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Text und Stil

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In einer von »Singularisierung geprägten Gesellschaft, deren Institutionen ebenso wie ihre Mitglieder nicht mehr nach dem Allgemeinen, dem Standardisierten und Regulierten streben, sondern an das Besondere, das Einzigartige, das Singuläre ihre Hoffnungen heften und daran ihre Interessen und Anstrengungen ausrichten, erhalten Stilfragen immer mehr Gewicht. (vgl. Reckwitz 2019, S.7) Die Ausbildung eines das ganze persönliche Leben kennzeichnenden individuellen Stils wird unter dem Aspekt der Singularisierung damit zum Zielpunkt eines nur dann angeblich glückenden Lebens.

Es geht, wie auf einer einschlägigen, zufällig ausgewählten Internetseite eines »Lifestyle-Magazins, zu lesen ist, darum "seine eigene Persönlichkeit und Kreativität in den Vordergrund zu bringen. Mut zum eigenen Stil heißt mit Selbstbewusstsein durch den Tag zu laufen und stolz zu sagen: *Hey, das bin ich!'"

Dass wir in unserer Alltagskommunikation ohne Weiteres in zahlreichen Zusammenhängen von Stil sprechen und uns über Stile verständigen können, ist nicht so selbstverständlich, wie dies in der Praxis aussieht.

Wir sprechen von Lebensstil, Kleidungsstil, Kommunikationsstil, Fahrstil, Schreibstil, Telegrammstil, Argumentationsstil, dem Stil sich zu kleiden, Führungsstil, schlechtem und gutem Stil, altmodischem und modernem Stil, Musikstil, Unterrichtsstil, persönlichem Stil oder Amtsstil, essayistischem Stil u. v. m. Und natürlich haben wir dabei meistens eine mehr oder weniger genau bestimmte Vorstellung davon, was wir darunter verstehen.

So können wir einen im sogenannten "Amtsdeutsch" bzw. in einem unpersönlichen Amtsstil verfasste Briefe, bei denen sich die Verfasser gern "hinter Bezeichnungen wie 'dieses Amt' oder 'das Gericht'  (verstecken)" sehr wohl von einem Bürgernähe ausstrahlenden ▪ offiziellen Brief einer Behörde unterscheiden, bei dem die jeweiligen Verfasserinnen und Verfasser der Schreiben persönlich erkennbar sind. (vgl. Fingerzeige für die Gesetzes- und Amtssprache 111998, S.65)

Im Allgemeinen können wir Texte, die dienstlich oder privat, wissenschaftlich oder populärwissenschaftlich, witzig, ironisch, satirisch oder von neutralem Ernst getragen, religiös oder politisch, dogmatisch oder liberal, poetisch oder nichtpoetisch usw. verfasst sind (vgl. Hoffmann 2017, S.8), ganz gut unterscheiden und, entsprechende Erfahrungen im Umgang damit vorausgesetzt, können wir die Botschaft, die solche Gestaltungsalternativen senden, auch verstehen: Wir wissen  also "– bildlich formuliert – um verschiedene Farben, in die Texte getaucht werden können." (ebd.) Dabei ist Stil nicht immer auf umfangreichere Textganzheiten bezogen, sondern kann ebenso gut auch einzelne Textbausteine wie die Prozedurausdrücke von ▪ Textprozeduren, Teiltexte oder einzelne Textpassagen. (vgl. ebd., S.230)


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Damit sprachliche Kommunikation im Sinne der Absichten, die ein Sprecher oder Textproduzent verfolgt, gelingen kann, kommt es immer darauf an "den richtigen Ton" zu treffen. Wer sich "im Ton vergreift", das weiß jeder/jede aus Erfahrung, gefährdet dabei in hohem Maße den Erfolg des Kommunikationsaktes, und zwar selbst dann, wenn der Adressat oder Rezipient der sprachlichen Äußerung dem Kommunikationsziel gegenüber von der Sache her durchaus gewogen ist. (vgl. Heinemann/Viehweger 1991, S.256) Indem sich "mit unterschiedlichen Stilformen unterschiedliche soziale Tonlagen zwischen den Kommunikationsteilnehmern herstellen lassen" (Hoffmann 2017, S.309), können die Äußerungen an die jeweilige soziale Kommunikationssituation angepasst werden.

