Um entsprechend der
▪
in bestimmten sozialen Gruppen (Bayer
1999, S.149) oder der ▪
in einer Gesellschaft als Ganzes vorhandenen Vorstellungen
darüber, "was in einer ▪
Alltagsargumentation geeignet ist - oder
ungeeignet, plausibel - oder unplausibel, zulässig - oder
unzulässig" ist (Kolmer / Rob-Santer 2002,
S.150), seine Standpunkte argumentativ vertreten zu können, erwerben
wir schon in unseren Kindheitsjahren erste ▪
Grundkompetenzen.

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Für das
•
konzeptionell literale Argumentieren reichen indessen die
•
Grundkompetenzen nicht aus, denn "argumentativ überzeugende Texte
sind quantitativ und qualitativ etwas anderes als eine Liste guter
Argumente für oder gegen eine strittige Behauptung." (Feilke
2010a, S.156)
In jedem Fall ist das "»natürliche«"
Argumentationsverhalten" (Feilke
2010a, S.153) nur "unter größeren Schwierigkeiten" (ebd.)
für das schriftliche Argumentieren zu gebrauchen. Soll der Erwerb
der besonderen konzeptionell-literalen Kompetenzen in schulischen
Lehr- und Lernprozessen gefördert werden, bedarf es einer speziell
daran orientierten Didaktik mit spezifischen für den Erwerb dieser
Kompetenzen arrangierten Kontexten. (vgl.
ebd.)
Solche kompetenzfördernden Lernkontexte müssen das Sprachangebot
steuern und mit geeigneten ▪
Lern-
und ▪ Übungsaufgaben
mit ihren verschiedenen
Settings (▪
Lernraum-,
▪ Übungsraumsetting)
und ▪
Anforderungen an die
Lehrerrolle dafür sorgen, dass diese Kompetenzen auch im
Unterricht erworben werden können. (vgl.
ebd.,
S.159)
Die Texthandlung
des Argumentierens wird besonders durch die ▪
funktionalen indem-Relationen greifbar, die bestimmte
Handlungsschemata unterscheidet. Die Handlungsschemata werden mit so
genannten
Prozedurausdrücken zu ▪
Textprozeduren verknüpft, die "routinehafte
funktionale Textbausteine" (Feilke/Rezat
2020) für die Textproduktion und Textrezeption darstellen.
Beim Argumentieren
kann man die entsprechenden Textprozeduren danach einteilen, ob sie
schreiberbezogen, leserbezogen oder gegenstandsbezogen sind. (vgl.
Feilke 2010,
S.14)
In •
schulischen
Schreibformen des •
erörternden
und argumentierenden Schreibens, aber
auch in anderen Schreibformen, in denen argumentiert wird, sind
dies:
Alle diese
Subhandlungsschemata der Texthandlung des Argumentierens sind mit
bestimmten sprachlichen Prozedurausdrücken (lexikalisch,
syntaktisch) verbunden, die über ihre indem-Relation mit der
Haupthandlung identifiziert werden können.
Demzufolge
argumentiert eine Person in einem Text, indem sie unter
anderem ihre eigene Position verdeutlicht (•
Positionieren),
indem sie ihre Aussagen ▪
modalisiert (Modalisieren) oder indem sie durch die
Integration möglicher Gegenargumente in die eigene Argumentation
etwas einräumt und dadurch auch entkräftet (•
Konzedieren). (vgl.
Feilke 2014,
S.26)
Steinseifer/Feilke (2013, zit. n.
Feilke (2015,
S.64) haben die Zusammenhänge von dem beim Argumentieren
vorgenommenen Perspektivenwechsel und sprachlich-argumentativer
Strukturierung mit der nachfolgenden Strukturskizze illustriert, die
auch die Heuristik des Erwerbs berücksichtigt. In ihrem
Vierfelderschema, das auf »Karl
Bühlers (1879-1963)
Modell der sprachlichen Kommunikation (»Organon-Modell)
aufbaut, unterscheidet Feilke die Sachdimension und die
Diskursdimension der Kommunikation.

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Die Darstellung
verdeutlicht, dass das argumentierende Ich in einer
Kommunikationssituation Faktoren auf vier verschiedenen Feldern
berücksichtigen muss, um seine Vorstellungen über eine Sache, einen
Sachverhalt oder ein Problem überzeugend in eine argumentative
Auseinandersetzung einbringen zu können. Dabei werden die Felder
nicht schematisch in immer wieder der gleichen Reihenfolge
berücksichtigt, sondern die Reihenfolge kann je nach Umständen
variieren.
Ausgangspunkt und
Einstieg ist dabei zunächst die Begründung der eigenen Meinung, die
den Anschluss an den schon bestehenden Diskurs über das jeweilige
Problem bzw. über den jeweiligen Sachverhalt die Meinungen anderer
berücksichtigen muss (Diskursivierung 1). Über Reflexion der
Voraussetzungen und der Perspektivengebundenheit der eigenen
Position (Epistimifizierung) muss am Ende die eingenommene Positionen
plausibel gemacht werden. (Diskursivierung 2)
-
Dazu muss sich
das eine Behauptung aufstellende Ich in einem bestimmten
diskursiven Umfeld, in dem unterschiedliche Meinungen über ein
bestimmtes Problem oder einen bestimmten Sachverhalt existieren,
zu dem jeweils Strittigen mit bestimmten •
Positionierungsprozeduren
positionieren.
-
Diese
Positionierung muss aber auch die Meinungen der anderen mit
einbeziehen und berücksichtigen und dabei mit verschiedenen
Konzedierungsprozeduren
konzedieren.
-
Inhaltlich
gesehen muss unter dem Blickwinkel der Sachdimension die vom
Sprecher bezogene Position mit Argumenten begründet und daraus
entsprechende Schlussfolgerungen gezogen werden.
-
Die
Berücksichtigung bzw. Reflexion der eigenen
Erkenntnisperspektive berücksichtigt, mit geeigneten •
Modalisierungsprozeduren die
Grenzen der mit der Behauptung aufgestellten •
Geltungsansprüche oder unterstreicht die besondere Evidenz
der jeweiligen Geltungsansprüche.
Die Textprozeduren,
die beim Argumentieren verwendet werden, sind
nicht in allen
Handlungsfeldern und den ihnen zugeordneten
Textsorten
gleich.
Dementsprechend
unterscheiden sich die Textprozeduren des Argumentierens in einem
wissenschaftlichen Aufsatz zumindest teilweise von denen, die bei einem ▪
journalistischen Kommentar oder auch beim Argumentieren im
Rahmen von Interpretationen literarischer Texte zum Einsatz kommen. (vgl.
Descher/Petraschka 2019)
Das bedeutet, dass
man auch
keine allgemeingültigen Listen des Prozedureninventars beim
Argumentieren erstellen kann, die alle Handlungsfelder und
Textsorten, in denen argumentiert wird, über einen Kamm scheren.
Stattdessen kommt es darauf, im Allgemeinen auf deduktivem Weg die
jeweils typischen Textprozeduren aus entsprechenden Texten zu
"extrahieren", um ein textsortenspezifisches Prozedureninventar für
eine bestimmte Textsorte zu ermitteln. Allerdings gibt es stets eine
gemeinsame Schnittmenge an Prozeduren.