Sach-
bzw. Gebrauchstexte
zielen als expositorische
Texte darauf, Wissen zu vermitteln. Die Art und Weise, wie das
Wissen in einem Sachtext dargeboten wird, hängt davon ab, ob es
sich um einen ▪
kontinuierlichen oder diskontinuierlichen Text handelt.
Bei ▪
Inhaltsangaben kontinuierlicher
Sachtexte und ▪
Inhaltsangaben diskontinuierlicher
Sachtexte unterscheiden sich - neben vielem Gemeinsamen
- vor allem die Art und der Umfang der zum Einsatz kommenden
Erschließungsmethoden und der dafür nötigen Kompetenzen. Wenn
ein diskontinuierlicher Sachtext also über den kontinuierlichen
Text hinaus, z. B. Tabellen und Grafiken enthält, die bei der
Inhaltsangabe zu berücksichtigen sind, kommen eben zusätzliche
Anforderungen in Betracht, die über die
Lese-
und
Schreibkompetenzen auch
Bildkompetenzen. (vgl. ▪ Textauswahl)
Sachtexte erfüllen ihre Informationsaufgabe vor allem mit drei
verschiedenen Formen der ▪
Entfaltung ihres Themas, nämlich der
argumentativen,
deskriptiven und/oder
explikativen Entfaltung.
Wird das Thema in einem Text argumentativ entfaltet, ist es
oft nicht leicht, die Strukturen der Argumentation zu erkennen.
Sie erschließen sich einem Leser also oft nicht so ohne weiteres
und müssen "vom
Leser re-konstruiert werden,
d. h. verstehend nachvollzogen werden." (Mrotzek/Böttcher
2011, S.172)
Der Leser muss also, Thesen und Argumente
identifizieren und in den Zusammenhang der Gesamtargumentation eines Textes
stellen können. In gewisser Hinsicht kann die Art und Weise, wie der
Primärtext gelesen wird, als source reading
(Jakobs 1997,
S.75) angesehen werden, als eine Art von "Quellenlektüre".
(vgl.
Becker-Mrotzek/Böttcher
2011, S.172)
Grundsätzlich kann eine Sachtextwiedergabe "im Kontext einer eigenen Frage- oder Aufgabenstellung"
erfolgen, mit der ein Text gelesen worden ist (ebd.).
In einem solchen Fall ist die Textwiedergabe damit auch eingebunden "in
einen Prozess der Wissensverarbeitung und des Problemlösens" (ebd.),
bei dem eigene Gewichtungen vorgenommen werden. Dieses Vorgehen rückt es in
die Nähe des so genannten
▪
epistemischen Schreibens. (Bereiter (1980)
Im Deutschunterricht ist es aber meist nicht üblich, dass Schreibaufgaben
zur Inhaltsangabe über die Durchführung einer Schreibübung hinausweisen.
Die
Einbettung in einen themenorientierten Unterricht, der u. U. auch dem
Verfassen von Inhaltsangaben in
kooperativ
oder
schrittweise kooperativ angelegtem Schreiben einen kommunikativen Wert
verleihen kann, ist noch längst nicht selbstverständlich.
Das liegt nicht zuletzt auch daran, dass die Inhaltsangabe als "Lernmedium"
und "Übungsform" (vgl.
Fritzsche
1994, S.33), auch wenn das auf die Schülerinnen und Schüler noch so
entmotivierend wirkte (vgl.
ebd.),
insbesondere im Bereich der Sekundarstufe I, als "Paradedisziplin" der
produktorientierten Schreibdidaktik galt.
Auslassen,
Selektieren, Generalisieren und Integrieren
Bei der
Zusammenfassung von Sachtexten werden die Aussagen (Propositionen),
die der Text enthält, mit Hilfe von Verfahren wie
Auslassen, Selektieren, Generalisieren und Integrieren verdichtet.
Dabei entstehen
Makrostrukturen
(vgl. van Dijk
1980) bzw. Makropropositionen. Mit diesen und mit Hilfe von
▪
sprachlich-rhetorischen Textkondensationsstrategien entsteht so
-
aus
einer gewissen Distanz zum Text,
-
aus der eigenen Fragestellung und - nicht
zu vergessen -
-
aus dem
Welt- bzw. Fachwissen
zum Thema einschließlich
Textmusterwissen
die Fähigkeit, Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden.