Mit dem "richtigen sozialen Ton" befassen sich dabei ganz unterschiedliche Gruppen und Wissenschaften, von denen hier nur drei herausgegriffen werden:

  • Mit dem Anspruch, "Lebenshilfe" mit einem guten deutschen Sprachstil zu geben, konkurrieren eine Vielzahl von Stilratgeberinnen und -ratgeber auf dem Bücher- und Medienmarkt, die zum Teil mit recht allgemein gehaltenen, mehr oder weniger hilfreichen Stilregeln für das Formulieren aufwarten, um z. B. die eigenen Formulierungen darauf zu überprüfen, ob jedes gewählte Wort nötig, treffend und/oder am richtigen Platz ist. Oft werden aber auch Stilregeln präsentiert, die Formulierungen ohne Rücksicht auf ihr konkretes textkommunikatives Umfeld als Fehlleistung abtun oder mit Auszügen aus poetischen Texten verglichen, die als Beispiele für stilistisch vorbildhaftes Formulieren dienen, ohne zu bedenken, dass sich ohne großen Aufwand  auch poetische Textpassagen finden ließen, die dann eben auch als Verstöße gegen Regeln eines guten Stils angesehen werden müssten, weil sie, wie einer dieser »"Sprachpäpste"( »Wolf Schneider (*1925), der sich mit zahlreichen Veröffentlichungen einen Namen gemacht hat, in seiner »"Stilkunde Deutsch in 20 Lektionen" (»Die Zeit, Nr. 20/2012, Beilage, 8–31, online-Version) betont, "garstige Nominalkonstruktionen", "ausgeleierte Redensarten", "erkünstelte, überlange Substantive, vorzugweise solche, die mit -ung enden"  oder "vermaledeite vorangestellte Attribute" enthalten. (vgl. Hoffmann 2017, S19)

Wenn in der Textlinguistik im Zusammenhang mit Stil vom "richtigen Ton" die Rede ist, dann ist gemeint, wie es uns in der sprachlichen/textlichen Kommunikation gelingt, zur Ausfüllung der bei der Textproduktion konzipierten Textstrukturen bestimmte sprachliche Einheiten und Konstruktionen aus der Menge sprachlicher Varianten, die uns dafür zur Verfügung stehen, auszuwählen und diese zu aktivieren. Sprechen wir in diesem Zusammenhang, davon, dass der Ton die Musik macht, dann meinen wir damit den Stil als "Träger von pragmatischen Informationen, die durch die Art der sprachlichen Formulierung vermittelt werden." vgl. Heinemann/Viehweger 1991, S.257)

Dabei ist uns dieser Vorgang, mit dem wir "quasi nebenbei" den von Wort- und Satzsemantik vorgegebenen Bedeutungsrahmen anreichern und erweitern, bewusst oder unbewusst.

In der ▪ rhetorischen Tradition der Antike drehte es sich bei der Beschäftigung mit Stilistischem stets um die ▪ Angemessenheit eines sprachlichen Ausdrucks im rhetorischen Sprachgebrauch. Stilfragen waren Fragen, die vor allem mit der sprachlichen Gestaltung der Rede zu tun hatten.

Es war »Aristoteles (384-322), der bei der »Herstellung einer wirkungsvollen Rede besonderen Wert auf die Ordnung und Formulierung der Gedanken legte, also auf die Gliederung des Vortrages (dispositio) und den ▪ Redeschmuck (elocutio), also die sprachliche Gestaltung. Was die Stilqualitäten der Rede betraf, so hat er wie auch andere neben ihm, vier Stilqualitäten als besonders wichtig betrachtet: grammatische Korrektheit, Klarheit, Angemessenheit und Schönheit der Rede. (vgl. Sowinksi 1978, S.17)

Im Deutschen geht der Begriff des Stils auf das lateinische Wort stilus zurück, das Schreibgerät bzw. »Griffel bedeutet. Im übertragenen Sinn wird der Begriff seit dem 15. Jahrhundert in der Bedeutung Schreibart verwendet.

Ab dem 18. Jahrhundert verliert die antike rhetorische Tradition bei der Beschäftigung mit Stilfragen im Zusammenhang "mit dem nun aufkommenden Interesse sowohl am Individuellen als auch am historisch Charakteristischen bei der Beschäftigung mit Kunst und Literatur" (Anderegg 22006, S.375) zusehends an Bedeutung. Statt Rhetorik-Lehrbücher zu studieren, richtete man sein Interesse auf den individuellen Stil und beschäftigte sich mit der Schreibart. Es dauert aber seine Zeit, bis sich "der neue Gedanke der Subjektivität des Stils, seiner Prägung durch die Persönlichkeit des Autors" (Sowinksi 1978, S.23) wirklich durchsetzte.

