Die
(wissenschaftliche) Diskursanalyse kann auf verschiedenen Ebenen
ansetzen und unterschiedliche Fragestellungen verfolgen, die
natürlich auch von den jeweiligen Fachdisziplinen abhängen, die
Diskursanalysen durchführen (z. B. (Kommunikationswissenschaft,
Sozialwissenschaft, Medienwissenschaften, Linguistik,
Literaturwissenschaft).
Grundsätzlich
geht es mit Foucault aber stets darum, Diskurse nicht mehr "als Gesamtheiten von Zeichen (von bedeutungstragenden
Elementen, die auf Inhalte oder Repräsentationen verweisen),
sondern als Praktiken zu behandeln, die systematisch die Gegenstände bilden, von denen sie sprechen. Zwar bestehen diese
Diskurse aus Zeichen; aber sie benutzen diese Zeichen für mehr
als nur zur Bezeichnung der Sachen." (Foucault
1981, S. 74)

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Wenn Diskurse
eine "Menge
verstreuter Ereignisse" (Foucault 1973/1981,
S.34) sind, die nach ein und demselben diskursiven Regelsystem
konstituiert werden, dann besteht nach Foucault die Aufgabe der
Diskursanalyse darin, dieses Regelsystem der •
diskursiven Formation zu rekonstruieren, um auf diese Weise
die Zugehörigkeit von bestimmten •
Ereignissen bzw. •
Aussagen zu einem •
Aussagesystem
bzw. einem Diskurs aufzuzeigen.
Bei dieser
Rekonstruktion könne, so
Sarasin (2005/22006, S.108) ein Diskursanalytiker
bzw. eine Diskursanalytikerin das Auftreten von Aussagen
feststellen, ihren manifesten, »oberflächlichen« Sinn festhalten
und die Bedingungen untersuchen, die dieses •
diskursive
Ereignis möglich gemacht haben. Dabei ist steht die
Oberfläche für eine Ebene, die sich
nicht aus dem vermeintlichen Sinn bzw. der Semantik eines oder
mehrerer Zeichen ergibt, sondern "Ordnungsmuster", die "weder in
ihrer historischen Reihenfolge einen Sinn (ergeben) oder (...)
einer irgendwie gedachten höheren geschichtlichen Logik
(gehorchen)".(ebd.)
Ebenso wenig seien sie ursächlich auf das Bewusstsein oder gar
die Intention von Subjekten zurückzuführen. Worauf es Foucault
bei seinem deskriptiven Modell des Diskurses (vgl.
ebd. S.105) ankomme, sei die Durchführung einer
"Strukturanalyse von Denksystemen, die er als diskontinuierliche
voneinander absetzt, um das Ereignis des Bruchs und die
historische Spezifik der jeweiligen Wissensordnung
hervorzuheben." (ebd.
S.78)
Dabei
unterscheidet Foucault im Zusammenhang mit der Analyse des
diskursiven Regelsystems vier verschiedene
Grunddimensionen, deren
Formationsregeln mit unterschiedlichen Fragen rekonstruiert
werden können, die Reiner
Keller (2013, S.432) wie folgt beschreibt: "
-
Die Analyse
der ›Formation der Gegenstände‹ fragt nach den Regeln der
Gegenstandsbildung.
-
Die Frage
nach der ›Formation der Äußerungsmodalitäten‹ untersucht die
legitimen Sprecher bzw. institutionellen Orte und
Subjektpositionen, von denen aus gesprochen werden kann.
-
Als
›Formation der Begriffe‹ werden die Verbindungen zwischen
Textelementen, der Einsatz rhetorischer Schemata oder auch
die Verortung im Gefüge anderer Texte bezeichnet.
-
Die
›Formation der Strategien‹ umfasst u.a. die Themen und
Abgrenzungen zu anderen Diskursen, auch die Funktionen eines
Diskurses in
• nicht-diskursiven Praktiken."
Später rückt
Foucault bei seiner Analyse der diskursiven Formationen stärker
Macht-Wissens-Komplexe und ihre ›Genealogie‹ ins Zentrum und
sieht in Diskursen eher historische ›Kampffelder“ und
›Wahrheitsspiele‹ in konfliktreichen Auseinandersetzungen um
Wissensansprüche und Handlungsmacht. (vgl.
ebd.)
