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Prozessmodelle des Schreibens

Prozessmodell des Schreibens

Hayes / Flower 1980

 
DIDAKTIK
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Das allgemeine Schreibprozessmodell sieht das Schreiben in einem weitreichenden Handlungskontext

Das bekannteste Prozessmodell des Schreibens stammt von John Hayes und Linda Flower (Hayes/Flower 1980). Sie stellen das, was beim Schreiben passiert, in einen weitreichenden Handlungskontext.

Hayes und Flower unterscheiden beim Schreiben im Kern drei Prozesse, die in einem komplexen Gefüge in einem Schreibprozess interagieren.

  • Planen
    Beim Planen bzw. Vorbereiten wird Material gesucht und in einer geeigneten Weise organisiert

  • Formulieren
    Beim Formulieren und Verschriften wird das strukturierte Material in schriftsprachliche Form gebracht (z. B. Sätze)

  • Überarbeiten
    Beim Überarbeiten werden Formulierungen mit unterschiedlichen Zielen und mit verschiedenen Methoden verändert und ggf. korrigiert.

Eine intrapsychische Prüfinstanz, der sogenannte Monitor, steuert den Schreibprozess.

Das Modell von Hayes und Flower ist "in seinem Kern ein Problemlösemodell, das die Textproduktion als eine Aufgabe versteht, die unter Einsatz verschiedener, insbesondere kognitiver und sprachlicher Ressourcen sukzessive gelöst wird." (Forschungshandbuch empirische Schreibdidaktik (German Edition) (Seite31). Waxmann Lehrbuch. Kindle-Version)

Aus diesem Grund ist auch der Begriff "Phasen" zur Bezeichnung der wesentlichen Prozesse im Modell von Hayes und Flower problematisch, auch wenn er immer wieder verwendet wird.


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Dieser Handlungskontext i. w. S. stellt das Aufgabenumfeld (task environment) des Schreibprozesses dar.

Das Aufgabenumfeld des Schreibprozesses

Zum Aufgabenumfeld des Schreibprozesses gehört alles, was zum Kontext gehört, wenn man mit dem Schreiben beginnt.

Die Bedeutung der Schreibaufgabe

In diesem Modell gibt die zur Problemlösung stehende Schreibaufgabe (writing assignment) den Anstoß für den Schreibprozess.

Auf den Schreibprozess wirken als Faktoren folgende Merkmale der Schreibaufgabe:

Neben der Schreibaufgabe wirkt sich aber auch der im Schreibprozess entstandene Text (text so far produced), d. h. das bis dahin Geschriebene, auf den Schreibprozess aus. Schließlich muss der bisherige Text beim Schreiben mit dem neu entstehenden Text in einen Textzusammenhang gebracht werden.

Um die Schreibaufgabe zu lösen, greift der Textproduzent auf drei Komponenten zurück:

So verläuft der Schreibprozess

Schreiben verläuft in diesem kognitionspsychologischen und prozessorientierten Modell in drei Phasen: Planungs-, Formulierungs- und Überarbeitungsphase.  

A. Die Planungsphase

Der Schreibprozess beginnt mit der Planungsphase (planning). In dieser Phase laufen drei Teilprozesse ab. Was dabei abläuft, ist in manchen Teilen noch vorsprachlich und wird erst in der Formulierungsphase sprachlich gefasst (vgl. (Forschungshandbuch empirische Schreibdidaktik, ebd.)

  1. Generieren von Ideen

Im Rückgriff auf bestehende Wissensbestände werden Ideen für die Textproduktion aktiviert, gesammelt und ggf. erzeugt und auf ihre Eignung hin geprüft und bewertet (generating).

In diesem Prozess "dient das jeweilige Planungselement als Suchschema für die Aktivierung des Gedächtnisses". (Fix 2006/2008, S.37) und ermöglicht dadurch den Zugriff auf das vorhandene Weltwissen des Schreibers.

  1. Strukturieren des Materials

An diesen Generierungsprozess schließt sich das Strukturieren des Materials (Organizing) an, das zu einer Gliederung führen kann.

  1. Setzen von konkreten Schreibzielen

Mit dem Reflektieren und dem Setzen von konkreten Schreibzielen (goal setting) endet die Planungsphase.

B. Die Formulierungsphase

In der  Formulierungsphase (translating) werden Notizen, Argumentationsskizzen u. ä. m. in ganzen Sätzen ausformuliert.

