Dass • Franz Kafka diesem zu den kürzesten
Texten, die von ihm überliefert worden, zählenden sehr kurzen
Prosastück, das vermutlich im Jahr 1920 entstanden ist, selbst
Bedeutung beimaß, zeigt die Tatsache, dass der erste Entwurf Text
von ihm selbst in sprachlicher Hinsicht überarbeitet und eine
"Endfassung" niedergeschrieben worden ist. In beiden
handschriftlichen Fassungen hat Kafka selbst Korrekturen wie z. B.
Streichungen, Ersetzungen und Einfügungen vorgenommen.
Für etliche Interpreten ist der Text dennoch eine moderne
Parabel.
So betont Karl-Heinz
Fingerhut
(1969, S.171f.) sie gehöre deshalb zu dieser •
Literaturgattung, weil
sie nicht wie in einer Fabel üblich davon berichte, "wie es in der
Welt zugeht, d. h. von Zuständen im zwischenmenschlichen Bereich",
sondern "ein in Handlung umgesetztes Beispiel des menschlichen
Lebenslaufs" darstelle, das die "universelle Determiniertheit der
Existenz" ausdrücke. Und auch für
Müller (1994/2003a, S.374) ist die "Kleine Fabel"
" ohne jeden Zweifel eine Parabel, da der Text lehrhaft sei und den
Leser auffordere, "die Analogie zwischen dem Fiktiven, dem mit
literarischen Mitteln Dargestellten, und der Realität seines eigenen
Lebens aufzuspüren." Auch wenn er diese Suchanweisung auf der
Textoberfläche mit •
impliziten Transfersignalen
nicht nachweist, geht er davon aus, dass die Kleine Fabel
"etwas Grundsätzliches und Allgemeingültiges über die Existenz oder
die Seinsweise des Menschen in der Welt aussagt." (ebd..
S.373)
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Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
07.04.2025