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Zum Vergleich: Modell der epischen
Kommunikation
In ▪
dramatischen Texten wird das Geschehen ohne eine mehr oder
weniger stark konturierte Erzählerfigur, unmittelbar wie man
sagt, vermittelt. Im Gegensatz zur Mittelbarkeit erzählender
Texte funktionieren dramatische Texte mit ihrer Unmittelbarkeit,
d. h. dass im Allgemeinen weder der Autor, noch ein von diesem
geschaffener Erzähler, dem Leser bzw. Rezipienten das Geschehen
vermittelt, auswählt oder auch kommentiert.
Man hat in diesem Sinne von der
"Absolutheit" des dramatischen Textes (Peter Szondi) gesprochen,
auch wenn es natürlich auch in dramatischen Texten etliche
Möglichkeiten gibt, die Unmittelbarkeit des fiktionalen
Geschehens zu durchbrechen, indem man verschiedene ▪
Techniken der Episierung einsetzt.
Kommunikation kann im Zusammenhang mit dramatischen Texten in
vier verschiedenen Sender-Empfänger-Konstellationen stattfinden
als Kommunikation
- zwischen dem Autor und dem Publikum, die als
auktoriale Episierung über Spruchbänder, Projektionen,
Szenentitel, kommentierenden
Nebentext
und Selbststilisierungen des Autors als Erzähler
- zwischen den Darstellern mit dem Publikum, wenn die
Figuren aus der Rolle fallen
- zwischen den dargestellten Figuren und dem Publikum,
wenn das Publikum z. B. beim insbesondere beim
geschlossenen Drama beliebten
Beiseite-Sprechen als Mitwisser in das Spiel einbezogen
wird (vgl.
Pfister 1977, S.192-195)
- zwischen den Figuren untereinander (inneres
Kommunikationssystem)
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Die Kommunikation zwischen
realem Autor
und realem Leser
verläuft bei einem dramatischen Text über ein ineinander verschachteltes,
dadurch einander über- oder untergeordnetes System von zwei bzw. drei
verschiedenen Kommunikationssystemen. (Pfister 1977,
S.20f.)
So wirken das äußere und das innere Kommunikationssystem
zusammen
Im Gegensatz zu den ▪
erzählenden Texten ist die Sprechsituation
bei dramatischen Texten auf einer einzigen werkinternen
Kommunikationsebene angelegt:
-
S(ender)/E(mpfänger)1↔S/E
1)
Im Bereich des inneren Kommunikationssystems
(N1) findet die dialogische Kommunikation zwischen
den fiktiven Figuren eines Dramas statt.
-
Das für
die Kommunikation in erzählenden Texten notwendige vermittelnde
Kommunikationssystem, dargestellt in Klammern als S2 und E2 fällt
bei dramatischen Texten aus weitere werkinterne Kommunikationsebene
weg.
Dazu
kommen die beiden äußeren
Kommunikationssysteme:
-
S3→E3:
Auf Textebene Kommunikation zwischen
abstraktem (=
impliziertem) Autor mit seinem Gegenstück dem
implizierten Leser;
-
S4→E4
Kommunikation des
empirisch, real
oder konkret
genannten Autors (S4) als historische bzw. lebende Person mit dem
tatsächlichen Leser bzw. der prinzipiell unendlichen Anzahl von möglichen
oder schon gewesenen Rezipienten eines Textes (E-4)
Was der dramatische Text durch den "Ausfall" des
vermittelnden Kommunikationssystems, also den Verzicht auf einen
Erzähler, verliert, macht der ▪ plurimediale
dramatische Text allerdings, zumindest zum Teil, mit seiner ▪
Vielzahl von Codes und Kanälen wett, mit
der über das unmittelbare dramatische Textsubstrat Informationen
vergeben werden. Und auch Nebentexte können als Einleitungen fungieren,
wenn sie als Vorwörter fungieren, ausführliche Bühnenanweisungen
beinhalten etc.. Solche und andere Episierungen des Dramas stellen aber,
so
Pfister (1977, S.22), die dem obigen Modell zugrunde liegende
"Normalform des dramatischen Kommunikationsmodells (...) nicht als
grundlegendes Prinzip in Frage."
Insofern ist der dramatische Text nicht allein auf das
beschränkt, was sich im sogenannten inneren Kommunikationssystem
abspielt. Zugleich muss man dann aber auch einräumen, dass das
vermittelnde Kommunikationssystem sich nicht auf die Kommunikation
zwischen Autor und Publikum beschränken lässt. Wie
Asmuth
(62004, S.58) betont, haben eben daran auch die
Akteure Anteil, deren "sinnliche Gegenwart" mache deren Anteil "sogar
stärker oder zumindest unmittelbarer" als den des abwesenden Autors.
Daher ließen sich die an der Kommunikation im dramatischen Texte
beteiligten Akteure auch nicht strikt nur dem inneren oder nur dem
vermittelnden Kommunikationssystem zuordnen. Gerade die Akteure und das
Publikum könnten an beiden System teilhaben.
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Zum Vergleich: Modell der epischen
Kommunikation
Gert Egle. zuletzt bearbeitet am:
19.12.2023
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