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Den Kurzprosatext inhaltlich zusammenfassen
Einen narrativen Kurzprosatext ▪
inhaltlich
zusammenzufassen und/oder eine ▪
Inhaltsgabe
zu einem Text wie Franz Kafkas ▪
Der
Aufbruch zu verfassen, ist eine anspruchsvolle
Schreibaufgabe. Die Schwierigkeiten, die dabei zu lösen sind, haben vor
allem mit vier Dingen zu tun:
-
der
Kürze des Textes
-
dem
Inhalt des Textes
-
der
Textsorte
-
dem
Autor
Der
Inhalt der Geschichte als Handlung ist schnell erzählt, wenn nur das
wiedergegeben wird, was im Text steht. Und dies ist wiederum so
sparsam und kurz erzählt, dass es schwerfällt, den Text mit dem
Anspruch, ihn bei der Textwiedergabe in verkürzter Form und dazu
noch "in eigenen Worten" wiederzugeben, zusammenzufassen.
-
Die
Kürze des Textes bringt es mit sich, dass im Grunde genommen
jeder Satz und jede Äußerung für den Inhalt des Textes wichtig
ist. Zwar gibt es zum Teil Wiederholungen und damit auch
inhaltliche Redundanzen, diese haben aber eine wichtige
strukturierende Funktion für den Text und können nicht einfach
verdichtet werden.
-
Der
Inhalt selbst ist zwar, wenn man ihn allein auf den Kern der
äußeren Handlung beschränkt (Ein Mann reitet mit Unbekanntem
Ziel los, weil er einfach von dort weg will, wo er sich gerade
aufhält.) schnell wiedergegeben, zugleich sperren sich manche
Textelemente einer durch den Handlungsverlauf geprägten
Wiedergabe (wie z. B. der Schlusssatz).
-
Die
Parabel als Textsorte signalisiert einem Leser / einer Leserin
mit dem entsprechenden Textsortenwissen, dass der
Oberflächensinn nicht mit dem tiefergehenden und über die
Geschichte hinweisenden Sinn identisch ist.
-
Wer
schließlich mit der parabolischen Struktur der Kurzprosa von
Franz Kafka schon einschlägige Erfahrungen gemacht hat, wird
wissen, dass er zum Verständnis des Textes hinter den
Oberflächensinn sehen muss.
Macht
unter diesen Umständen eine Inhaltsangabe überhaupt Sinn?
Wenn dem
so ist, ist es auch legitim, danach zu fragen, ob eine eigenständige
Inhaltsangabe des Textes überhaupt Sinn macht.
Die
Antwort darauf ist ein klares Ja. Man muss allerdings wissen, dass
es dabei weniger um die Verdichtung des Textes geht, also um den
Nachweis der inhaltlichen Erfassung und Erschließung des Textes.
Zudem müssen bei bei der Formulierung des Sekundärtextes kognitive
Leistungen erbracht werden, die für die weitere Interpretation des
Textes erforderlich sind.
Das gilt
insbesondere für das Erkennen von impliziten Transfersignalen, die
zu einer Veränderung der Bedeutungsrichtung vom buchstäblichen hin
zum übertragenen Sinn auffordern und ermöglichen, indem die
"Uneigentlichkeit" des erzählten Geschehens sichtbar wird.
Inhaltsangabe (Musterbeispiel)
In der
Parabel "Der Aufbruch" von Franz Kafka, erschienen in "Sämtliche
Erzählungen, Frankfurt/M. 1970. S.320f." geht es um den Aufbruch des
Ich-Erzählers in eine ungewisse Zukunft. Erzählt wird ein Gespräch
des Ich-Erzählers mit seinem Diener über das Ziel einer langen Reise
des Ichs, das nur einfach weg will.
Das
erzählende Ich will mit seinem Pferd wegreiten. Da sein Diener
seinen Befehl, das Pferd aus dem Stall zu holen, nicht versteht,
erledigt er das selbst und steigt auf sein Pferd. Dabei kommen ihm
aus der Ferne die Töne einer Trompete zu Ohren. Sein Diener, den er
danach fragt, weiß nichts darüber und hat das Geräusch auch nicht
bemerkt. Als der Diener ihn am Tor aufhält und wissen will, wohin er
reite, bedeutet er ihm, dies nicht zu wissen, aber er wolle
jedenfalls weg von diesem Ort. Hauptsache weg, erklärt er ihm, weil
er nur so sein Ziel erreichen könne. Auf die Nachfrage des Dieners
bleibt er dabei und betont erneut, dass Ziel allein sei, von diesem
Ort wegzukommen. Sein Diener macht ihn dann darauf aufmerksam, dass
er gar keine Verpflegung eingepackt habe. Das erzählende Ich wendet
dagegen ein, dass er sich, da die Reise so lange dauere, mit Hilfe
von mitgeführtem Proviant auf die Dauer nicht ernähren könne. Er
müsse unterwegs etwas zum Essen bekommen, sonst sei er verloren und
müsse verhungern. Seine Reise sei ja glücklicherweise eine wahrhaft
ungeheure Reise.
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Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
13.03.2024
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