Literaturwissenschaft und Stil

Im 20. Jahrhundert zeichnete sich die Stilistik im Anschluss an die »positivistische Neuorientierung der Literaturwissenschaft durch »Wilhelm Scherer (1841-1886), der selbst allerdings keine eigene Stilistik verfasst hat,  durch eine "große Richtungsvielfalt" (ebd., S.26) aus. Ihre maßgeblichen Richtungen in ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts folgten

Nach den 1950er Jahren glaubte man in der älteren Literaturwissenschaft bis zu den 1970er Jahren vor allem im Rahmen der ▪ hermeneutisch orientierten Werkinterpretation im Stil "nicht nur das Eigen- und Einzigartige eines Werkes fassen zu können, sondern auch das, was das Werk zum Kunstwerk macht." (Anderegg 22006, S.374) Unter diesem Blickwinkel wird Stil als "nicht etwas vom künstlerischen Text Ablösbares" (Sowinksi 1978, S.31) verstanden und kann "daher auch nur insgesamt in der Interpretation, dem hermeneutischen Zirkel gemäß, in der wechselseitigen Zusammenschau des Ganzen mit den Teilen erfasst werden, wobei vom ersten Eindruck, vom einfachen Gefühl, ausgegangen werden kann, das in der Interpretation verifiziert werden muss." (ebd.)

In der modernen Literaturwissenschaft ist der Begriff des Stils, nachdem man sich eine Weile lang ziemlich erfolglos bemühte zu einer einheitlichen Definition zu gelangen, heute vor allem im Kontext fächerübergreifender vergleichender kulturell orientierter Ansätze von Bedeutung.

Die Literaturwissenschaft folgt heute im Allgemeinen einem ▪ weiten Stilbegriff. Wenn von Stil die Rede ist, dann geht es um "die Art und Weise des Sprachgebrauchs" (ebd., S.375), was sehr weit gefasst bedeutet, dass damit alle gestalterischen Möglichkeiten in Texten eingeschlossen sind.

Die Stilkonzeption, die dieser Auffassung zugrunde liegt, versteht sich als "integrative Stiltheorie" (Spillner 1996, S.246). Danach wird Stil "als das Resultat aus der Auswahl des Autors aus den konkurrierenden Möglichkeiten des Sprachsystems und der Rekonstituierung durch den textrezipierenden Leser/Hörer (aufgefasst)" (ebd.). Nur im Wechselspiel zwischen den in den Text encodierten Auswahlentscheidungen des Autors, wie er seinen Text sprachlich-stilistisch gestalten will und den Reaktionen des Lesers darauf, entstehen überhaupt Stileffekte. Das schließt dementsprechend auch ein, dass "im Text kodierte virtuelle Stilelemente bei der Lektüre nicht bemerkt und somit nicht als Stil rekonstruiert werden." (ebd., S.247).

Dabei richtet sich das Interesse "auf das, was im Vielfältigen eines Textkorpus in charakteristischer Weise gleich bleibt oder wiederkehrt." (ebd., S.375) Nach dieser Betrachtung manifestiert sich im Stil eine Zusammengehörigkeit von Textteilen oder Texten, die "sich in der Art von wiederkehrenden Mustern" (ebd.) zeigt. Stil kann dabei stets als eine durch Abstraktion zustande gekommene Zusammenfassung aufgefasst werden, die sich auf Prinzipielles ausrichtet. Dies wird z. B. deutlich, wenn vom spielerisch-bewegten und leichten Rokokostil gesprochen wird.

Stil in der Textlinguistik

In der ▪ Textlinguistik gibt es keinen einheitlichen Stilbegriff und was darunter verstanden wird, hängt von den verschiedenen linguistischen Theorieansätzen ab.