Mit Hilfe der dabei gewonnenen ▪
Relevanzkriterien,
gelingt es, das Wesentliche eines Textes zusammenzufassen. (▪
Das
Wesentliche eines Textes erkennen)
Schulische Schreibaufgaben sind
oft ohne Vorgabe einer Problemstellung formuliert
Schulische Aufgabenstellungen zur
Inhaltsangabe von Sachtexten werden häufig ohne Vorgabe einer Fragestellung
und ohne Auftrag zur Bildung einer eigenen Fragestellung gestellt.
Sie
lautet häufig einfach so: "Geben Sie den Text in Form einer Inhaltsangabe
wieder" oder "Fassen Sie den Inhalt des Textes in Form einer Inhaltsangabe
zusammen".
Auch wenn man bei einer derartigen Aufgabenstellung im Prinzip einer
Frage folgen muss – salopp formuliert: Was enthält der Text? – bleiben diese
oder ähnliche Fragestellungen eben vage und
sehr allgemein.
Fragestellungen wie z. B. "Worum geht es in dem Text als
Ganzes?" oder "Auf welche Frage antwortet der Text als Ganzes?" und weitere
untergeordnete Fragen zur Erfassung einzelner Sinnabschnitte dienen in
diesem Sinne der Hypothesenbildung und können dann wiederum als Fragen an
den Text herangetragen werden.
Wird die Frage z. B. im Zusammenhang mit
einem konkreten Text (z. B.
▪
Vertrauen
ist gut, angurten ist besser) beantwortet mit der Aussage: "In dem Text geht es um die Notwendigkeit des Anlegens von Sicherheitsgurten
in Reisebussen" kann diese Hypothese über das Hauptthema des Textes
natürlich wieder Ausgangspunkt weiterer Fragestellungen werden, die einem
helfen Wesentliches von Unwesentlichem zu unterscheiden. In diesem Falle
könnte eine untergeordnete Frage weiterführen, wie z. B. "Welche Gründe
führt der Autor dafür an, dass man sich in Reisebussen anschnallen soll?"
Literarische Texte
verlangen, wenn man ihren Inhalt nicht einfach mit der Handlung eines
literarischen Textes gleichsetzt, aufgrund ihrer ästhetischen Qualität eine
andere Betrachtung bei der Textwiedergabe als die
Sachtexte (Gebrauchstexte,
pragmatische
Texte, expositorische Texte).
Die Prozesse,
die zum Verstehen literarischer Texte nötig sind, unterscheiden sich daher
auch von der bei Sachtexten
▪
erforderlichen eindeutigen
Bedeutungsrekonstruktion. (vgl.
Becker-Mrotzek/Böttcher
2011, S.175)
Das Verstehen literarischer Texte erfolgt in
einem hermeneutischen
Prozess in Gestalt des ▪
hermeneutischen Zirkels, den der Leser beim Verstehen eines
literarischen Textes dadurch beschreibt, dass er immer wieder von der
Erkenntnis der Teile zum Ganzen oder von Annahmen über das Ganze zu den
Erkenntnissen der Teile gelangt (Horizontverschmelzung).
So sind wichtige
▪
Strukturelemente beim Erzählen wie z. B. die
Zeit- und
Raumgestaltung in Erzählungen, unter dem Blickwinkel der
textlinguistischen
Pragmatik betrachtet, meistens nicht unmittelbar auf der
Textoberfläche rekonstruierbar, wo sie mit entsprechenden
Kohäsionsmitteln
signalisiert werden, sondern müssen aus der
Texttiefenstruktur, der quasi
mehrdimensionalen
"Hintergrundebene", auf der die verschiedenen Informationseinheiten
eines Textes in komplexer Weise miteinander verknüpft werden, in ihrem
konzeptionellen Zusammenhang erfasst werden (Kohärenz).
(vgl.
Linke u. a. 1994, S.224ff.)