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Baustein: Einen Zugang zu Kafkas Parabeln
finden
Wenn man die Frage klären will, um welche •
literarische Gattung es sich bei ▪
Franz Kafkas
kurzem Prosatext • "Prometheus"
handelt, dient es dazu, über das
•
Gattungswissen
einen •
(kognitiv-analytischen) Zugang zum Verständnis des Textes zu finden,
der einem zunächst einmal •
fremd und unverständlich vorkommen kann.
Vielleicht muss man erst einmal durch eine Recherche oder zusätzliche
Informationen Wissenslücken schließen. So kann es sein, dass einem die
Sagengestalt des Prometheus un- bzw. zu wenig bekannt ist und man keine
oder nur eine unzureichende Kenntnis über den antiken Prometheus-Mythos
besitzt. (• Den antiken
Prometheus-Mythos zur Kontextualisierung heranziehen). Es kann aber
auch sein, dass man eher von seinem Wissen über den Autor Franz Kafka
herkommen will. In einem solchen Fall muss man entweder sein •
Autorenwissen
aus dem Gedächtnis abrufen oder im Hinblick auf den Text erweitern, um
die •
Biografie und Autobiografie des Autors
für die eigene •
Bedeutungs- bzw. Sinnkonstruktion heranziehen zu können.
Ganz
ähnlich verhält es sich, wenn man sich mit der Frage nach der ▪
Gattungszuschreibung
des Textes befasst. Jeder Leser/jede Leserin geht bei seinem ersten
Verständnis eines Textes ohnehin von impliziten Vorannahmen oder
Vorurteilen über die Gattung eines Textes aus. (vgl. Köppe/Winko (2008,
S.2). Wer es im schulischen ▪
Literaturunterricht
der Sekundarstufe II
mit
•
Kafkas
• "Prometheus"
zu tun bekommt, geht also
nie ohne das an den Text heran, was er/sie über andere
Texte und ihre Gattungsmerkmale gelernt hat, weiß also in der Regel
schon einiges über Gattungsmerkmale von ▪
Fabeln,
▪
Gleichnissen, ▪
Kurzgeschichten, ▪
traditionellen Parabeln und ▪
modernen Parabeln. Wahrscheinlich ist dabei auch eine Vorstellung
über die "Uneigentlichkeit"
entstanden, welche die genannten Textsorten außer den
Kurzgeschichten kennzeichnen.
Ergebnis einer auf dem Gattungswissen beruhenden
Herangehensweise sollte sein, sich auf die Suche nach jenen
Elementen des Textes zu machen, die eine bestimmte gattungsbezogene
Lesart des Textes nahe legen. Dabei ist wichtig zu betonen, dass es
sich bei der ▪
Gattungszuschreibung
stets um einen konstruktiven Akt des Rezipienten handelt, dessen
Ergebnisse durchaus unterschiedlich ausfallen können.
Welcher Gattung lässt sich Kafkas "Prometheus"
zuordnen?
Hier können Sie sich anhand kurzer Definitionen Gedanken darüber machen,
ob sie
•
Kafkas
• "Prometheus"
eher durch die Brille der einen oder der anderen Gattung lesen und
verstehen (wollen).
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"Die Parabel [gr.
paraballein: nebeneinanderstellen; parabole: Gleichnis] ist
eine kürzere Erzählung, die ihren Gegenstand skizzenhaft verknappt
darstellt und meist eine didaktische Absicht verfolgt. Das Genre
unterliegt nahezu keinerlei inhaltlicher Beschränkung; einzig
Tiere oder Pflanzen, die menschlich handeln, kommen nicht vor. Die
Parabel erfordert eine Übertragungsleistung von den Lesern: Mit
expliziten oder impliziten Transfersignalen fordert sie dazu auf, das
Dargestellte nicht nur im buchstäblichen Sinne, sondern auch in einer
übertragenen Bedeutung zu verstehen. Diese Richtungsänderung der
Bedeutung kann ausdrücklich gelenkt sein oder offen bleiben. Die Parabel
wird dabei häufig auch als Gleichniserzählung bezeichnet; während
aber das Gleichnis den Anaologieschluss selbst erklärt, bedarf die
Parabel der Auslegung." (Lahn/Meister
2013, S.55)
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"Die
Kurzgeschichte ist eine epische Prosaform, die aus kurzer
Erzählerdistanz ein singuläres Ereignis bzw. eine singuläre Situation als
fingierte Realität darstellt und durch Pointierung oder Fokussierung darin
die »wahre Wirklichkeit« freilegt, ohne auf ein allgemeines Wertsystem
außerhalb des Erzählten Bezug zu nehmen." (Gelfert 1993,
S.41)
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"Parodie, die:
(gr. Neben-, Gegengesang) Trennung der Form eines literarischen
Werkes von seinem Inhalt u. dessen Ersetzung durch einen anderen,
nicht dazu passenden, wodurch komischer Kontrast zwischen Inhalt u.
Form entsteht; je größer die Diskrepanz zwischen Original u.
Nachahmung, desto wirkungsvoller die in krit., satir. oder polit.
Absicht verfaßte P. (→Travestie, →Literatursatire, →Pritsche, →Grobianismus,
→Narrendichtung) [...]" (Best,
Handbuch literarischer Fachbgriffe1994/72004, S.390)
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"Travestie,
f. [von italien. travestire und frz. travestir = verkleiden]
komisch-satir. literar. Gattung, die einen bekannten Stoff
beibehält, aber seine Stillage oft grob verändert, eine Form der
aktualisierten u. häufig nicht nur traditions-, sondern gleichzeitig
gesellschaftskrit. Auseinandersetzung. Entgegen gängigen
Definitionen kommt es nicht immer auf eine bloße Verspottung der
travestierten Vorlage an; ebensowenig existieren nur T.n in eine
[sic!] ›niedrigere‹ Stillage. Erkennbarkeit, Effekt, ›Witz‹ der T.
beruhen stets auf der Diskrepanz zwischen altem Inhalt u. neuem
Gattungsniveau, wobei das Kalkül mit dem Zeitaspekt u. dem so
gebrochenen Erwartungshorizont eine zentrale Rolle spielt. [...]
Abgesehen von der Beibehaltung des Stoffes zeigen sich zwischen T.
und ↑Parodie wechselseitige Übergänge, vor allem in den reinen
Literatur-T.n, die heute seltener sind als im 17.-19. Jh. [...]" (Metzler
Literaturlexikon 21990, S.473
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Kontrafaktur:
(lat. contra "gegen" und facere "machen", Gegenentwurf, Nachbildung)
Bez. für ein künstlerisches Produktionsverfahren sowie dessen Ergebnis,
bei dem aus einem Kunstwerk unterschiedlicher medialer Art unter
Beibehaltung bestimmter Formbestandteile ein neues Kunstwerk gemacht
wird; z. B. das Ersetzen weltlicher Texte durch geistliche in
Kirchenliedern; in der Literatur bezeichnet es ein Verfahren bei der
Textproduktion, "bei dem konstitutive Merkmale der Ausdrucksebene eines
Einzeltextes oder mehrerer Texte zur Formulierung einer eigenen
Botschaft übernommen werden." (Verweyen/Witting
2007, S.337); im Ggs. zur
Parodie stellt sie ihren Gegenstand nicht komisch dar; von der
Travestie unterscheidet sie
sich dadurch, dass sie eine spezifische Gestalt des
Prätextes übernimmt (Intertextualität);
– vgl. Parodie,
Travestie,
Intertextualität
(teachSam-Glossar: Fachbegriffe)
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Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
20.12.2024
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