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Erschließungsverfahren bei der
schulischen Textinterpretation
▪
Überblick
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Einen literarischen Text
untersuchend erschließen
▪ Aufgabentypen
(KMK-Bildungsstandards 2012)
Erschließungsverfahren: Untersuchendes Erschließen
Eine der drei prüfungsrelevanten
Arbeitsformen für die im schriftlichen Abitur im Fach Deutsch
geforderten Leistungen stellt das so genannte untersuchende Erschließen
dar. (vgl.
EPA,
S.16f.) Dabei bezieht sich diese Arbeitsform auf die
Erschließung von literarischen
und pragmatischen Texten (Sachtexte,
Gebrauchstexte),
aber auch von Medienprodukten. Sie wird mit bestimmten
Operationen und Leistungserwartungen
verbunden.
Prozess- und Produktorientierung
Allen drei aufgeführten Erschließungsformen (untersuchendes,
erörterndes und
gestaltendes Erschließen) wird ein "prozessorientiertes
Verständnis des Schreibens (...) auch für die schriftliche
Abiturprüfung" zugrunde gelegt. (ebd.,
Hervorh. d. Verf.)
Aber abgesehen von dem Hinweis auf die bekannte Dreigliedrigkeit des
Schreibprozesses (Planung,
Formulierung, Überarbeitung), die für unverzichtbar erklärt wird, geben die
Einheitlichen Prüfungsanforderungen in
der Abiturprüfung Deutsch (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom
01.12.1989 i. d. F. vom 24.05.2002, S.5) nur zaghafte Hinweise darauf,
wie sich Prozessorientierung beim
Verfassen von
Texten auch unter den Bedingungen einer Prüfungssituation gestaltet
werden kann. So fehlen Hinweise auf die Schreibsituation als auch
darauf, wie
Schreibaufgaben zu gestalten sind, damit
diesem schreibdidaktischen Prinzip mehr auch im schriftlichen Abitur mehr
Gewicht gegeben werden könnte.
Dass der vorgeschaltete Unterricht
prozessorientiertes Schreiben realisieren soll, ist dabei eine andere Sache.
So gibt denn auch einzig der Hinweis auf die Planungsphase, in den
Einheitlichen Prüfungsanforderungen "aspektorientierte Konzeption der
Arbeit" genannt, eine gewisse Richtung an, in die es gehen könnte.
Denn
darin wird ausdrücklich formuliert, dass dieser Teil des
Schreibprozesses
"als Gliederung der Prüfungsklausur vorangestellt werden" könne.
Zugleich
wird man freilich immer sehen müssen, dass sich gerade in einer
Prüfungssituation wie dem schriftlichen Abitur von einigen weiteren prozesshaft verstandenen Überarbeitungstechniken wie Änderungen,
Streichungen und Umstellungen abgesehen (vgl.
Baurmann/Ludwig 1996, S, 18ff.;
Baurmann
(2002/2008, S.88-124) u. U. nur wenige Möglichkeiten auftun, angesichts
der erforderlichen Leistungsbewertung von einem produktorientierten,
textsortenkonformen Schreiben etwas abzurücken. (vgl.
Wildemann 2007,
S.41) und die Textproduktion unter veränderten Bedingungen und unter
Betonung anderer Kompetenzen als einen Problemlöseprozess zu gestalten (vgl.
Merz-Grötsch 2010,
S. 51)
Man wird sehen: Wahrscheinlich wird es nicht nur im Abitur, sondern in
der Ausatz- bzw. Schreibdidaktik im Allgemeinen noch für längere Zeit
"Übergänge" geben, die, wie
Wildemann (2007,
S.41) konstatiert, ein Nebeneinander und Miteinander von produktorientiertem
Textmuster-
und Textsortenwissen auf der einen Seite und prozessorientiertem
Problemlösungs- und Handlungswissen auf der anderen Seite als sinnvoll
erscheinen lassen.
Und selbst andere Trends sind auszumachen: So betont
Steets (2007,
S.53), dass zwar inzwischen eine "stärker ausbalancierte Haltung" zwischen
Produkt- und Prozessorientierung auszumachen sei und man auch weiterhin
grundsätzlich am Prozessgedanken festhalte. Zugleich rückt aber, so betont
sie, " das Endprodukt des Schreibens wieder verstärkt in den Blick. Es
findet sozusagen eine Rückbesinnung darauf statt, dass sich Schreiben immer
im Rahmen von Textarten bewegt,"
Operationen und Leistungen
Für die Bewältigung der besonderen Schreibaufgaben, die sich aus der
gegenseitigen Zuordnung von Erschließungsverfahren und Aufgabenarten in der
schriftlichen Abiturprüfung ergeben, werden bei untersuchenden Erschließen
von Texten folgende "Operationen bzw. Leistungen der Analyse bzw.