In diesem Zusammenhang gewinnt auch Foucaults Begriff des •
Dispositivs eine
zentrale Bedeutung, mit dem er nun in einer Art "historischem
Längsschnitt" die "materiale Infrastruktur" der diskursiven
Macht/ Wissen-Regime rückverfolgt und ihre "Transformationen und
Brüche entlang spezifischer, sich an Gegenwartsproblemen
orientierender Fragestellungen" (vgl.
ebd,
S.433) aufspürt.
Mit der Analyse von Diskursen wird der Versuch unternommen, "die •
Episteme einer Epoche zu erschließen, also die Regeln, die das Denken, Sein und Tun der
Menschen einer Kultur bestimmen. Zu diesem Zweck müssen Diskurse
freilich in einer Weise bestimmt werden, die möglichst jedes
Vorverständnis ausschaltet, das der Forscher aufgrund seiner
kulturellen Prägung, ohne sich dessen bewusst zu sein, an seinen
Gegenstand heranträgt." (Rosa/Strecker/Kottmann 32018, S. 292)
Nimmt man diesen Diskursbegriff Foucaults, der Diskurse »als
Praktiken« (Foucault
1981, S.74) auffasst, als Ausgangspunkt, lassen sich nicht nur
sprachliche und außersprachliche Phänomene, wie etwa symbolische
Ausdrucksformen und gesellschaftliche Praktiken in den Blick
nehmen, sondern es eröffnet sich auch eine Verbindung von
Diskurs- und • Dispositivanalyse, die es insbesondere auch
ermöglicht, gesellschaftliche Machtstrukturen und -strategien in
den Fokus zu rücken." (Gille
2012, S.170f.)
Grundsätzlich aber zielt die Diskursanalyse darauf
"festzustellen, was in einer bestimmten Zeit faktisch gesagt
wurde und dann gleichsam zu stabilen Aussagemustern
kristallisierte, die nach einiger Zeit wieder zerfallen" (Sarasin
2005, S.106) und deren Gesamtheit der in einer Epoche
möglichen Aussagen ein ›Archiv‹, bildet.
(vgl. Parr
2014, S.234)
Indem die Diskursanalyse
die "genaue Untersuchung von
Funktionsweisen
und Bedingungen" (Winko
1996/82008, S.465) von Diskursen vornimmt, untersucht sie im Sinne
Foucaults auch die soziale Praxis, die
diese Prozesse auszeichnen. Sie zielt durch Analyse der
›Äußerungsmodalitäten‹ ("wer spricht?"), der ›Formation der Begriffe und
Strategien‹ und anderen Aspekten darauf, "die Selektion, Kanalisierung,
die Organisation und Kontrolle, gleichbedeutend mit dem ›Regime des
Diskurses‹ aufzuzeigen und dabei alles zu berücksichtigen, was dazu
beiträgt. (vgl.
Fohrmann
2007b, S.373)
Der Begriff des
• Dispositivs gehört neben dem
des • Diskurses zu den wichtigsten im Umfeld der Diskursanalyse i.
w. S. Was sie bei der ihnen zugeordneten Analyse voneinander
unterscheidet, lässt sich, stark vereinfacht, so sagen: Die
Diskursanalyse "(geht) von von ihrer kleinsten Einheit, der
Aussage, und der strukturellen Beziehung der Aussagen
untereinander aus (...). Die Dispositivanalyse geht von größeren
Einheiten aus und untersucht die Verschränkung von Diskursivem
und Nichtdiskursivem." (Dreesen/Kumiega/Spieß
2012, S.13)
Inzwischen
umfasst die Diskursanalyse auch bildliche Elemente und ihre
Verknüpfung mit sprachlichen Zeichen, wobei die Frage, ob und
wie sich bildliche und sprachliche Zeichen zu einer Aussage
verbinden bzw. zu einer strategischen Funktion verknüpfen, mehr
und mehr ins Zentrum rückt.
Durch
diese Erweiterung des ursprünglichen Diskurskonzepts, das auch
mit der Erkenntnis der • Medialität
aller Diskurse zusammenhängt, lässt sich in einem ersten
Schritt untersuchen, "wie Bedeutung bzw. •
Wissen und Macht durch
verschiedene Elemente zu einer Aussage eines •
Textes"
im diskursanalytischen Sinne konstruiert
werden." (ebd.,
S.18f.)
In einem zweiten, darüber hinausgehenden Schritt schließt sich
die Untersuchung der Frage an, "welche diskursive Praxis hinter
der jeweiligen Verknüpfung von Text und Bild in einem Medium
steckt und ob eine spezifische Strategie nachweisbar ist." (ebd.,
S.18f.)