Das
hier vorgestellte ▪ Arbeitsschrittemodell für
das
produktorientierte Schreiben (Jede/r schreibt für sich
allein) einer ▪
Textinterpretation in der Schule
ist wie alle solche Modelle ein Vorschlag für das Vorgehen.
Es
ist ▪
kein Patentrezept, aber dennoch erprobt: Das bedeutet, dass
eine ganze Reihe von Schreiberinnen und Schreibern damit
zurechtkommt, wenn sie ihren
Schreibprozess, ohne alles genau nacheinander abzuarbeiten,
so organisieren.
Natürlich muss man
dem nachfolgenden Schreibplan mit seinen Arbeitsschritten nicht
"sklavisch" folgen. Wie detailliert jeder einzelne von ihnen
durchgeführt wird, ist letzten Endes auch Ermessenssache, sollte
aber wohlüberlegt sein. Und selbst die Reihenfolge der
Arbeitsschritte, wie sie hier dargestellt wird, entspricht nur
in eingeschränkter Weise dem tatsächlichen Schreiben.
Hier gilt das Prinzip der ▪
Rekursivität. Das bedeutet, dass es beim
Formulieren und
Überarbeiten
von Texten nämlich keine wirklich festgelegte Reihenfolge der
einzelnen Vorgänge gibt und sich die einzelnen Tätigkeiten immer
wieder aufeinander beziehen, überlappen und vermischen sowie
beliebig oft wiederholt werden können.
Dennoch: Solche Zusammenstellungen
haben auch große Vorteile. Sie
machen nämlich immer wieder klar, in welche Teiloperationen das Bewältigen einer bestimmten Schreibaufgabe zerlegt
werden kann. Und genau das ist die Botschaft, die viele Schreiberinnen und
Schreiber benötigen. Denn: So erfahren sie bei der Bewältigung der
Schreibaufgabe, dass Schreiben gelernt werden kann und ▪
nicht einfach
"Naturbegabung" ist.
Die hier
vorgestellten Arbeitsschritte beruhen auf verschiedenen
Kompetenzen, ▪
Arbeitstechniken und -methoden,
die zugleich Voraussetzungen für die Schreibform darstellen. Dabei wird eine
▪ Schreibstrategie zugrunde gelegt, die dem
▪
Schritt-für-Schritt-Schreiben
entspricht. Denkbar ist aber, je nach
individuellen Fähigkeiten, auch eine
▪
planende
Schreibstrategie.
Arbeitsschritte für die
• kontextualisierte
werkimmanente Interpretation verbindlich festlegen zu wollen, ist mehr als
schwierig, erscheint manchem sogar als in höchstem Maße fragwürdig. Und
wie viele meinen: mit gutem Grund.
Wie soll sich der letzten Endes für
jeden einzelnen unterschiedlich ausfallende Prozess des Textverstehens und
die individuell ausgeprägte hermeneutische Zirkelbewegung in das Korsett
einer mehr oder weniger verbindlichen Abfolge von Arbeitsschritten
geschnürt werden können? Einwände, die zwar nicht von der Hand zu weisen
sind, aber an den Problemlagen interpretationsunerfahrener Schüler dennoch
vorbeigehen.
So gibt es zwei Wege:
-
Man gibt nur relativ oberflächliche und wenig präzise
Arbeitsanregungen, die irgendwie in einen zeitlichen Ablauf (Phasen)
eingefügt werden.
-
Man verliert sich in einer Vielzahl von nicht mehr nachvollziehbaren
Details, die der Auflistung von Arbeitsschritten ihren instruktiven
Charakter nahezu vollständig nehmen.
Der hier vorgenommene Versuch versucht die goldene Mitte zu treffen.
