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Württemberg zur Zeit Herzog Carl Eugens (1728-1793)
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Konkurrenzkampf und Prasserei: Absolutistische Repräsentation
von Macht
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Fürst und Land: Dualistischer
Ständestaat in Württemberg- Verfassung in Württemberg
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Versailles in Schwaben: Ludwigsburg zur Zeit Carl Eugens
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Höfische Festkultur zur Zeit Carl Eugens
Die Vermietung von
Söldnern blieb aber auch in späteren Regierungsjahren ▪
Carl Eugens (1728-1793)
ein lukratives Geschäft, auch wenn die Zeit seiner großen
Subsidienverträge abgelaufen war. So stellte er der »Niederländischen
Ostindien-Kompanie ein mehrere Tausend Mann starkes
Truppenkontingent. das so genannte Kapregiment, zur Verfügung.
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Die »Niederländische
Ostindien-Kompanie (oder auf niederländisch Vereenigde
Oostindische Compagnie - VOC) war eines der größten Handelsunternehmen des 17.
und 18. Jahrhunderts mit besonderen Hoheitsrechten beim Landerwerb,
bei Kriegsführung und Festungsbau.
Ihr "vermietete" ▪
Carl Eugen (1728-93)
eine ca. 3.200 Mann starke Truppe, die die Niederländer als das sogenannte
»Kapregiment (1786-1808), an das »Kap der guten Hoffnung
an der Südspitze Afrikas verschifften. Es sollte dort die Kolonialinteressen der Kompanie gegen britische
Ansprüche militärisch sichern und von dahin hinaus bis nach
Ostindien.
1786 schon trat die
VOC an den württembergischen Herzog ▪
Carl Eugen (1728-93)
mit einem Angebot heran, württembergische Soldaten zu "mieten". Der
Herzog einigte sich nach längeren Verhandlungen, bei denen es neben
Geld für die Subsidientruppe, auch um die Besoldung der
Regimentsangehörigen, die Befristung des Vertrags und das
Mindestalter der Soldaten gegangen war, auf eine Truppenstärke mit
Regimentsstab, zwei Bataillone zu je fünf Kompanien und einer
Artilleriekompanie mit vier Dreipfünder- und vier
Sechspfünder-Kanonen und weiteren sieben Siebenpfünder-Haubitzen.
Insgesamt waren es 1.950 Mann, und zwar 1.890 Mannschaftsgrade, 56
Offiziere, zwei protestantische Feldgeistliche und zwei
Chirurgen-Majore. Zugleich wurde der Herzog verpflichtet, durch
"Ersatzlieferungen" das Kapregiment auf dieser Sollstärke zu halten,
auch wenn Soldaten desertierten oder starben. (vgl.
Sting 2005,
S.277)
Für die Ablieferung der württembergischen Söldnertruppe waren dem
Herzog 300.000 Gulden zu bezahlen sowie 72 000 Gulden für den
Transport nach Vlissingen. Jährlich sollten dann weitere 65.000
Gulden bezahlt werden. Währen das Regiment sich noch in Europa
aufhielt, waren Dessertierungen ein großes Problem. Vor allem auf
dem Marsch von Ludwigsburg in Württemberg bis nach Vlissingen in den
Niederlanden, der durch Baden und Frankreich führte, kehrten viele
Soldaten dem Regiment den Rücken und desertierten. So kam das erste
Bataillon, das mit mit 950 Mann von Ludwigsburg
losmarschierte, nur noch mit 891 Mann in Vlissingen an, wobei
darunter noch 30 unterwegs neuangeworbene Männer waren, die nicht
einmal eine vollständige Uniform erhielten.
Der Sold, den die Kompanie den Soldaten auszahlen wollte, war
vergleichsweise großzügig bemessen. Ein Oberst sollte 500 Gulden,
ein Major 150 Gulden, ein Hauptmann 80-100 Gulden, ein
Korporal/Unteroffizier ca. 15 Gulden, ein Gefreiter 10 und ein
Gemeiner Mann neuneinhalb Gulden. (vgl.
Sting 2005,
S.277) Verglichen mit dem, was z. B. ▪
Friedrich Schiller als Regimentsmedicus monatlich nach Hause brachte (23 Gulden) oder der
Stuttgarter Dekan in Geld und Naturalien im Jahr verdiente (353
Gulden), klang die versprochene monatliche Besoldung ziemlich gut
und hat wohl manchen motiviert, sich für die verlangten 5 Jahre zu
verpflichten. Allerdings mussten viele Soldaten erst einmal Schulden
machen, aus denen manche kaum mehr herauskamen, weil der Vertrag
zwischen der Niederländischen Ostindien-Kompanie (VOC) und
Württemberg ihnen Zusatzkosten für die neuen Uniformen, den
Unterhalt und Medizin auferlegte. Wer im Übrigen eine der lukrativen
Offizierstellen im Kapregiment haben wollte, musste dem Herzog dafür
zwischen 700 und 1.000 Gulden zusätzlich bezahlen. (vgl.
