ihren
Bäumen liegt das Haus deiner Eltern - die Sonne taucht hinter die
Blätter - wie Lampions leuchten sie jetzt im Herbst in den bunten
Farben des Abendlichts - so hast du es nur einmal erlebt, als du
fort warst - am Ufer eines Sees mit seinem grünblauen Wasser -
gerahmt von Bäumen in lodernden Farben - weit weg am anderen Ende
der Welt - es ist Herbst - du schmeckst seinen Atem - riechst, wie
würzig der Boden unter deinen Füßen duftet - du gehst den letzten
Weg zu Fuß - unter deinen Füßen der gekieste Weg, der sich bis zum
Waldrand an den Hügeln hinzieht - um dich herum Felder - vor einigen
Tagen gepflügt - der feuchte Geruch der schweren braunen Erde steigt
dir in die Nase - es ist ein Geruch deiner Kindheit - du riechst
dich hinein - und genießt, wie andere Gerüche deiner Kindheit in dir
aufsteigen - der Geruch von frischgebackenem Kuchen - der Geruch von
angebratenen Zwiebeln - du riechst aber auch den kalten Rauch der
Zigaretten im Wohnzimmer - und bei alledem gehst du weiter und
kommst an den Waldrand - jetzt ist es nicht mehr weit - nur noch ein
paar Meter - dann wirst du das Haus sehen - durch das Blätterdach
fallen noch immer ein paar Strahlen der Sonne auf den Waldboden -
hier duftet es nach Moos und Pilzen - Herbst eben - alles wirkt
friedlich - der leise Wind haucht ein paar Blätter über den Weg -
irgendwo ein leises Knacken der Äste - vertraute Geräusche - dort
hinter dem Baum hast du dich versteckt - ...
(fortsetzen)
Neben dem Vergleich mit dem "Das Gleichnis vom verlorenen Sohn",
das wohl am häufigsten herangezogen wird, kommen aber auch andere
literarische Texte unterschiedlicher Gattungen in Frage, die sich zu
einem Textvergleich eignen. Sie stellen dabei unterschiedliche Ansprüche
an das Vorwissen der Schüler.
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Das Gedicht "Rückkehr" von »Paul
Reding (geb. 1939) (in: ders., nebenan ist jericho, Butzon&Bercker,
Kevelaer 1976, S.47), der das Thema auf die moderne Zeit überträgt und
dabei den Einstellungswandel des Vaters gegenüber seinem Sohn aufzeigt.
Dieser hat bei seinem Fortgehen "aus dem Schoß der Familie" auf alles
"gepfiffen", was dieser und mithin dem Vater wichtig gewesen ist. Er hat
sein Erbe "verzockt" und ist am Ende in den Slums an den "Abfalleimer(n)
der Reichen" gestrandet. Doch ehe der Sohn gänzlich zugrunde geht,
erinnert er sich an die Worte seine Vaters, der ihm beim Abschied als
Ausdruck seiner väterlichen Liebe wohl zu verstehen gegeben hat, dass
dem Sohn, ganz gleich, was auch passiere, immer eine Tür offen stehe. So
steht der Rückkehr des Sohnes nichts im Wege. Und, vor allem der Vater,
beginnt, sobald er seinen Sohn wieder in die Arme schließen kann, wieder
"aufzuleben". Ein Gedicht, das Zeugnis ablegt, von einer bedingungslosen
väterlichen Liebe, die auch Krisenphasen, bei der sie selbst in ihren
Grundfesten angegriffen und in Frage gestellt wird, überwindet.
Rückkehr
Paul Reding
Fortgehen aus dem Schoß der Familie,
pfeifen auf Geborgenheit und Sicherheit,
das Glück draußen zu fassen kriegen,
mit dem Ererbten großspurig umgehen,
den Gesellschafter markieren,
sich Freude erkaufen, draufzahlen,
bis einem der letzte Pfennig aus der Tasche gezogen.
Und dann ist kein Honigschlecken
mehr in den Slums der Großstädte.
Die sich Freunde nennen, sind lichtscheu,
kennen keine Gesetze.
Die Abfalleimer der Reichen
stillen den Hungernden nicht,
der Dreckfetzen Stoff hält
Kälte nicht ab.
Abgewrackt in der Gosse kriechen,
zugrunde gehen, krepieren,
wenn nicht die Worte eines alternden
Mannes nachklängen, an eine offene Tür
erinnerten, eine Umkehr möglich machten.
Und Arme strecken sich entgegen,
Hände halten fest,
was verlorengeglaubt.
Ein alter Mann beginnt wieder aufzuleben,
mit seinem Sohn, mit seinen Söhnen.
So erscheint das Verhalten des einen Sohnes wieder
in einem neuen Licht. Denn schließlich wirft es, auch angesichts der
glücklichen Wendung die Frage auf, ob das, was der Sohn getan hat,
wirklich ein Irrweg war, der ihn zur Einsicht führt, dass die
väterliche Welt mit ihren Regeln die grundsätzlich richtige ist. Das
Gedicht lässt diese Frage ein Stück weit offen, auch wenn es, aus
den Augen des Vaters betrachtet, die Rückkehr als "Umkehr"
verstanden haben will. Vielleicht aber gehören gerade die
Erfahrungen, die der Sohn gemacht hat und nun in die väterliche Welt
einbringen kann, zu dem Gewinn, den alle Beteiligten daraus ziehen
können.
Kontrastive und weiterführende Texte
Texte, die Probleme beim Ablöseprozess thematisieren,
können vergleichsweise leicht recherchiert werden. Besonders lohnenswert
ist natürlich dabei auch der Gender-Aspekt, der in der
Vater-Sohn-Beziehung zum Tragen kommt. Im teachSam-Projektbereich
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Männer
finden Sie dazu weitere Anregungen.
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Korrekturbemerkungen (Feedback)
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
12.10.2024
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