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Zum Vergleich: Modell der epischen
Kommunikation
In ▪
dramatischen Texten wird das Geschehen ohne eine mehr oder
weniger stark konturierte Erzählerfigur, unmittelbar wie man
sagt, vermittelt. Im Gegensatz zur Mittelbarkeit erzählender
Texte funktionieren zahllose dramatische Texte mit ihrer Unmittelbarkeit,
d. h. dass im Allgemeinen weder der
Autor, noch ein von diesem
geschaffener Erzähler, dem Leser bzw. Rezipienten das Geschehen
vermittelt, auswählt oder auch kommentiert.
Man hat in diesem Sinne von der
"Absolutheit" des dramatischen Textes (Peter Szondi)
gesprochen, auch wenn es natürlich auch in dramatischen Texten
nicht nur etliche Möglichkeiten gibt, das illusionierende Spiel zu
durchbrechen und "somit verfremdend in seiner Fiktionalität
bewusst" zu machen. (Pfister
1977, S. 22). Zudem wird die dem idealisierten Modell von
der Absolutheit des zugrundeliegende Vorstellung von einer "unvermittelte(n)
Überlagerung von innerem und äußerem Kommunikationssystem (...)
in der Geschichte des Dramas auf weite Strecken hin nicht
realisiert, sondern es finden sich immer wieder mehr oder
weniger weit gehende Ansätze zur Etablierung eines vermittelnden
Kommunikationssystems, einer Erzählfunktion (K. Hamburger)." (ebd., S.92)
Techniken zur "Episierung" des
dramatischen Textes
Mit "Episierung" des dramatischen
Textes, Pfister verwendet den Begriff selbst mit
Anführungszeichen bezeichnet von
Pfister (1977, S. 103) Tendenzen in dramatischen Texten, mit
denen die "absolute Unverrmitteltheit von innerem und
äußerem Kommunikationssystem im ▪
Idealmodell der dramatischen Kommunikation durchbrochen
werden.
Diese Techniken setzen an
verschiedenen Ebenen und Schichten des dramatischen Textes an
und werden entweder sprachlich oder außersprachlich realisiert.
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Als
auktoriale Episierung, auch bezeichnet als als sog. ▪
auktorialer Nebentext kommen
dabei vor allem drei Techniken in Betracht.
-
Explizite Bühnen-
bzw. Inszenierungsanweisungen, die als "literarisch-durchgeformte,
narrativ-deskriptive Text(e)", das nachfolgende dramatische
Geschen "bereits unter eine interpretierende Perspektive
stell(en)" (ebd.,
S. 107)
-
epische
Kommentierungen des dargestellten Spiels durch Projektionen,
Spruchbänder, Szenentitel etc
-
Anwendung der
Montagetechnik bei der dramatischen Präsentation durch
Rückblenden, Einblendungen von Gleichzeitigem oder
Zukünftigem;
Die
Episierung
durch spielexterne Figuren wird realisiert durch
Prologe oder
Epiloge, die z.
B. von anonymen Sprechern,
allegorischen
Personifikationen, Göttern, einem außerhalb der Spielebene
stehenden Chor oder auch als auktoriale Selbststilisierung
vorgetragen werden.
Bei der Episierung
durch spielinterne Figuren werden
Prologe und
Epiloge von
Spielfiguren, einen mithandelnden Chor präsentiert, ebenso Songs
(z. B. im epischen Theater Bertolt Brechts) vorgetragen.
Schauspieler fallen aus ihrer Rolle (ex persona),
praktizieren das
Beiseite-Sprechen (ad spectatores), sie "erzählen" oder
berichten in bestimmten narrativen Repliken ein Geschehen wie z.
B. beim
Botenbericht oder bei
Expositionserzählungen.
Pointierte Anachronismen,
die auf die Aktualität des Publikums Bezug nehmen und mit ihrer
komischen Unangemessenheit durchbrechen die dramatische
Fiktion. Sentenzen
sind über das dargestellte Spiel hinaus direkt an das Publikum
adressiert.
Außersprachliche
Episierungen zeigen sich z. B. in bestimmten
Schauspielerstilen, die das Darstellen einer
Rollendistanz verlangen und damit
die Vermittlungsfunktion der Figur demonstrieren. Auch Bertolt
Brechts Gestus des Zeigensgeht
in diese Richtung ebenso wie das Bloßlegen des theatralischen
Apparates durch das illusiondurchbrechende Zeigen der Kulissen
als Kulissen, der Requisiten als Requisiten und den Umbau des
Bühnenbildes auf offener Bühne
Was der dramatische Text durch den "Ausfall" des
vermittelnden Kommunikationssystems, also den Verzicht auf einen
Erzähler, verliert, macht der ▪ plurimediale
dramatische Text allerdings, zumindest zum Teil, mit seiner ▪
Vielzahl von Codes und Kanälen wett, mit
der über das unmittelbare dramatische Textsubstrat Informationen
vergeben werden. Die verschiedenen Tendenzen zur Episierung des Dramas stellen aber,
so
Pfister (1977, S.22), die dem obigen Modell zugrunde liegende
"Normalform des dramatischen Kommunikationsmodells (...) nicht als
grundlegendes Prinzip in Frage."
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Zum Vergleich: Modell der epischen
Kommunikation
Gert Egle. zuletzt bearbeitet am:
19.12.2023
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