Sting 2005,
S.278)
Die Soldaten an die
VOC zu vermieten wurde sogar von der Landschaft (Stände, ▪
Ehrlichkeit) für gut
geheißen, die "diese letzte militärisch-finanzielle Maßnahme Carl
Eugens durch Staatsvertrag mit(trug)." (ebd.)
Man hoffte wohl, dass bei diesem ▪
Subsidienvertrag anders als bei den früheren im Zusammenhang mit
dem »Siebenjährige
Krieg (1756-63) nicht nur der Herzog seine Kassen füllen, sondern
insgesamt auch das Land profitieren könnte.
Die Werbung der Soldaten für das Kapregiment
Dass auch die
Stände mit dem neuerlichen Subsidienvertrag einverstanden waren, lag
nicht nur daran, dass sich ihr Verhältnis zum Herzog nach dem
Erbvertrag von 1777 deutlich entspannt hatte, sondern auch daran,
dass sich die Werbung der Soldaten dieses Mal nach den Regeln der
Landesverfassung richtete, wonach nur Freiwillige angeworben werden
durften. Die Zeit der berüchtigten ▪
Menschenjagden auf Bauern, kleine Handwerker und Tagelöhner
unter dem Kommando »Philipp
Friedrich Rieger (1722-1782, um junge Männer gegen ihren Willen
zum Militärdienst zu zwingen, lag jedenfalls in Württemberg schon
einige Jahrzehnte zurück. Unter den Freiwilligen, die sich jetzt
meldeten, waren wohl "Abenteurer, Männer mit Fernweh [...] dazu
kamen solche, die den Familien als Tunichtgute unangenehm, den
Gemeinden lästig und dem Herzogtum beschwerlich waren" (Sting 2005,
S.278), die der vergleichsweise gute Sold und die Hoffnung nach 5
Jahren zurückkehren zu können, zur Unterschrift bewegte. Dass man
ihnen dabei noch die Reise nach Südafrika als
als ▪"eine Spazierfahrt"
von 4–6 Wochen schilderte, tat gewiss auch das seine, um den
Aufbruch in die Ferne zu motivieren. Dass ▪
Carl Eugen (1728-93) selbst im Kampregiment dazu noch
sechs seiner illegitimen Söhne mit
hochdotierten Offiziersstellen" versorgen" konnte, kam ihm sicher
gerade recht.
Nach Unterzeichnung des Vertrages musste es bei der »Werbung
der Soldaten schnell gehen, denn für die Aufstellung des
Regiments blieb nur knapp ein halbes Jahr Zeit. So gab man die Sache
in die Hände von professionellen Werbeoffizieren, die für jeden
Mann, den sie am "Soldatendepot" in Ludwigsburg ablieferten, 35
Gulden erhielten. (vgl.
ebd.) Da die
Sollstärke des Regiments aber nicht mit "Landeskindern" zu erreichen
war, wurde auch in den Reichsstädten und in benachbarten
Herrschaften geworben. Das Mindestalter betrug 17 Jahre.
Der Marsch nach Vlissingen in den Niederlanden
Am 27. Februar 1787
marschierte das 1. Bataillon des Kapregiments in Richtung ihres
vorläufigen Ziels, nach Vlissingen in die Niederlande, von wo die
Überfahrt nach Kapstadt starten sollte. Vlissingen war von
Ludwigsburg ca. 800 km weg. Der Weg dorthin durch Baden und
Nordfrankreich, wo den Soldaten der Durchzug gestattet wurde, war
nicht nur strapaziös, sondern insgesamt sehr schlecht organisiert.
Oft mussten die Soldaten draußen campieren, erhielten dazu noch
schlechte Verpflegung und gingen sogar barfuß, weil das Schuhwerk,
das man ihnen zur Verfügung stellte, für einen derartig langen
Marsch nicht taugte. So wundert es nicht, dass auf dem fünf
Wochen dauernden Marsch ungefähr 20 Prozent Ausfälle wegen
Krankheiten und Desertationen zu verzeichnen waren. (vgl.
ebd., S.279)
Der Seetransport des Regiments nach Kapstadt
Am 2. September
1787 machte sich das 2. Bataillon auf diesen Marsch. Das erste
Bataillon machte sich per Schiff im Sommer 1787 mit 5 Schiffen, das
zweite Ende des gleichen Jahres mit vier Schiffen auf die äußerst
beschwerliche und gefährliche Seereise, die zwischen 4 und 7 Monaten
dauerte und die viele Soldaten wegen Krankheiten nicht überstanden.
Die Strapazen der
Reise auf der "Rijnoord", die mit sieben Monaten am längsten
unterwegs war, hat der ▪
Feldprediger Gastpar in einem Brief von 1788 beschrieben.
Es war »einer
von insgesamt 9 Schiffstransporten mit württembergischen Söldnern,
die bis zum 11. Mai 1788 mit insgesamt 1.832 Soldaten ihren
Bestimmungsort erreichten. Auf der "Rijnoord" ging nach der
Einschiffung am 20.11.1787 von Rammekens bei Vlissingen los. Vom 20.
