
m Mittelpunkt seiner Betrachtungen nicht das erkennende Subjekt, sondern
faktisch ergangene Aussagen stehen, die die moderne Subjektivität erst
hervorgebracht hätten.
"So befindet sich das moderne Subjekt am
Kreuzungspunkt
zweier korrelierender Prozesse: Die gewissermaßen äußere
Individualität (die gleichsam internalisiert wird), die aus den normalisierend-normierenden Wirkungsweisen und Messverfahren der
Disziplinen hervorgeht, definiert die Position im sozialen Raum.
Diese korrespondiert mit der Konfiguration der Innerlichkeit als
»moderne[r] ›Seele‹« (Foucault
1976/1994, S.41), die durch Techniken der
Überwachung, der Übung, kurz: der Disziplinierung hervorgerufen
wird. Da sowohl die Seele als Produkt der (körperlichen)
Abrichtung als auch die genaue Verortung des Individuums Effekte
und Werkzeuge der Macht sind, ist dieses Subjekt in doppeltem
Sinne Unterworfenes und zugleich Mittel zu weiterer
Unterwerfung: »Die Disziplin ›verfertigt‹ Individuen: sie ist
die spezifische Technik einer Macht, die Individuen sowohl als
Objekte wie als Instrumente behandelt und einsetzt« (Foucault
1976/1994, S.220)". (Sich
2018, S.83)
Diskurs- oder
Formationsregeln bestimmen darüber, welche Aussagen gemacht, mit
welchen Worten und Begriffen und in welcher Art und Weise sie
vorgebracht gemacht werden und legen fest, ob sie zu einem
bestimmten Diskurs zugelassen werden. Entscheidend ist dabei
also nicht mehr der Mensch bzw. das •
Subjekt, das frei über das
entscheiden kann, was es wann wie oft und wie sagen will,
sondern die Formationssysteme, die eben nicht nur Diskurse
prägen, sondern auch unser inneres und äußeres Leben als
Subjekt.
Ganz praktisch
gedacht, können wir "als einzelne Subjekte zwar unsere Meinungen
(äußern), aber wir können es nur in der Weise tun, wie es der
Funktion im herrschenden Diskurs entspricht. Wir können immer
nur das sagen, was sich innerhalb der Grenzen des
vorherrschenden Diskurses sagen lässt." (Ziegler
2019, S.26)
Das geht so weit, dass selbst es die völlige
Meinungsfreiheit, die es in modernen Demokratien angeblich gibt,
nach Foucault, nicht mehr als eine Illusion darstellt, da "jeder
individuelle Diskursbeitrag nur innerhalb bestimmter
gesellschaftlich konstituierter Strukturen, wie der Grammatik
unserer Sprache, den Sitten und Gepflogenheiten unseres Landes,
dem politischen System, der gelernten Moral, der gängigen
Überzeugungen, der pädagogischen Erziehungsstile, der
vorherrschenden Ästhetik und somit all der Axiome, die wir
gerade für wahr halten – kurzum innerhalb der Struktur des
›konstituierenden Wissens‹ unserer Zeit (erfolgt)."
(ebd., S.27f.) Hinzukommt, dass das jeweils vorhandene
Wissen den Anspruch auf absolute Wahrheit erheben kann. Es ist
eben nur das und das kann auch gar nicht anders sein, was in
einer bestimmten Zeit für wahr gilt.
"Annette S.
Gille (Frankfurt am Main) widmet sich dem Medium Fernsehen
aus sozialwissenschaftlicher Perspektive. In ihrem Beitrag „Von
der Diskurs- zur Dispositivanalyse: Die Konstruktion von sex,
gender und desire in Angeboten des Reality-TV“ geht sie zunächst
theoretisch und dann praktisch an das Dispositiv heran, um
Strategien der netzartigen heterogenen Elementen nachweisen zu
können. Für eine kritische Medienanalyse, so Gille, ergeben sich
aus einer Dispositivanalyse, im Vergleich zu einer reinen
Diskursanalyse, neue und erweiterte Perspektiven: Im Fokus steht
vor allem das Zusammenwirken der heterogenen Elemente und somit
die strategische Funktion des Dispositivs, die Machtstrukturen
errichten, festigen, hinterfragen und verändern kann. In Bezug
auf die Angebote des Reality-TV, speziell der so genannten
Dating-Shows, sind insbesondere zwei Dispositive zu analysieren,
nämlich das Geschlechts- und das Sexualitäts- dispositiv.
Gefragt wird folglich, welche Elemente diese Dispositive im
Hinblick auf ihre strategische Funktion beinhalten, wie diese
auf spezifische Weise zusammenwirken und Machtstrukturen
ausbilden, verwerfen oder modifizieren und inwiefern diese
Strukturen sich innerhalb der TV-Angebote für Adoleszente
manifestieren. Mit diesem Fokus führt Gille eine exemplarische
Analyse des Materials durch." (S.19f.)
"im Kontext von Macht-Wissen-Komplexen. Foucault interessiert
sich hier dafür, wie Subjekte (als Sub-jekte, also Un
ter-worfene) zu dem werden, wozu sie werden, für Formen der
Subjektivierung, die er als Regierungstechniken in Gestalt von
Formen der Selbstführung und der Führung von Anderen untersucht
und deren Zusam menwirken er unter den Begriff der
Gouvernementalität fasst (der Nominalisierung des französischen
Wortes für »regierungsmäßig«, das auch als Kompositum aus
»Regieren« und »Denkweise« verstanden worden ist).
(Rosa/Strecker/Kottmann 32018,
S. 295f.

Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
20.03.2025