Die Links in der Übersicht stellen den jeweils nötigen Kontext bereit, der
für eine Umsetzung der Arbeitsschritte u. U. zusätzlich erarbeitet sein
will.
|
Arbeitsschritt |
Funktion |
Arbeitsmethoden / Hinweise |
Vom Vorverständnis zum Textverständnis
|
1 |
intensives
sequenzielles
Lesen des Textes |
Orientierung über Inhalt und Thema (1.
Textverständnis) |
Vorverständnis klären (z. B.
Textmusterwissen, Autor o. ä.);
MURDER-Schema bei mehrteiliger Arbeitsanweisung,
Markieren und Hervorheben |
2 |
Erstleseeindrücke festhalten, Deutungshypothesen formulieren |
Erstes Textverständnis und
erweitertes Vorverständnis des Textes |
Festhalten von Erstleseeindrücken, spontanen Einfällen zu
Inhalt, Thema und Strukturen, aber auch zu Autor oder Epoche; ggf.
Fragenkatalog benutzen |
3 |
erneutes, u. U. mehrfaches Lesen des
Textes |
Erweiterung des Textverständnisses
(hermeneutischer
Zirkel bzw. hermeneutische Spirale) |
vom ersten Textverständnis und seinen
Annahmen über den Text zu einem vertieften Textverständnis, ggf.
Fragenkatalog benutzen |
Textbeschreibung und –analyse
|
4 |
Inhaltliche
Gliederung des Textes erfassen |
Erfassen von Sinnabschnitten,
Handlungsverlauf |
Sinnabschnitte erfassen, ggf. knappe
Inhaltsangabe verfassen |
5 |
Detailanalyse durchführen |
Funktionszusammen-
hang von Inhalt, Form und Bedeutung des Textes u. a.:
|
gegliederte Stoffsammlung unter dem
Blickwinkel der Aufgabenstellung,
Textsorte bestimmen, Belegstellen u. Zitate auswählen (Zitierregeln) |
Textinterpretation i. e. S.
(Interpretationsaufsatz) |
6 |
Interpretations-
skizze(n) entwickeln |
Gesamtverständnis als
zusammenfassende Deutung (Interpretation) |
|
7 |
Ergänzende
Interpretationsansätze heranziehen |
Ergänzende
Interpretationsansätze - und -gesichtspunkte
berücksichtigen |
z. B.
biographischer Ansatz,
historisch-politischer Ansatz,
geistesgeschichtlicher Ansatz,
rezeptionsästhetischer Ansatz
rezeptionsgeschichtlicher Ansatz ... |
8 |
Bearbeitungs-strategie festlegen |
textsukzessiv (linear) oder
textstrukturierend (aspektorientiert) |
hermeneutischer Zirkel in beiden Fällen
möglich, Einleitung(sgedanke)
formulieren |
9 |
Arbeitsgliederung erarbeiten |
Aufbau und Reihenfolge der Gesichtspunkte
festlegen |
vom Vorverständnis zum Textverständnis,
Vorgaben bei einer mehrteiligen Arbeitsanweisung |
10 |
Niederschrift abfassen |
Sprachlich-stilistische Gestaltung des
Aufsatzes |
Adressaten- und schreibrollengemäß
formulieren |
Wenn die Interpretationsaufgabe in Form einer mehrteiligen
Arbeitsanweisung gestellt wird, lässt sich dieses Schema natürlich nur
sehr eingeschränkt verwenden. Hier muss man dann zumindest darauf achten,
dass man frühzeitig jene Interpretationsgesichtspunkte "einbaut", die
explizit in der Arbeitsanweisung aufgeführt werden.
▪
Grundfragen der Textanalyse und Interpretation
▪
Überblick
▪
Hermeneutische Modelle
▪
Überblick
▪
Rezeptionsästhetik
▪
Antihermeneutische Modelle
▪
Dekonstruktivistisches Modell
▪
Kontextuelles Modell
• Werkimmanente
Interpretation
•
Was man über Arbeitsschrittmodelle wissen muss
Gert Egle. zuletzt bearbeitet am:
12.07.2024