Die
▪ materialgestützte Erörterung
ist eine ▪
schulische
Schreibform
des ▪erörternden Schreibens,
die den Schreibenden zur Entlastung des Schreibprozesses grundlegende
Informationen zu dem Thema anbietet, mit dem eine argumentative
Auseinandersetzung erwartet wird.
Was beim ▪
erörternden Schreiben
allgemein gilt, trifft auch für die materialgestützte Erörterung zu. Beim
materialgestützten Erörtern werden
-
Sachverhalte dargestellt,
-
Begriffe voneinander
unterschieden,
-
strittige, oft direkt entgegengesetzte Meinungen
einander gegenübergestellt,
-
Stellungnahmen abgegeben und
Urteile gefällt
1. Problemerörterung, Texterörterung und materialgestützte
Erörterung
Die Unterschiede zwischen der freien Erörterung, der Texterörterung
und der materialgestützten Erörterung beruhen vor allem auf der
unterschiedlichen Schreibaufgabe und den von ihr abgeleiteten Schreibzielen.
Man könnte auch sagen: Alle drei gehen von einer anderen Problemstellung
beim argumentativen Schreiben aus.
-
Bei einer freien Problem- oder Sacherörterung ist das zu zu
erörternde Problem im Thema bzw. der
Themenstellung
mehr oder minder präzise formuliert oder muss mit verschiedenen
Erschließungsverfahren erst präzise herausgearbeitet werden (z. B.
Betrachtung und Erschließung des Themas, Formulierung der
Themafrage). Bei der
▪
Problemerörterung
geht das Erörtern von einem in Frage- oder Aussageform bezeichneten
Problem aus. Manchmal stellt auch ein Zitat den Ausgangspunkt einer freien
Erörterung dar. Diese Form der Erörterung wird auch freie oder
textungebundene Erörterung genannt. Früher sprach man auch vom
Besinnungsaufsatz.
Sie kommt als freie Problem- oder als freie
Sacherörterung
vor.
-
Die ▪
Texterörterung geht im Unterschied dazu von
in der Regel einem einzigen vorgegebenen
Text aus, der mit den Methoden des
untersuchenden Erschließens inhaltlich erfasst und in seinem gedanklichen und argumentativen Aufbau
beschrieben werden muss, ehe Aussagen des Textes
textimmanent und/oder
texttranszendierend erörtert werden. Die
Texterörterung wird auch textgebundene Erörterung genannt.
Hier geht es also stets um die
kritische Auseinandersetzung mit einem bestimmten Text bzw. von
Aussagen in einem Text. Dabei nimmt sie ausdrücklich Bezug auf die
Argumentation in
einem vorliegenden Text und setzt sich mit deren Wahrheit bzw.
Schlüssigkeit
etc. auseinander.
-
Die ▪
materialgestützte
Erörterung ist eine Form des Erörterns bzw. des
argumentativen Schreibens, die den
Schreibprozess
durch die Vorgabe einer Auswahl
kontinuierlicher und/oder
diskontinuierlicher Texte entlastet, indem sie den Schreibenden
Informationen und ggf. kontroverse Standpunkte zu einem bestimmten Thema
anbietet. Die Textauswahl bewegt sich in einem festgelegten Rahmen
innerhalb dessen sich, orientiert an den in den Texten gegebenen
Informationen, eine Auseinandersetzung mit dem Thema in
unterschiedlichen Formen erörternden Schreibens bewegen soll. Sie kann
auf der Grundlage eines vorgegebenen Dossiers solcher Texte erfolgen
oder in einem offener angelegten
Schreibprozess
die Zusammenstellung eines derartigen
Dossiers, eine
Kompendiums bzw.
einer Textauswahl im Rahmen einer komplexeren
Schreibaufgabe
vorsehen.

2. Materialgestütztes Erörtern in freieren Formen des Erörterns
Materialgestütztes Erörtern wird häufig mit den so genannten freieren
Formen der Erörterung verbunden, zu denen z. B.
Glosse,
Essay,
Kommentar oder die
Rede oder der
Redebeitrag zählen.
Dabei ist eine solche Orientierung an
journalistischen Darstellungsformen nicht zwingend. Und wirklich
überwunden wird damit das vielfach beklagte textmusterkonforme Schreiben im
Stil des traditionellen Erörterungsaufsatzes schließlich auch nicht.
So ist materialgestütztes Erörtern also durchaus noch als herkömmlicher
Erörterungsaufsatz üblich, wie ein
▪
Beispiel aus Bayern (Abiturprüfung 2011) zeigt. Dann wird im Unterschied
zur Themenstellung als freie Erörterung einfach der Hinweis "unter
Berücksichtigung der beigefügten Materialien" zur Schreibaufgabe
hinzugefügt, der auf die vorgelegte Materialauswahl verweist. Hat man damit
das Manko mangelnden thematischen Wissens der Schülerinnen und Schüler im
Blick, verharrt man aber doch in der traditionellen Kommunikationssituation
und zielt auf einen
epistemisch-heuristischen, selbstreflexiv angelegten →Schreibprozess,
in dem das schriftliche Erörtern zum "Lernmedium" werden soll, auch wenn das
unter den Bedingungen der
bewertend- prüfenden Beurteilung (Benotung)
in der Schule nicht eben wirklich Erfolg zu versprechen scheint. (vgl. Fix
2006/2008, S.104f.).
Freiere Formen der Erörterung, z. B. Glosse,
Kommentar,
kommentierendem Leserbrief, Redebeitrag oder
Essay (vgl. u.
a. ISB (Hg.) 2010,
Bd. 1, S.141-243) sollen hier nicht nur der "Schematisierung des erörternden
Schreibens" (Matthießen
2003, S.134) entgegenwirken, sondern sollen auch Schreibhandlungen
evozieren, die wirklich problemlösendem Schreiben nahekommen, indem sie auf
möglichst reale oder der Realität nachempfundene Kommunikationshandlungen
bezogen werden können. Darin liegt, neben der auch stärker subjektiven
Ausrichtung, auch das wirklich Neue an der Einbeziehung der "neuen"
Textmuster, die in gewisser Hinsicht eine Mischform zwischen
erörterndem
Erschließen und gestaltendem Erörtern darstellt.
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
09.11.2022
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