Wer einen Text liest bzw. rezipiert, sei es ein ▪
kontinuierlicher oder diskontinuierlicher Text, der ist
eigentlich schon mittendrin. Als Leser*in verarbeitet man
mental, was man liest und erfasst das Geschriebene damit.

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Jede*r weiß allerdings aus Erfahrung, dass diese Texterfassung
unterschiedlich gut und unterschiedlich in die Tiefe geht. Nicht
immer versteht man sofort, was ein Autor oder eine
Autorin
schreibt und manchmal bleibt erstaunlich wenig hängen, wenn man
einen Text gelesen hat.
Das alles ist natürlich ein vielgestaltiger mentaler Prozess,
der hier nicht in Einzelheiten nachgezeichnet werden kann.
Hier
geht es nur darum aufzuzeigen, weshalb die Erfassung eines
Textes für ein vertieftes
Textverständnis und damit für die schulische
Textarbeit
besonders wichtig ist.
Grundsätzlich ist die Abgrenzung der Begriffe wie Texterfassung und
Texterschließung kaum trennscharf vorzunehmen. Dies gilt im Übrigen
auch in der Literaturdidaktik für die Abgrenzung von Erschließen und
Interpretieren. (vgl.
Kepser/Abraham 2005, 42016, S. 240)
Das
untersuchende Erschließen literarischer
und pragmatischer Texte (Sachtexte,
Gebrauchstexte),
aber auch von Medienprodukten, wie es bei ▪
Abiturprüfungen
im Fach Deutsch (EPA 2002)
zugrunde gelegt ist, stellt,
wenn
es ▪
auf literarische Texte angewendet wird, eine sehr ▪
komplexe Schreibaufgabe dar, die umfangreiche Analyse- und
Interpretationsverfahren miteinander kombiniert. Sie stellt ▪
sehr hohe Anforderungen an die jeweiligen Schreiber/-innen.
Wer sie bewältigen will, muss über entsprechende
Sprach-
und Schreibkompetenzen auf allen Gebieten (Zielsetzungskompetenz,
inhaltliche
Kompetenz, Strukturierungskompetenz,
Formulierungskompetenz)
verfügen.
Dieses Konzept der elaborierten Texterschließung geht aber über das
weit hinaus, worum es in diesem
Arbeitsbereich ▪ Texte erfassen
geht.
Hier stehen stattdessen ▪ Arbeitstechniken
im Umgang mit Texten im Mittelpunkt. Mit diesen kann man den ▪ Inhalt, das ▪
Hauptthema
und/oder den ▪ Gedankengang eines ▪
kontinuierlichen oder diskontinuierlichen Textes
herausarbeiten bzw. erfassen und damit zu einem vertiefteren
Textverständnis gelangen. In diesem Kontext verwenden wir die
Begriffe "erfassen" und "erschließen" daher durchaus auch synonym.
Dabei geht es vor allem um ▪
Lese- und Rezeptionsstrategien,
bei denen man die sogenannten ▪
Primär-
von den ▪
Stützstrategien
unterscheiden kann. Auf schulische Schreibformen, die sich auf
die hier vorgestellten Strategien und Arbeitstechniken stützen,
wird immer wieder hingewiesen, sie werden jedoch in eigenen
Arbeitsbereichen zu den entsprechenden Textmustern behandelt (z.
B. bei Schreibaufgaben zur ▪
Textwiedergabe bzw. Zusammenfassung, zu verschiedenen ▪
Formen des erörternden
Schreibens, zur ▪
Textanalyse
oder zur ▪
Interpretation ▪
erzählender, ▪
dramatischer oder ▪
lyrischer Texte.
Zugleich erfolgt die Erfassung oder auch Erschließung der
oben genannten Aspekte von
Texten ohne eine Deutungsabsicht im
hermeneutischen Sinne, auch wenn die Anwendung der hier
vorgestellten Arbeitstechniken in ihrem Ergebnis stets auch an das
erkennende bzw. den Text erfassende Subjekt gebunden ist, es also
einen objektiv feststellbaren Textinhalt per se nicht gibt, sondern
an dessen Stelle plausible Lesarten treten, die mit anderen
kommunizierbar sind.
Wer sich genauer mit dem ▪ Textverstehen
befassen will, findet dabei in dem besonderen Arbeitsbereich
entsprechende Informationen und Materialien.
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
29.08.2020