Die ▪
Schreibaufgabe,
die beim ▪ materialgestützten Erörtern
gestellt wird, kann auch eine selbständige
Informationsrecherche und die Dossiererstellung umfassen. In einem
solchen Falle handelt es sich um ▪ eine zwei- bzw.
mehrteilige Aufgabenstellung. Das
Dossier bzw.
Kompendium, das dabei
erstellt wird, ist ein freies Dossier.
Unter gewissen
Aspekten, insbesondere bei der Auswahl von Texten und
Materialien, ähnelt der Prozess zur Erstellung eines freien
Dossiers bestimmten ▪ Typen
bei der Portfolioarbeit. Im Gegensatz zu diesen geht es bei dieser Form
der materialgestützten Erörterung aber nicht um die Dokumentation eines
Lernprozesses mit entsprechender Gewichtung der
▪
Selbstbeurteilung,
sondern um die Schaffung einer soliden Wissensbasis für eine
bestimmte Schreibaufgabe. (▪
Methodisch-didaktische Aspekte
beim materialgestützten Erörtern)
Ein Dossier bzw. Kompendium sollte eine
Auswahl unterschiedlicher
kontinuierlicher
und diskontinuierlicher Texte zu einem bestimmten Thema bzw. einer
bestimmten Fragestellung zu einem Thema enthalten.
Die Anzahl der Texte ist
dabei nicht festgelegt und hängt natürlich von unterschiedlichen Aspekten
ab.
Maßgebliches Kriterium für die Menge der im Dossier zusammengefassten
Texte ist, ob die Gesamtheit der Texte und Materialien das Thema oder die
Fragestellung zu einem Thema ergiebige Informationen liefern und
unterschiedliche Perspektiven auf das Thema ermöglichen, die Grundlage und
ggf. Ausgangspunkt der eigenen Argumentation werden könnten.
Je nach
Altersstufe wird man darüber hinaus darauf zu achten haben, dass die
verwendeten Texte das Thema hinreichend komplex und anspruchsvoll behandeln,
so dass die eigenen Ausführungen sich an dem inhaltlichen Niveau der
Dossiertexte orientieren können.
Wenn Angaben zur Anzahl der in einem freien Dossier/Kompendium gemacht
werden, sollten sie stets einen quantitativen Rahmen vorgeben, der noch
genügend inhaltlichen Freiraum lässt. Dabei empfiehlt sich allerdings eine
Vorgabe zu der Art und Anzahl der Texte und Materialien zu machen, die im
Dossier vorkommen sollten.
Je nach Thema könnte z. B. bei einer allgemeinen Rahmenvorgabe von 9 bis 12
Texten und Materialien, folgende Vorgaben zur Zusammenstellung des freien
Dossiers gemacht werden. So könnte es z. B. enthalten:
-
mindestens
eine, höchstens 2 ▪
Infografiken
(▪
Prinzipdarstellungen,
▪
Kartographische Infografiken,
▪
Bildstatistiken)
-
mindestens eine tabellarische
Statistik
-
mindestens 3, höchstens 5
Texte mit überwiegend informativer Funktion, darunter
-
höchstens 1 Artikel aus
einer Online-Enzyklopädie wie Wikipedia
-
darunter 1 Artikel aus
einem allgemein zugänglichen Presseerzeugnis (Artikel,
Bericht,
Reportage)
-
mindestens 1 Interview mit
einem Experten/einer Expertin zum Thema
-
mindestens 2 diskursiv
angelegte Texte mit überwiegend kommentierender Funktion (z. B.
journalistische Texte wie
Kommentar, Leitartikel,
Glosse)
Selbstverständlich sind dies nur Empfehlungen, die sich nicht auf jedes
Thema in der gleichen Art und Weise anwenden lassen. Die Vorgabe bestimmter
Anforderungen sorgt jedoch dafür, dass das Dossier/Kompendium seine
Funktion, nämlich Bereitstellung von Wissen, das in die eigene Erörterung
einfließen soll, entsprechend erfüllen kann.
Und: Natürlich kann bei entsprechender Leistungsstärke von Schülerinnen und
Schülern und entsprechender Erfahrung mit dieser Schreibaufgabe auch die
Erstellung eines freien Dossiers in die eigene Verantwortung der
Schülerinnen und Schüler übergehen.
In jedem Fall
empfiehlt es sich für Lehrkräfte und Schüler sich möglichst
genau zu verständigen. Im prozessorientierten Schreibunterricht
könnten dabei auch die Auswahlentscheidungen, die Schülerinnen
und Schüler fällen müssen, um ihr Dossier zusammenzustellen,
Gegenstand der Schreibberatung sein, die die Lehrkraft den
Schülerinnen und Schülern zur Bewältigung der Schreibaufgabe
anbietet. Dazu empfiehlt sich z. B. das Verfahren der ▪
Lehrer-Schüler-Schreibkonferenz
(Teacher-student Writing Conderence)
Die Erstellung eines Dossiers/Kompendiums im Rahmen thematischer Projekte
muss dabei keineswegs immer als zusammenfassende Schreibaufgabe erfolgen, an
dessen Ende die schriftliche Abfassung einer Erörterung auf der Basis
verschiedener Textmuster stehen muss.
Insbesondere ▪
im Rahmen thematischer Projekte
lässt sich diese Teilhandlung im Rahmen materialgestützten Erörterns immer
wieder sinnvoll ausgliedern und mit unterschiedlichen Aufgaben verknüpfen,
z. B. Erarbeitung von Textmustermusterwissen, Übungen zum mündlichen
Argumentieren, unterschiedliche Formen der Textarbeit zur inhaltlichen und
gedanklichen Erfassung von Texten.
Auf diese Weise könnten die Schülerinnen
und Schüler wichtige Kompetenzen erwerben, die auch im Rahmen einer
umfassenden mehrteiligen Schreibaufgabe mit vorgelagerter Recherche und
Dossier- bzw. Kompendiumserstellung unverzichtbar sind. Aufgaben, welche die
Informationsrecherche z. B. im Internet an bestimmte Textmuster bindet,
können dabei die freie Dossier- bzw. Kompendiumsarbeit auf unterschiedlichen
Anforderungsniveaus und in unterschiedlichen Altersstufen vorbereiten.
(vgl. auch:
Abschlussprüfung
im Fach Deutsch an den Realschulen in Baden-Württemberg, →Aufgabentyp
3: Texte lesen, auswerten, schreiben
(Kompendiumaufgabe zu einem Rahmenthema)
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
31.12.2023