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Württemberg zur Zeit Herzog Carl Eugens (1728-1793)
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Die Karlsschule
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Überblick
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Kurzer Abriss der Geschichte
▪
Die
Schüler der Karlsschule
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Erziehung und militärischer Drill
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Lehr- und Unterrichtspraxis
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Privatleben - Fehlanzeige
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Ständische Ungleichheit
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Umzug nach Stuttgart 1775
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Textauswahl
Das Französische wurde im Gegensatz zu
den Latein- und Klosterschulen, in denen es gar nicht, und dem Stuttgarter
Gymnasium, wo es nur als fakultatives Fach behandelt wurde, in der
Karlsschule nachdrücklich als Hauptfach betrieben. Aus dem Charakter der
Schule als Hofschule und ihrer Bestimmung zur Ausbildung für den Hof- und
Staatsdienst und allgemein zur Weltgewandtheit ergab es sich von selbst,
dass die Zöglinge in der Sprache der Höfe, der Weltsprache der höheren
Gesellschaft, zu möglichster Fertigkeit gebracht werden sollten. Auch im
täglichen Leben der Karlsschule spielt das Französische eine erhebliche
Rolle, beherrschte doch der Herzog selbst, der überhaupt durchaus
französisch gebildet war, das Französische besser als das Deutsche, und
unter den Zöglingen waren immer viele mit französischer Muttersprache; auch
als Name der Schule wurde offiziell Académie,
auch Ècole militaire, später
Université Caroline gebraucht.
Schon 1771-73 wurde den älteren Zöglingen französischer Unterricht erteilt;
seit 1774 erhalten sämtliche Abteilungen, auch die Künstler, je 6-4
Wochenstunden; 1776-82 erhalten von den vorbereitenden Abteilungen die
unteren 8-6, die mittleren 4-3, die obern 3-2, die Berufsabteilungen 4-2,
von den Handelsleuten die jüngern 10-8, die ältern 4, die Künstler 3-4
Wochenstunden, und zwar in der Regel jede Lehrabteilung für sich, nicht
selten aber auch von den älteren mehrere zusammen. [...]
Die Lehrer waren durchweg entweder geborene
Franzosen oder hatten, soweit sie dies nicht waren, doch längere Zeit als
Hofmeister oder Lehrer in Frankreich gearbeitet.1 [...]
Über den Betrieb des französischen Unterrichts ist zu ersehen, dass sowohl
Kenntnis und Sicherheit in der Grammatik und Fertigkeit im
Französisch-Schreiben, als Gewandtheit im Sprechen als Ziel angestrebt
wurde, außerdem auch Kenntnis der französischen Literatur. Der eigentliche
Unterricht sollte in 5jährigem Kurs vom Anfang an zum Abschluss kommen, in
den philosophischen Abteilungen sollten nur noch Übungen stattfinden und in
den Berufsabteilungen Lektüre schwierigerer Schriftsteller, bei den
Kaufleuten mehr Übung im Schreiben und Reden, besonders im 'merkantilischen
Stil'. [...]
In den philosophischen und beruflichen Abteilungen wurde dann neben Schreib-
und Redeübungen, besonders auch Briefstil, als Lektüre behandelt:
Boileaus Art poetique,
Trauerspiele von Racin, Lobreden von Thomas,
Fontanelle, d'Alembert,
Voltaires Henriade und Charles XII,
Montesquieus Considérations, und
eine Auswahl aus verschiedenen Prosaisten; [...]
Trotz dieses nachdrücklichen und vielseitigen Unterrichtsbetriebs liegen in
keinem Fach so viele Äußerungen über unbefriedigende Ergebnisse vor, wohl
infolge der Verschiedenheit der Vorkenntnisse bei den einzelnen Schülern,
der verschiedenen Methode, welche die einzelnen Lehrer befolgten,
hauptsächlich aber auch der hohen Anforderungen, die gerade in diesem Fach
von außen gestellt wurden. Die Tüchtigkeit der Lehrer ist, wenigstens auf
den höheren Stufen, nicht zu bezweifeln, weder bezüglich ihrer allgemeinen
Bildung noch ihrer Beherrschung der französischen Sprache und
Literatur.[...]
Das Englische, das damals
an den Schulen des Landes nirgends gelehrt wurde, bildet auch in der
Karlsschule kein eigentliches Schulfach; erst im Jahre 1776 wurde ein Lehrer
des Englischen angestellt, und nun an den obersten vorbereitenden und den
Berufsabteilungen in je 1-2, für die Handelsleute in 3-4 Wochenstunden
englischer Unterricht erteilt, und zwar bis 1782 in verbindlicher Weise. Von
1783 an wurde aber dieser Unterricht nur für die Kaufleute als verbindlich,
sonst als fakultativ behandelt; 1784 bestehen 4 englische Klassen mit je 1
Wochenstunde, dazu der Unterricht für die Kaufleute mit 2 Stunden; ähnlich
scheint es weiterhin geblieben zu sein. [...] Als wesentliches Ziel des
Unterrichts scheint angesehen worden zu sein, einen englischen
Schriftsteller lesen zu können; doch wurde auch Komposition eifrig und mit
Erfolg betrieben. [...]
Das Italienische kam zunächst unter dem
Gesichtspunkt des Bedürfnisses für die Musikzöglinge in die Karlsschule
herein, wurde aber sofort auch auf die andern Künstler ausgedehnt; weiterhin
erhielten, wohl wegen der in dieser Sprache geschriebenen
fachwissenschaftlichen Werke, auch andere Berufsabteilungen daran Anteil;
seit 1779 bildet es für die Kaufleute ein Hauptfach. [...]
In der russischen Sprache wurde 1780-83
von dem Kaiserlich russischen Sekretär Boniatschewsky [...] teils für
russische, teils für andere Zöglinge in mehreren Abteilungen Unterricht
erteilt in 1-2 Wochenstunden; der Unterricht erstreckte sich auch auf
russische Erdbeschreibung und auf griechische Religion. [...]
Auch für die polnische Sprache war von April
82 bis April 83 ein Lehrer angestellt. [...]
Im November 1782 erhielt ein M, H. Sevel die Erlaubnis, in der dänischen
Sprache Unterricht für einige wenige an der Schule befindliche Dänen zu
erteilen; aber schon im April 1783 erhielt er wegen Schulden das
consilium abeundi.
(aus:
Hauber 1907/1909, S.62-66, gekürzt}
1 Unter den Lehrern
waren z. B.
Joseph Uriot,
Ludwig Alexander LaMotte,
Johann Daniel Bär, Schwab,
(im Fettdruck hervorgehobene Wörter und Textpassagen im
Original gesperrt)
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Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
10.09.2023