Die ▪ Parabel ist nicht einfach eine
Textsorte
wie jede andere. Sie lässt sich nicht so ohne weiteres in ein System einordnen
und die Textsorten, die mit ihr als verwandt gelten, sind dies oft so,
dass sie vordergründig eine ausgesprochen hohe Ähnlichkeit mit ihr
besitzen. Und wenn die Entwicklung der modernen Literatur mit
berücksichtigt wird, wird auch schnell klar, dass die Bezeichnung Parabel als Gattungsbegriff zu eng"
geworden ist. (Braak
1969, S.164)
Oft wird die Parabel mit mehr oder minder verwandten Textsorten
wie der
Fabel,
der
Kurzgeschichte, der
Allegorie
oder dem
Gleichnis
in einem Atemzug genannt. Und in der Tat gibt es oft nicht viel und
schon gar nicht in letzter Konsequenz Trennscharfes, was diese
literarischen Formen, die jede auf ihre Weise das "uneigentliche
Sprechen" praktizieren, voneinander unterscheiden. Und für manche
ist die Parabel wie das
Gleichnis
ohnehin
eine übergeordnete Form, die in verschiedenen
Literaturgattungen zu Hause ist.
Eine
Parabel weist mit der
▪
Allegorie
große Ähnlichkeiten
auf, was dazu führt, dass man sie von letzteren nicht einfach
unterscheiden kann.
Wie die Allegorie kleidet die Parabel nämlich "ein Abstraktes in sinnliche Gestalt" (Brettschneider
ebd.) und, wer ihren tieferen Sinn verstehen will, muss
▪ Elemente des
Bildbereichs auf einen anderes Gebiet (Sachbereich) übertragen.
Schließlich gibt es auch allegorische Parabeln, in denen Abstrakta
vermenschlicht werden (z. B. "Der Neid sprach") (vgl. (Zymner
2006, S.307 )
Es gibt aber auch andere Unterschiede, die aber nicht immer wirklich
trennscharf sind.
Im Gegensatz zur Allegorie erzählt die Parabel ein Ereignis oder eine
Handlung und erst über sie erschließt sich in einem konstruktiven Prozess
des Rezipienten bei der Übertragung des Erzählten vom
Bild- in den Sachbereich das, was (für ihn) wirklich gemeint ist.
Allerdings hebt sich das Ergebnis dieses
Übertragungsprozesses vom Bild- in den Sachbereich bei der Parabel von
der Allegorie dadurch ab, dass sie "eine Geschichte, nicht ein Bild, ins
Wort bringt." (ebd.)
Anders ausgedrückt: Die Parabel kleidet ihren Sinn in eine erzählte
Geschichte, die Allegorie gestaltet eine bildliche Vorstellung.
Diese
bildliche Vorstellung kann, so Brettschneider (ebd.)
, "als eine Addition oder Verbindung von Metaphern aufgefasst werden,
von Teilen uneigentlicher Rede also, die, Stück um Stück, in die
Begriffswelt übertragen werden müssen. Daraus erhellt sich die Allegorie
selbst."
Anders als bei der Allegorie, so fährt
Werner
Brettschneider (1971, S.9f., 14f.) fort, "ist) das in der
Parabel Erzählte stets gerundet, in und aus sich verständlich und sinnvoll".
Zuerst also muss die Bildebene verstanden sein, ehe der Übertragungsprozess
vorgenommen wird. Das heißt allerdings nicht, dass sich im Laufe der
Rezeption, insbesondere bei einem kompetenten Leser die Verstehensprozesse
nicht auf beiden Ebenen abspielen können. Im Gegenteil: Anzunehmen ist, dass sie
sich in einem solchen Fall gegenseitig erheblich beeinflussen.
Wird die Übertragung nicht vorgenommen, bleibt im Allgemeinen
aber keine in sich sinnvolle Struktur erhalten. Insofern kann man auch sagen,
dass sich die Allegorie "an Eingeweihte, Wissende" (Best
1973, S. 190f.) richtet. Man muss den "allegorischen Code" kennen
und
ein ausgeprägtes Textmusterwissen besitzen, das in institutionellen und
nicht-institutionellen Lernprozessen erworben sein will.
Das zu betonen ist
wichtig, weil auch der Sinn einer Parabel keine Textqualität darstellt,
sondern Ergebnis kognitiver Prozesse des rezipierenden Subjekts, des Lesers,
ist.