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Zeitgestaltung in erzählenden Texten

Überblick

 
FAChbereich Deutsch
Glossar
Literatur:▪ Autorinnen und Autoren Gattungen Erzählende Texte Überblick Lesen erzählender Texte (Inferenzbildung und Situationsmodelle) Strukturen von Erzähltexten Strukturwandel in der modernen Epik Strukturbegriffe der Erzähltextanalyse Überblick Auswahl (Zusammenstellungen wichtiger Strukturbegriffe) Darstellungsebene und Ebene des Dargestellten WIE WIRD ERZÄHLT? (Zeitgestaltung, Perspektiven, Darbietungsformen ...) ÜberblickModell der narrativen Kommunikation [ Zeitgestaltung Überblick ◄ ▪ Leitfragen zur Analyse  Strukturen Textauswahl Bausteine ] Typologien des Erzählers Perspektiven beim Erzählen ▪ Darstellung von Ereignissen Darstellung von Rede und mentalen VorgängenWissensvermittlung und InformationsvergabeErzählen über das Erzählen Zuverlässigkeit und Unzuverlässigkeit des ErzählensStilmerkmale der Erzählung Bausteine Was wird erzählt? (Handlung, erzählte Welt, Figur, Raum) BausteineTextauswahl BausteineFormen erzählender Texte Textauswahl Dramatische Texte Lyrische Texte Literarische Zweckformen  Literaturgeschichte Motive der Literatur Grundlagen der Textanalyse und Interpretation Literaturunterricht Schreibformen ▪ Analyse und Interpretation von Erzähltexten in der Schule Operatoren im Fach Deutsch
 

▪  Leitfragen zur Analyse der Zeitgestaltung in einer Erzählung

Traditionelles Erzählen gestaltet eine "Geschichte" meist in kontinuierlicher Reihenfolge der Geschehnisse, die dem natürlich-physikalischen Zeitablauf nachgebildet ist.

Die moderne Literatur hat sich dagegen von dieser starren Fixierung gelöst. Für sie ist Zeit entgrenzt und ihre Gestaltung kein Nachbilden des natürlich-physikalischen Zeitablaufs mehr.

Sie lässt Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft häufig ineinander fließen, durchzieht Zeit mit zahlreichen und unterschiedliche Perspektiven und hebt damit die Zeit im Extremfall als linear fortschreitendes Kontinuum auf. "Der moderne Erzähler beobachtet," wie Edgar Neis (1965, S. 66) resümiert, " das 'Abtropfen der Zeit' im Alltag und kommt zu der Erkenntnis, dass die Zeit nur scheinbar mechanisch gleichmäßig abläuft, dass sie im Bereich des Lebendigen sich ständig verändert, dass die innere, die Erlebniszeit, von der äußeren, physikalischen Zeit abweicht und dass die Zeit zum Raum und der Raum zur Zeit wird."

Für Eberhard Lämmert (1955, S.32ff.) verleihen Modifikationen der monotonen Sukzession beim Erzählen dem epischen Text erst wesentliche Konturen. Die erzählte Zeit wird dafür durch

  • Verzerrungen

  • Unterbrechungen

  • Umstellungen

  • durch Aufhebung der Sukzession

gestaltet. Zustande kommt dies im Allgemeinen "durch den Wechsel von einlässigem und knappen Erzählen, d.h. durch das sich ständig verschiebende Verhältnis von erzählter Zeit und Erzählzeit." (ebd.) Doch nicht diese Tatsache allein ist dabei von Relevanz. Denn: Bedeutung gewinnen solche Einlässigkeit und Knappheit erst, wenn sie als regelhafte Erscheinungen einem bestimmten Komplex von Ereignissen und Gegenständen [...] innerhalb größerer Partien aufgewiesen werden können [...]. In jedem Falle aber bedingt schon dieser ständige und nicht selten rhythmische Wechsel der Raffungsintensität das Phänomen der Phasenbildung im Erzählfluss. [...]". (ebd.)

(aus : Lämmert 1955, S.32ff.)

Zeitgestaltung als Erzählgeschwindigkeit

Die neuere Erzähltheorie hat sich vor allem im Gefolge des strukturalistischen Ansatzes von »Gérard Genette (1930-2018) mit der "Pseudo-Zeitlichkeit der (schriftlichen) Erzählung" (Genette, Die Erzählung, 2. Aufl. 1998, S. 213) befasst  und unter dem von ihm als ▪ Erzählgeschwindigkeit gefassten Begriff für das Verhältnis von erzählter Zeit und Erzählzeit die verschiedenen Grundformen der Zeitgestaltung in erzählenden Texten systematisch erfasst.


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Danach kann das Geschwindigkeitsspektrum einer Erzählung bei Anisochronie aus Textpartien mit ▪ Zeitdeckung, ▪ Zeitraffung, ▪ Aussparung (Ellipse), ▪ Zeitdehnung oder ▪ Pausen gebildet werden, muss aber nicht alle diese Formen aufweisen. Sie weisen ein jeweils eigenes Verhältnis von Erzählzeit zu erzählter Zeit auf.

Zunächst sind jedoch Zeitdeckung, Zeitraffung und Zeitdehnung die wesentlichen Gestaltungselemente, die sich aus dem Verhältnis der beiden Zeitebenen ergeben.

Zeitdeckung

Erzählzeit ≈ erzählte Zeit

Zeitraffung  

Erzählzeit < erzählte Zeit

Zeitdehnung

Erzählzeit > erzählte Zeit

Aussparung (Ellipse)

Erzählzeit < ∞ erzählte Zeit
Pause Erzählzeit ∞ > erzählte Zeit

Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 20.12.2023

  
 

 
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