docx-Download
-
pdf-Download
▪
Erstleseeindrücke
▪
Fragenkatalog:
docx -
pdf
• Einen Zugang zu Kafkas Parabeln finden
Franz Kafka, Der Geier
Es war ein Geier, der hackte in meine Füße. Stiefel und Strümpfe hatte
er schon aufgerissen, nun hackte er schon in die Füße selbst. Immer
schlug er zu, flog dann unruhig mehrmals um mich und setzte dann die
Arbeit fort. Es kam ein Herr vorüber, sah ein Weilchen zu und fragte
dann, warum ich den Geier dulde. »Ich bin ja wehrlos«, sagte ich, »er
kam und fing zu hacken an, da wollte ich ihn natürlich wegtreiben,
versuchte ihn sogar zu würgen, aber ein solches Tier hat große Kräfte,
auch wollte er mir schon ins Gesicht springen, da opferte ich lieber die
Füße. Nun sind sie schon fast zerrissen.« »Daß Sie sich so quälen
lassen«, sagte der Herr, »ein Schuß und der Geier ist erledigt.« »Ist
das so?« fragte ich, »und wollen Sie das besorgen?« »Gern«, sagte der
Herr, »ich muß nur nach Hause gehn und mein Gewehr holen. Können Sie
noch eine halbe Stunde warten?« »Das weiß ich nicht«, sagte ich und
stand eine Weile starr vor Schmerz, dann sagte ich: »Bitte, versuchen
Sie es für jeden Fall.« »Gut«, sagte der Herr, »ich werde mich beeilen.«
Der Geier hatte während des Gespräches ruhig zugehört und die Blicke
zwischen mir und dem Herrn wandern lassen. Jetzt sah ich, daß er alles
verstanden hatte, er flog auf, weit beugte er sich zurück, um genug
Schwung zu bekommen und stieß dann wie ein Speerwerfer den Schnabel
durch meinen Mund tief in mich. Zurückfallend fühlte ich befreit, wie er
in meinem alle Tiefen füllenden, alle Ufer überfließenden Blut unrettbar
ertrank.
(Franz Kafka, Sämtliche
Erzählungen,. hg. v. Paul
Raabe, Fischer Taschenbuch 1078, Frankfurt/M. 1970, S.366)
Dieses Werk (Der
Geier, von
Franz Kafka), das durch
Gert Egle gekennzeichnet wurde, unterliegt keinen bekannten urheberrechtlichen Beschränkungen.
▪
Erstleseeindrücke
▪
Fragenkatalog:
docx -
pdf
• Einen Zugang zu Kafkas Parabeln finden
docx-Download
-
pdf-Download
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
11.10.2024
|
|
Arbeitsanregung 1
Textinterpretation)
Interpretieren Sie den Text.
-
Geben Sie den
Inhalt des Textes
wieder, indem Sie von den
(Sprech-)Handlungen
der beiden Personen ausgehen.
-
Analysieren Sie den Text. Berücksichtigen Sie dabei u. a. die in den folgenden Fragen
enthaltenen Aspekte.
-
Welche Situationen durchläuft der Ich-Erzähler in dieser Geschichte?
-
Welche Schlüsselbegriffe im Bildbereich haben eine
offenbar tiefere Bedeutung? Wie könnten diese Begriffe gedeutet werden? (=Konstruktion
eines Sachbereichs)
-
Welche
Erzählperspektive enthält der Text?
-
Welche Rolle spielen
Zeit
und
Raum in dieser Erzählung?
-
Welche Aussage hat Ihrer Ansicht nach der Text?
-
Wie unterstützen sprachliche Mittel der Wortwahl (Semantik) und des
Satzbaus (Syntax) die Aussageabsicht des Textes?
-
Zeigen Sie, um welche
Textsorte es sich bei dem vorliegenden Text
handelt.
-
Fassen
Sie abschließend Ihr Gesamtverständnis des Textes
zusammen, indem Sie
Rückschlüsse auf die dem Text zugrunde liegende Weltsicht Kafkas ziehen. Beziehen Sie dabei die folgende Äußerung mit
ein: "Kafkas durchgehendes Thema, die misslingende Ankunft oder das verfehlte Ziel,
resultiert aus der Grunderfahrung einer ausweglosen Einsamkeit." (F.
Beißner,
Kafka der Dichter, 1983)
|
|