Michael Hoffmann (2017, S.249) geht nach reflektierten Überlegungen von der folgenden zeichentheoretisch fundierten Definition aus, die auch die Kategorie des Textes impliziert: "Stil ist ein kultur- und kontextbezogenes, ganzheitliches Zeichen im Text mit pragmatischen und/oder ästhetischen Bedeutungen, das durch den Vollzug von Gestaltungsakten musterbasiert hervorgebracht wird und interpretierbar ist im Hinblick auf gestalterische Prinzipien, Ideen, Motive u.a.m. "

Generell dürfte die "textkonstitutive Funktion des Stils", d. h. die Tatsache, "dass Stil an den Text gebunden ist, dass es ihn nur im Textzusammenhang gibt und sprachliche Mittel außerhalb des Textes stilistisch nicht eingeordnet und bewertet werden können." (Fix 2008, S. 28) wohl allgemeiner Konsens sein.

Die Prager Schule der Funktionalstilistik (Fleischer/Michel 1975, Fleischer u. a. 1993) versteht den Stil "als ein durch außersprachliche Gegebenheiten bestimmtes Phänomen" und als "eine sich erst im Text herausbildende Ganzheit" (ebd., S. 28f.). Zu den von ihr identifizierten funktionalstilistischen Systemen einer bestimmten Nationalsprache gehören z. B. der Konversationsstil, die Alltagssprache, die Wissenschaftssprache und die Sprache der Poesie. (vgl. Spillner 1996, S.240).

Die Stilanalyse umfasst dabei Stilelemente als kleinste Einheiten, die einen konstitutiven Beitrag zum Stil des gesamten Textes leisten, Stilzüge, die zwischen dem Textganzen und den einzelnen Stilelementen 'vermitteln' und sich durch den ganzen Text in prägender Art und Weise durchziehen (z. B. "anschaulich, bildlhaft, locker, knapp, sachlich" sowie das Stilganze, das von diesen, meist in Kombination mehrerer Stilzüge als spezifische Textqualität konstituiert wird. (vgl. Fleischer/Michel 1975, Fleischer u. a. 1993, S. 29)

Die pragmatisch-textlinguistische Stilistik (Sandig 1986, 22006), für die der Textbezug unerlässlich und  der weite Begriff des Stils typisch sind, wird der Stil mit dem Ansatz einer pragmatisch verstandenen Text- und Textmusterlinguistik, Zügen der ethnomethodologischen Konversationsanalyse und der Kognitionstheorie mit der Prototypentheorie als Metatheorie, sowie der Gestalt- und Natürlichkeitstheorie erfasst (Sandig 22006, S.5). Diese Kombination verschiedener Theorieansätze kennzeichnet die von Sandig vertretene "ganzheitliche, holistische Stilistik" (ebd., S.4), die nicht die Typisierung und Systematisierung von Stilelementen anstrebt, sondern Stilelemente bzw. Stiltypen stets "in größeren funktionalen Zusammenhängen" (ebd.) betrachten will.

Für die pragmatisch orientierte Text- und Textmusterstilistik, wie sie vor allem »Barbara Sandig (1939-2013) (22006, S.3) vertritt, ist der Stil "Bestandteil von Texten, er ist die Art, wie Texte zu bestimmten kommunikativen Texten gestaltet sind." So stehen sich Text und Stil auch nicht wirklich gegenüber, zwischen beiden gibt es "vielmehr nur ein Ineinander: Stil ist ein integraler Bestandteil von Texten – ein Textualitätsmerkmal. Wer Texte produziert, stellt immer zugleich auch Stil her. Stil wird Texten nicht hinzugefügt." (Hoffmann 2017, S.8)

Anders als z. B. bei sprachlichen Varietäten wie z. B. Dialekte oder Soziolekte, kann der Stil frei gewählt werden. Das bedeutet, dass überall da, wo wir zwischen verschiedenen Alternativen wählen können, um unsere kommunikativen Ziele zu ereichen, "Stil im Spiel (ist)". Die möglichen Alternativen sind oft sehr vielfältig und können "von Eigenschaften des Wortgebrauchs und der neuen Rechtschreibung (Kuss gegenüber Kuß ...) bis zur gesamten Gestaltung von Texten (reichen)." (Sandig 22006, S.2)

Dem weiten Stilbegriff, der sämtliche "für die Textkonstitution relevanten Auswahlentscheidungen als 'stilistisch'" (Heinemann/Viehweger 1991, S.258) einstuft (z. B. Prozesse, die zur Auswahl von strategischen Planungs- und Strukturierungsentscheidungen, von bestimmten Strukturen des Textaufbaus und des jeweiligen Sachverhaltes sowie der Text-Themen-Entfaltung gehören) und besagt, dass "alles, was auf der Textoberfläche umgesetzt wird, (...) Stilprinzipien (folgt), die für den gesamten Text gelten" (Fix 2008, S.31), wird aber auch ein engerer Stilbegriff entgegengestellt.

