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Leitfragenkatalog zur Analyse der Zeitgestaltung in erzählenden Texten
Zur Untersuchung der erzähltechnischen Mittel in ▪
Peter
Bichsels
▪
Kurzgeschichte
▪»Die Tochter«
gehört auch die ▪
Zeitgestaltung
der Geschichte, die gerade für diese Geschichte in besonderer Weise
strukturbildend ist.
Dabei stehen drei Fragen im Vordergrund:
-
In welcher
Reihenfolge werden die Ereignisse oder das Geschehen vermittelt?
-
Wie lang ist der
zeitliche Umfang des Erzählten im Vergleich zum Umfang der
Erzählung selbst?
-
Wie häufig wird
ein sich wiederholendes oder ein sich nicht wiederholendes
Ereignis dargestellt?
Bei der Reihenfolge
dreht es sich um die Frage, ob das erzählte Geschehen in einer
"natürlichen" chronologischen, d. h. linearen Reihenfolge (ordo
naturalis) dargeboten wird, oder ob es nicht-linear, also
"künstlich" (ordo artificialis) mit
Vorausdeutungen
(Prolepsen) und
Rückwendungen (Analepsen)
dargeboten wird.
Bei der zweiten Frage
geht es um die sogenannte Erzählgeschwindigkeit, um das realtive
Verhältnis zwischen der erzählten Zeit, den Zeitrahmen, den die
Geschichte insgesamt erzählt, und die Erzählzeit, den für diese
Darstellung verwendeten Umfang der Erzählung selbst.
Bei
der Frage nach der Frequenz geht es darum, ob ein Ereignis oder
Geschehen durch die Häufigkeit seiner Erwähnung bzw. Erzählung im
Text eine besondere Bedeutung hat.
Auch andere Aspekte der
Zeitgestaltung können eine Rolle spielen
Neben diesen Aspekten
der Zeitgestaltung sollte man aber noch zwei weitere beachten.
-
So kann die Frage
danach, welcher zeitliche ▪
Ausschnitt
aus einem übergeordneten Erzählganzen in der Erzählung
dargestellt wird, durchaus wichtige Erkenntnisse bringen, wenn
z. B. die folgenden detaillierteren Fragen beantwortet werden:
-
Die Untersuchung
des grammatischen Tempusgebrauchs bei Verben in einer Erzählung
kann wichtige Hinweise für die Interpretation liefern. Das gilt
insbesondere, wenn der Tempusgebrauch in einer Erzählung
wechselt, z. B. vom Präteritum (Vergangenheitsform) zum Präsens
(Gegenwartsform), aber auch wenn z. B. statt des üblicherweise
verwendeten epischen Präteritums, das sogenannte historische
Präsens verwendet wird, um damit beispielsweise die Spannung zu
erhöhen oder weil der Erzähler damit selbst, sein Erzählen oder
seine vermeintlich zeitlosen, allgemeinen Ansichten "über Gott
und die Welt" unterbringen will.
Die Zeitgestaltung in
Peter Bichsels Kurzgeschichte analysieren
Die
oben aufgeführten Aspekte müssen im Rahmen der Analyse der
Zeitgestaltung in ▪
Peter
Bichsels
▪
Kurzgeschichte
▪»Die Tochter«
berücksichtigt werden.
Dabei kann man zunächst einmal, so wie es das nebenstehende
Beispiel zeigt, den Text
annotieren und
alles hervorheben, das Hinweise darauf gibt, wann sich das Geschehen
der Geschichte zeitlich abspielt und welchen Zeitraum es abdeckt.
Dabei können verschiedene Zeitangaben im Text eine Rolle spielen:
-
Kalendarische Zeitangaben,
die das Geschehen quasi kalendergenau ("Am ersten Mai 1968 ...),
aber auch bezogen auf konkrete Daten nur unvollständig ("An
einem Maisonntag des Jahres 1857...) oder ziemlich unkonkret
angeben ("Irgendwann im Mai ...)
-
Sogenannte
deiktische Zeitadverbien
die bestimmte Geschehensmomente in eine zeitliche Beziehung
zueinander setzen und darüber hinaus Hinweise auf die gewählte
Erzählperspektive geben können ("heute", morgen" etc. z. B. bei
der personalen/figuralen Erzählperspektive; "an diesem Tag", "am
folgenden Tag" etc. z. B. bei der auktorialen bzw. narratorialen
Perspektive)
-
Relationale Zeitangaben,
die "zwei Zeitpunkte mittels einer Zeitraumangabe zueinander in
Beziehung" setzen (Lahn/Meister
2013, S.154), wie z. B. "drei Monate später" oder "einige
Tage später". Zu solchen Angaben gehören aber auch
Formulierungen, "die eine Frequenzbeziehung signalisieren, wie
»jeden Montag« oder »alle zwei Wochen«" (ebd.)
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Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
03.09.2023
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