Beim Formulieren nimmt ein Schreiber immer wieder eine gewisse Distanz zu seinem Text ein, um ihn aus der Sicht eines Lesers zu betrachten. Dadurch kann er / sie den Textproduktionsprozess im Hinblick auf die Schreibziele und den / die Adressaten reflektieren, steuern und kontrollieren (monitoring).

C. Die Überarbeitungsphase

Das Formulieren steht schon in einer besonders engen Beziehung zum Überarbeiten (reviewing. Überarbeitungen müssen aber nicht immer "auf dem Papier" erfolgen, sondern können unter Umständen auch schon im Kopf vor dem Niederschreiben vollzogen werden kann. Dies bezeichnet man als Prätextrevisionen.

Formulieren und Revidieren erfolgen dabei rekursiv, "das heißt, dass jede Formulierung überarbeitet und zu einer neuen Formulierung wird, die auch wieder überarbeitet werden kann." (Mertz-Grötsch 2010, S.54)

Monitoring - oder die Steuerung, Überwachung und Kontrolle des Schreibprozesses

Damit das Schreiben nicht doch noch irgendwann im Chaos versinkt, werden, die Phasen und die Teilprozesse ständig gesteuert, überwacht und kontrolliert.

Die Funktion des so genannten Monitors übernimmt somit die Gesamtverantwortung über den Schreibprozess und zielt auf die Einhaltung eines ordnungsgemäßen Ablaufs des Schreibprozesses oder entscheidet, da die Teilprozesse ohnehin nicht linear nacheinander verlaufen müssen (Rekursivität), wann und unter welchen Umständen Veränderungen vorgenommen werden.

Schreibprozesse verlaufen aber dennoch nicht in einer linearen Abfolge

Aller, auch berechtigter Einwände gegen das Modell zum Trotz (z. B. zu geringe Beachtung der Schreibmotivation, zu starke ▪ Orientierung an geübten und erfahrenen Schreibern und die Gefahr eines Schematismus bei der Anwendung) ist das Modell bis heute das zumindest am weitesten verbreitete.

Es teilt Gefahr mit anderen Prozessmodellen, dass die einzelnen Schreibprozesse eben nicht so klar voneinander getrennt verlaufen, wie dies insbesondere das grafische Modell nahelegt, und daher leicht zu schematisch als eine lineare Abfolge aufgefasst werden können.

Statt linear-sequenziell vollzieht sich der Schreibprozess aber rekursiv, was Hayes und Flower (Hayes/Flower 1980) zwar auch erkennen, aber in ihrem Modell lediglich mit Pfeilen andeuten, so dass der Eindruck einer eher untergeordneten Bedeutung der Rekursivität für den Schreibprozess als Ganzes entsteht.

Allerdings setzte man im Schreibunterricht bis zur Untersuchung von Hayes und Flowerin die verschiedenen Momente eines Schreibprozesses so gut wie immer in eine linear-sequenzielle statt rekursive Beziehung. Dementsprechend propagierte man daher auch einen sukzessiven Prozess von Planung - Schreiben - Verbesserung, wobei letztere noch auf der Basis der Beurteilung durch eine Lehrkraft zu erfolgen hatte. (vgl. Ossner 22008, S.106)

Rekursivität als Organisationsprinzip beim beim Formulieren und Überarbeiten von Texten

Rekursivität ist ein zentrales Organisationsprinzip, das beim Formulieren und Überarbeiten von Texten zum Einsatz kommt.

Rekursivität bedeutet

  • dass es keine festgelegte Reihenfolge der einzelnen Vorgänge beim Schreibprozess gibt

  • dass sich die einzelnen Tätigkeiten immer wieder aufeinander beziehen und überlappen

  • dass alle Prozesse nach Belieben und beliebig oft wiederholt werden können

  • dass sich zeitlich vorangehende Tätigkeiten mit später erfolgenden vermischen können

  • dass jede gewählte Formulierung der Auslöser einer nachfolgenden Überarbeitung sein kann, die eine Neuformulierung bringt, und in der Folge diese wieder erneut Auslöser für eine weitere Neuformulierung sein kann

  • dass alle diese Prozesse beim Schreiben gleichzeitig stattfinden

» Fragebogen zur Selbsterkundung

 Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 11.01.2024

     
 

 
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