Der  engere Stilbegriff  beschränkt das Stilistische "ausschließlich auf die Formulierungskomponente, also die gewählte sprachliche Realisierungsvariante" (Heinemann/Viehweger 1991, S.258) und hebt damit "die Formulierungsphase in ihrer relativen Eigenständigkeit aus der Gesamtheit von strategischen Entscheidungsprozessen bei der Textproduktion" (ebd.) heraus.

Hier wird dem weiten Stilbegriff gefolgt und zugleich der Vorstellung, dass Stil eine Auswahl von bestimmten ▪ textstilistischen Handlungsmustern darstellt, die "ihr Potenzial erst im jeweiligen textuellen Rahmen, nämlich dem sozialen Sinn des Textmusters, relativ zum Thema und im Rahmen der übrigen kommunikativen Gegebenheiten (entfalten)". (Sandig 22006, S.145) Dieser Stilbegriff bedeutet daher auch, "dass Textsortenstile einbezogen und vollständige Stilinterpretationen ganzer Texte vor dem Hintergrund ihres gesellschaftlichen Handlungsbereichs vorgenommen werden." (Fix 2008, S.29) Zugleich wird neben der grundlegenden Annahme, dass sich Text und Stil gegenseitig bedingen, davon ausgegangen, dass sich die Textmusterbezogenheit eines Textes und vor allem die ▪ Textfunktion ohne einen einheitlichen Stil nicht präzise erkennen lassen.

Das ist darauf zurückzuführen, dass ▪ kommunikative Handlungen mit stilistischem Sinn DURCHGEFÜHRT werden. Im Zuge der "Textherstellungshandlung" (Sandig 22006, S.149) des DURCHFÜHRENS, die "als Nebenhandlung die eigentliche Handlung mit ihrer Textfunktion, ihrem sozialen Sinn begleitet" (ebd.) und dabei die Textfunktion mit stilistischem Sinn anreichert, wird die Handlung insgesamt komplexer gemacht, als solche unterstützt und damit im Hinblick auf das Erreichen ihrer kommunikativen Ziele optimiert. (vgl. ebd.)

Im ▪ textfunktionalen, sprechakttheoretisch fundierten Modell von »Klaus Brinker (1938-2006) (92018, S.97-132) kann ein Textproduzent Einstellungen und Wertungen zum Textinhalt und/oder Textthema explizit oder implizit, mit verschiedenen sprachlichen Formen und Strukturen zum Ausdruck bringen. Brinker spricht hier von ▪ thematischen Einstellungen und trägt damit der Tatsache in gewisser Rechnung, das ein Textproduzent "'quasi nebenbei' (Püschel 1983, 109) [...] mit der Textformulierung auch seine Einstellung zu den vorgetragenen Sachverhalten ausdrücken (kann)" (Heinemann/Viehweger 1991, S.255). Dass Stil Bedeutung hat und Sinn vermittelt, wird in ▪ Brinkers integrativem Modell der Textanalyse nicht als gesondertes Phänomen betrachtet und erfasst.

Von den dafür existierenden Möglichkeiten ist nach Brinkers Ansicht die ▪ evaluative (= wertende) Einstellung (etwas gut/schlecht finden) für die textanalytische Betrachtung und als zentrale Kategorie zur Analyse von textuellen Bewertungen besonders wichtig, zumal sie auch in anderen Formen der interessenbezogenen Einstellung oder auch bei Einstellungen, die den Gefühlszustand ausdrücken (emotive Einstellungen) implizit vorkommen.

Sandig (22006, S.248ff.) sieht im ▪ Bewerten ein komplexes ▪ textstilistisches Handlungsmuster, in das "einfachere Muster integriert sein können", z.B. Intensivieren und emotionalisieren. emotionalisieren stellt dabei "ein 'gesteigertes' Bewerten" (ebd.,S.249) dar, indem es das "'Erleben' des Bewertens (ein)schließt" (ebd.,) und beide "dem Ausdrücken von Einstellungen/Haltungen (dienen)" (ebd.,S.250)

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Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 09.01.2024

 
 

 
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