In der Forschung gibt es bis heute keinen Konsens darüber,
welche Texte ▪
Franz Kafkas genau zur Gattung der
▪
Parabel
zu zählen sind. Das hat verschiedene Gründe, liegt vor allem aber
auch daran, was man überhaupt unter einer Parabel, namentlich einer
▪
modernen Parabel, versteht.
Ob man das kurze Prosastück von
▪
Franz Kafka, dem sein Freund und Herausgeber »Max
Brod (1884-1968) den zumindest • gattungsmäßig in die Irre führenden Titel • »Kleine Fabel«
gegeben hat, ohne Weiteres der • Literaturgattung •
Parabel
zuordnen kann, ist keineswegs ausgemacht.
Zu den •
vierzehn "guten" Vertretern der Gattung zählt
die • »Kleine Fabel« jedenfalls nach der
Auflistung von
Zymner
(2010, S.456) nicht. Das Kriterium, das dabei der Zuordnung von Texten zur Gattung der
Parabel zugrunde gelegt wird, ist das Vorhandensein von •
impliziten Transfersignalen, an denen sich die so genannte
Uneigentlichkeit
parabolischer Texte zeigt und die die globale
Appellstruktur dieser Texte entfalten. So ist der
wissenschaftliche Nachweis impliziter Transfersignale in Kafkas • »Kleine Fabel« ganz
offenkundig wenig Erfolg versprechend oder kann nur indirekt vorgenommen
werden. So hat Engel (2010,
S.412) im Zusammenhang mit der • antirealistischen
Erzählweise Kafkas diese insgesamt und in aufgrund der Tatsache, dass
Kafkas Texte "nicht sonderlich beschreibungsintensiv "
(ebd.)
seien, von einer Art "Deutungsprovokation"
(ebd.,
S.415), wenn dennoch bestimmte Details zur Gestaltung kämen. Diese würden
dann die Frage aufwerfen, ob sie eine symbolische Bedeutung hätten. So
betrachtet können sie im Kontext anderer Signale auch die Funktion von •
impliziten Transfersignalen übernehmen.
Für
Müller (1994/2003a, S.374) ist die "Kleine Fabel" ohne jeden Zweifel
eine Parabel, da der Text lehrhaft sei und den Leser auffordere, "die
Analogie zwischen dem Fiktiven, dem mit literarischen Mitteln
Dargestellten, und der Realität seines eigenen Lebens aufzuspüren." Auch
wenn er diese Suchanweisung auf der Textoberfläche selbst mit •
impliziten Transfersignalen
nicht nachweist, geht er davon aus, dass die Kleine Fabel "etwas
Grundsätzliches und Allgemeingültiges über die Existenz oder die
Seinsweise des Menschen in der Welt aussagt." (ebd..
S.373)
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Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
07.04.2025