Interpretation" (ebd.)
erwartet:
Operationen/Leistungen |
-
Erfassen des
Textes in seinen wesentlichen Elementen und Strukturen
-
Formulierung
der Interpretations- bzw. Analysehypothesen
-
Skizzierung des
Lösungsweges, begründende Auswahl von Untersuchungsaspekten
-
aspektorientierte
Organisation der Textdeutung unter Berücksichtigung des
Wechselbezuges von Textstrukturen, Funktionen und
Intentionen (durch Erfassen zentraler strukturbildender,
genretypischer, syntaktischer, semantischer,
stilistisch-rhetorischer Elemente und ihrer Funktion für das
Textganze)
-
Kontextualisierung: z.B. Entwicklung von
literaturgeschichtlichen, gattungsgeschichtlichen,
geistesgeschichtlichen, biografischen, politisch-sozialen
Bezügen
-
Erkennen und ggf.
Beurteilen des Zusammenhangs von Struktur, Intention und
Wirkung im
Rahmen des historischen und aktuellen Verstehenshorizontes
-
Diskussion von
Wertvorstellungen, die in den Texten enthalten sind
-
literarische
Wertung
-
Entwicklung
geeigneter Argumentationsverfahren
|
Sie gelten für alle Textsorten, auf die sich das Konzept des
untersuchenden Erschließens bezieht. Ergänzende Operationen und Leistungen
werden für das untersuchende Erschließen von pragmatischen Texten
formuliert.
Erschließung literarischer Texte
Von den drei Textsorten, die Gegenstand des untersuchenden Erschließens
sein sollen, wird der Erschließung von literarischen Texten in den
Einheitlichen Prüfungsanforderungen in
der Abiturprüfung Deutsch (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom
01.12.1989 i. d. F. vom 24.05.2002, S.5) (abgekürzt EPA) eine "vorrangige
Bedeutung" zugesprochen. Begründet wird dies mit dem Argument, das
Verstehen literarischer Texte eigne sich als Muster für das Verstehen
überhaupt.

→Textinterpretation:
Der Abiturstandard des untersuchenden Erschließens
Wer einen literarischen Text untersuchend erschließen will,
muss im Hinblick auf die oben aufgelisteten
Operationen und Leistungen bei
seiner Textanalyse und/oder -interpretation
textinterne wie
textexterne Erschließungsverfahren anwenden können.
Bei der
Textinterpretation bedeutet dies beispielsweise, dass sie sich
nicht allein auf die so genannte
(werk-)immanente Betrachtung und Analyse beschränken darf, sondern stets
von einem weiter gefassten Funktionszusammenhang von Struktur, Intention und
Wirkung ausgegangen werden muss. Hinzukommt, dass die verschiedenen Aspekte
der Untersuchung bzw. Interpretation in den Zusammenhang verschiedener
Kontexte zu stellen sind (Kontextualisierung).
Dass darüber hinaus neben einem allgemeinen und fachbezogenen
Orientierungswissen auch "Einsichten in literaturgeschichtliche und
literaturtheoretische Zusammenhänge" (EPA,
S.6, Hervorh. d. Verf.) gefordert ist, sowie ein "ausreichend breite(s)
literarische(es) Hintergrundwissen", das als
literarisches Gattungs-,
Textmuster-
oder Textsortenwissen repräsentiert ist, versteht sich (fast) von selbst.
Erschließung pragmatischer Texte
Im Mittelpunkt des untersuchenden Erschließens von
pragmatischen Texten (Sachtexten,
nicht-literarischen und literarischen
Gebrauchstexten,
literarische Zweckformen) stehen Kompetenzen und Fähigkeiten, mit denen
"Intention, Argumentationsstrategie und -struktur, die Funktion der sprachlichen Mittel und die
Wirkung der Texte
mittels geeigneter Verfahren" (EPA,
S.6, Hervorh. d. Verf.) analysiert und unter bestimmten Aspekten beurteilt
werden können. Dabei wird ein bestimmtes
Textmuster-
oder Textsortenwissen einer ausgewählten Anzahl von
Textsorten
ausdrücklich als Beispiele vorausgesetzt. Diese Textsorten sind:
Zu den für alle Aufgabenarten des untersuchenden Erschließens
dargestellten Operationen und Leistungserwartungen kommen im Hinblick auf
die Analyse pragmatischer Texte hinzu:
Besondere Operationen/Leistungen für die
Analyse pragmatischer Texte |
Besonders wichtig sind:
-
Argumentation auf
Stichhaltigkeit und Schlüssigkeit prüfen
-
Positionen des
Verfassers und Intentionen des Textes aufzeigen
-
Adressaten- und
Situationsbezug darlegen
-
sprachliche und
strukturelle Textphänomene im Hinblick auf Aussage- und
Wirkungsabsicht funktional erläutern
-
Wirkung des
Textes, auch in Bezug zu seiner Wirkungsabsicht, beurteilen,
-
Text in
übergreifende Zusammenhänge (z.B. Sachgebiet, historische
Situation, politische oder soziale Verhältnisse, Bedingungen
der medialen Vermittlung) einordnen.
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(KMK-Bildungsstandards 2012))
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
01.08.2022
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