Dezember 1787 lag das Schiff in Dartmouth in England fest bis zum
29. Januar 1788, von wo es dann seine Reise nach Kapstadt antrat.
Dort traf es nach 200 Tagen bzw. 7 Monaten am 4. Juli 1788 ein. Die
ganze Schiffpassage stand von Anfang an unter einem schlechten
Stern: Zunächst geriet sie im Ärmelkanal in einen 16 Tage dauernnden
schweren Sturm. Bei der Landung in England wäre das Schiff fast an
den Felsen zerschellt uns gesunken. Aber auch nach dem Aufbruch aus
Dartmouth musste sie einen weiteren, sechs Tage dauernden Sturm
überstehen. Als sich danach die Wetterlage beruhigte, herrschte 54
Tage Flaute. Als das Schiff Anfang im Juni 1788 in Sichtweite seines
Ziels an der Südküste Afrikas gekommen war, konnte es wegen der dort
herrschenden Norweststürme nicht in Kapstadt landen und musste nach
False Bay weitersegeln. Aber auch dort geriet das Schiff wieder in
einen mächtigen Sturm, der das Schiff wieder vom Land wegtrieb. Er
37 Tage nach der erstmaligen Sichtung des Tafelbergs konnte die "Rijnoord"
endlich landen. Bis dahin litt fast die ganze Besatzung an Skorbut
und zahlreiche Soldaten waren gestorben. Die Soldaten waren von den
Strapazen der Reise so geschwächt, dass nur »12
der auf der Passagierliste stehenden 219 Soldaten deine Woche
nach ihrer Ankunft zum Dienst antreten konnten.
Die Ankunft des Regiments und die Situation am Kap der Guten
Hoffnung
Nachdem die
Württemberger angekommen waren, erwartete sie dort ein Leben, das
die ersten drei Jahre lang ohne eine wirkliche Aufgabe vor allem aus
täglichem Exerzieren und Wachestehen bestand. Auch wenn die
Unterkünfte für die Truppe einigermaßen gut und geräumig waren, wie
der Artillerieunteroffizier ▪
Franz August Treffz in einem Brief an
seinen Vater (27.1.1789) erwähnte. Zugleich betonte er aber
auch, dass das "Cap
für einen Soldaten das irrdische Paradiß nicht,
wie man es in Deutschland abschildert".
Nicht erwähnt wurde
von ihm, dass die Soldaten dort finanziell betrogen wurden, weil sie
ihren Sold in der vereinbarten Höhe nicht in Gulden, sondern in den
etwa ein Viertel weniger Wert besitzenden Kapgulden bezahlt wurden
und dazu noch für ihre Kleidung selbst aufkommen mussten. Träume der
Soldaten, nach fünf Jahren gutsituiert nach Hause zurückkehren zu
können, waren dadurch schnell verflogen. Nach der Verlegung der
Truppen von Kapstadt nach Ostindien verschlechterte sich die
materielle Lage der Soldaten weiter.
1791 wurden sie vom VOC nach Indonesien,
Java, Bornro und Ceylon weiterverschickt, weil dort an verschiedenen Orten Unruhen
ausgebrochen waren. Alle Soldaten waren davon betroffen. Etliche von
ihnen hatten inzwischen am Kap geheiratet und Familien, die
sie jetzt zurücklassen mussten. gegründet und mussten
diese am Kap zurück lassen. Einige Offiziere konnten nach
Deutschland zurückkehren.
Die meisten der
nach Ostindien transportierten Soldaten sind dort im Verlauf weniger
Jahre, zumeist an Krankheiten wie Malaria, verstorben.1807 hatte das Regiment nur noch 229
Mitglieder und wurde 1808 endgültig aufgelöst. Nur etwa 100 Mann
kehrten später von dieser Mission wieder zurück: "Die Tragödie des
Unternehmens »Kapregiment«" (Sting 2005,
S.282) hatte 20 Jahre gedauert und für Württemberg nichts erbracht
"außer dem Erlös von 900.000 Gulden, wobei nicht bekannt ist, wofür
dieses Geld verwendet wurde. Keiner der Teilnehmer machte einen
erkennbaren Gewinn." (ebd.)
Im kulturellen
Gedächtnis blieb das Ereignis vor allem auch, weil das ▪
Christian Friedrich Daniel Schubart (1739-1791) gedichtete ▪
Kaplied (1787) nicht nur in seiner Zeit zu den bekanntesten
Volksliedern zählte, sondern auch heute noch immer wieder erwähnt
wird.
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Württemberg zur Zeit Herzog Carl Eugens (1728-1793)
▪
Konkurrenzkampf und Prasserei: Absolutistische Repräsentation
von Macht ▪
Fürst und Land - Verfassung in Württemberg
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Versailles in Schwaben: Ludwigsburg zur Zeit Carl Eugens
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Höfische Festkultur zur Zeit Carl Eugens
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
10.09.2023
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