Schreibaufgaben erteilen Schreibaufträge
"Schreibaufgaben sind," betont
Baurmann
(2002/2008, S. 53), "der Dreh- und Angelpunkt schulischen
Schreibens." Damit hebt er ihren Stellenwert in schulischen
Schreibprozessen ebenso wie ihre Bedeutung im Rahmen der
▪
Schreibentwicklung hervor.
Schreibaufgaben erteilen auf unterschiedliche Art und Weise
Schreibaufträge, die unterschiedliche
▪ Schreibziele nach sich ziehen
können.
Schreibaufgaben können sich nach
Portmann (1991,
S. 488ff.) in Bereichen Vorgabe/Kontext, Rahmenbedingungen und sprachlich-textueller
Akzentuierung voneinander unterscheiden

Die Vorgabe / der Kontext
Schreibaufgaben unterscheiden sich im Bereich der Vorgaben und des
Kontextes, in den die Schreibaufgabe gestellt ist, voneinander. So hat schon der
Gegenstand
(Thema, Inhalt), um den es bei der Textproduktion gehen soll,
erhebliche Bedeutung für das Schreiben zur
Bewältigung der Schreibaufgabe.
-
Damit sie zufriedenstellend gelöst
werden kann, muss das Thema alters- und entwicklungsgerecht (gestellt)
sein und "an den vorhandenen Erfahrungen und Vorstellungen von Kindern
und Jugendlichen anknüpfen" (Baurmann (2002/2008,
S. 53).
-
Die
Lehrkräfte müssen bei der didaktischen Reflexion von einer möglichst
genauen Einschätzung der bis dahin erworbenen
▪ Schreibkompetenzen der
Schreiberinnen und Schreiber in allen Teilbereichen
ausgehen (▪ Zielsetzungskompetenz,
▪ inhaltliche Kompetenz,
▪ Strukturierungskompetenz,
▪ Formulierungskompetenz).
-
Im Rahmen einer
▪
förderlichen Begleitung von Schreibprozessen können Schreibaufgaben
nach erfolgter Diagnose des individuellen Leistungsstandes auch sehr
differenziert gestellt werden, wenn sie das Schreibalter und die erworbenen Schreibfähigkeiten
berücksichtigen.
-
Sie können sich nicht nur hinsichtlich
▪ Kompetenzniveaus (▪
einfach,
▪ schwierig,
▪ komplex),
inhaltlichen Schwerpunkten u. ä. unterscheiden, sondern auch danach, ob
sie im Rahmen eines prozessorientierten und kooperativ angelegten
▪ Schreibprozesses (▪
kooperatives Schreiben)
▪ einzelne Schreibhandlungen aus dem gesamten Schreibprozess ausgliedern
oder nicht.
Vorgaben erleichtern die Umstrukturierung des
Vorwissens
Vorgaben, die für eine Schreibaufgabe gemacht werden,
können ganz unterschiedlich sein.
Bei ▪
freien
Erörterungen
-
kann
es sich im einfachsten Fall handelt z. B. bei , um eine simple
Sachfrage, die
sich, soweit sich das überhaupt sagen lässt, ohne größere
Umstrukturierungen und mit einem einfachen Rückgriff auf vorhandenes
Weltwissen,
deklaratives
und
prozedurales
Wissen beantworten lässt.
-
Ganz anders sieht es allerdings aus, wenn die
Schreibaufgabe als
▪
Zitat-Thema
oder
▪
Impuls-Thema
daherkommt, das vom Schreiber bei der Planung seines Schreibens
erheblich mehr abverlangt, weil der aus solchen Themen zu erschließende
Schreibauftrag erst noch bestimmt und dann in geeignete Schreibziele
umgesetzt werden muss.
Im Rahmen
von ▪
schulischen Textinterpretationen spielen solche Vorgaben bei ▪
offenen Aufgabenformaten eine besondere Rolle, wenn sie mit Vorgaben
▪
gelenkt werden wie z. B.
-
mit
Relevanzinstruktionen und Hinweisen
und Vorgaben zum methodischen Vorgehen
-
mit
inhaltlichen, konzept- oder hypothesengeleitete
Vorgaben
-
mit Aufforderungen zu
einem Vergleich von Texten (Gedicht-/Textvergleich)
Aber auch die
Vorgabe eines situativen bzw. kommunikativen Kontextes kann
das Schreiben und die dafür nötige Schreibmotivation fördern oder
hemmen.
So ist es z. B. beim
▪
privaten Geschäftsbrief in der Regel so, dass die Schreibaufgabe mit
der Vorgabe einer mehr oder weniger umfangreichen Kontextsituation
verbunden ist (Bsp. ▪
Situation: Klassenfahrt nach Venedig), wobei die
Niveaudifferenzierung dann u. a. dadurch erzielt wird, dass bestimmte,
zur vollständigen Ausführung des Textmusters (▪
Briefelemente,
▪
äußere
Form etc.) nötige Angaben fehlen und dementsprechend ergänzt
werden müssen.
Auch der
Umfang der Materialien, die entweder einen bestimmten
situativen und kommunikativen Kontext für die Bestimmung bestimmter
Schreibziele schaffen oder aber durch das Verfügbarmachen bestimmter
Informationen den Schreibprozess entlasten sollen, kann ein sehr
wesentlicher Aspekt der Schreibaufgabe sein.
Wenn z. B. beim
▪
materialgestützten Erörtern oder dem Schreiben eines
▪
Essays
auf der Basis eines Dossiers mehr oder weniger umfangreiche
Informationen in Form linearer und nichtlinearer Texte (kontinuierliche
und diskontinuierliche Texte) vorgegeben werden, werden
Lesekompetenz
und Schreibkompetenz in einen sehr engen Bezug zueinander gebracht.
Damit die Vorgabe eines umfangreichen
Materialangebots den Schreibprozess entlasten kann, werden andere
Kompetenzen also um so stärker eingefordert. Sie sind im Rahmen solcher
Schreibaufgaben unverzichtbare Voraussetzungen für ihre Bewältigung und
für die Formulierung eigener Schreibziele.
Schließlich fällt in den Bereich der Vorgaben bzw. des Kontextes auch
die Frage, worin der Zweck des jeweiligen Schreibens bestehen
soll.
Wenn es gelingt die Schreibaufgabe in einen Zusammenhang zur
Lösung eines realen Problems zu stellen, das für den Schreiber Bedeutung
besitzt oder dem er Bedeutung geben kann, dann kann eine
Schreibaufgabe motivieren. Außerdem kann dies helfen, wenn der
▪ Schreibprozesses bei der Planung,
Formulierung oder Überarbeitung des Textes (Flower
und Hayes 1980) infolge innerer oder äußerer
▪ Schreibstörungen bzw. -blockaden
ins
Stocken gerät.
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
16.11.2022
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