"Heimkehr eines lange fern von der Heimat und der Familie gewesenen
Mannes", konstatiert Elisabeth Frenzel
(41992, S.328), "ist eine der spannungsgeladenen
Grundsituationen, die sich immer wieder ereignen und die Anteilnahme der
der Miterlebenden auf sich lenken."
In der Weltliteratur gibt es zahlreiche Heimkehrer, dessen berühmtestes
Beispiel wohl »Odysseus
aus der »antiken
griechischen Mythologie ist. Der Sage nach ist er einer der
bekanntesten griechischen Heroen im »Trojanischen
Krieg, dessen Heldentaten »Homer
im Heldenepos »Ilias
überliefert hat. In der »Odyssee
erzählt Homer die Zeit der zehnjährigen Irrfahrt des Helden auf seiner
Heimreise in das griechische »Ithaka,
einer kleinen ionischen Insel an der Westküste Griechenlands, wo sich
seine Frau »Penelope
und sein Sohn »Telemachos
nur noch mit Mühe an der Macht halten können. Einflussreiche Adelige
bedrängen Penelope, Odysseus endgültig für tot zu erklären und sich mit
einem von ihnen neu zu verheiraten. Nach seiner Rückkehr findet Odysseus
seinen Besitz verwahrlost vor, aber eine ihm immer noch treue Ehefrau. Odysseus tötet Penelopes Freier und übt danach wieder die Regierung in
Ithaka aus.
In der germanischen Literatur erhält die Vaterfigur im »Hildebrandslied
aus dem 9. Jahrhundert eine zentrale Bedeutung. Das Fragment schildert
den Beginn einer Episode aus den Sagen um »Dietrich
von Bern. Dabei geht es vor allem um den tragischen Zweikampf
zwischen Dietrichs Gefolgsmann »Hildebrand
und dessen Sohn »Hadubrand.
Hadubrand, der auf der Gegenseite kämpft, will seinen Vater nicht
erkennen, der gemeinsam mit seinem ebenfalls verbannten Herrn sein Land
zurückerobern will. Es kommt zum Kampf zwischen Vater und Sohn und der
alte Hildebrand tötet am Ende den, "der Ziel und Hoffnung seines
Heimkommens war: den Erben."
Frenzel (41992,
S.329)
Das »Lukas-Evangelium
stellt mit dem •
Gleichnis vom verlorenen Sohn eine weitere
Fortentwicklung und Variante des Heimkehrer-Motivs dar. Der Sohn, der in
der Ferne sein ganzes Erbe durchgebracht, kehrt reumütig in sein
Vaterhaus zurück. Sein Vater verzeiht ihn, nimmt ihn wieder auf und
stellt sich gegen die Vorwürfe des daheimgebliebenen, "braven" Sohnes,
der seinem Bruder diese Verzeihung neidet. Interessanterweise wurde das
Motiv des heimkehrenden Sohnes im 28. Jahrhundert auch mit dem Motiv der
verfeindeten Brüder gekoppelt, wenn sich der ehemals "brave, zu Hause
gebliebene Sohn in einen Schurken verwandelte [...], der begehrlich auf
das Erbe und die Braut des Bruders blickt. aber seine Ziele infolge der
Rückkehr des unerkannt in seine Dienste tretenden älteren Bruders nicht
erreicht". (ebd.,
S.334)
Diese Variante des Heimkehrer-Motivs liegt auch »Christian Friedrich Daniel Schubarts (1739-1791)
anekdotischer Erzählung •
Zur
Geschichte des menschlichen Herzens (1775) zugrunde, sowie •
Friedrich Schillers (1759-1805) •
Sturm-und-Drang-Drama
• "Die Räuber"
(1781), über das manche sagen, dass Schiller selbst daran gedacht habe,
das Stück "Der
verlorene Sohn" zu nennen. auch wenn es "in den Räubern (...) gar
nicht mehr um den verlorenen und um den wiederkehrenden Sohn (geht)" (Schwerte
1960, S.27)

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In den »höfischen
Epen des Mittelalters finden die mitunter herumirrenden Ritter
"entsprechend dem grundsätzlich harmonischen Ausgang ein glückhaftes,
unproblematisches Ereignis". (Frenzel
41992, S.329)
In der europäischen Volksballade
entwickeln sich zwar zahlreiche Varianten. Dennoch dominiert "die
Wiederbegegnung des zu zunächst immer unerkannt Bleibenden mit der
geliebten Frau", was "dann von der Kunstlyrik, der Erzählung und
manchmal auch vom Drama übernommen und ausgebaut" (ebd.)
wurde.
In einer kleinen •
Auswahl überwiegend lyrischer Texte haben wir hierzu einige deutsche
Texte zusammengestellt, die zum Text- und Motivvergleich anregen
könnten.
Auf Beispiele anderer literarischer Gattungen haben wir
verzichtet. Wer hier mehr wissen willen, der sei auf die entsprechende
Fachliteratur verwiesen, z. B. Elisabeth Frenzels
"Motive der Weltliteratur"
(41992) mit den Verweisen z. B. auf »Christian
Fürchtegott Gellerts (1715-1768) Roman "Das Leben der
Schwedischen Gräfin von G*** (Roman, 2 Teile, 1747/48), »Friedrich
Hebbels (1813-1863) Drama »"Maria
Magdalene" (1844) und die Heimkehrerliteratur nach dem ersten und
der »Trümmer
bzw. Heimkehrerliteratur nach dem zweiten Weltkrieg.
Der Motivvergleich kann sich natürlich auch auf Bilder und Filme
erstrecken.
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
06.04.2025