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Württemberg zur Zeit Herzog Carl Eugens (1728-1793)
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Konkurrenzkampf und Prasserei: Absolutistische Repräsentation
von Macht
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Fürst und Land: Dualistischer
Ständestaat in Württemberg- Verfassung in Württemberg
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Versailles in Schwaben: Ludwigsburg zur Zeit Carl Eugens
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Höfische Festkultur zur Zeit Carl Eugens
Der Antagonismus im dualistischen Ständestaat: Fürst und Land
Fürst und Land ist
ein schon im ▪
Tübinger Vertrag
von 1514 angelegter "Antagonismus", der von diesem
Vertragswerk zugleich aber auch in geordnete Bahnen kanalisiert werden soll.
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Auf der einen Seite der herzogliche Landesherr mit seiner Regierung, dem
Initiative und die Bewältigung landespolitischer Aufgaben allein obliegen.
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Auf der anderen Seite setzt das Recht zur Geld- bzw. Steuerbewilligung, das
allein in die Hände der Landschaft gelegt ist, einem eigenmächtigen Vorgehen
des fürstlichen Monarchen enge Grenzen. Diese Rechte sorgen dafür, dass die Landschaft "durch ihre
finanzielle Präpotenz zur Nebenregierung" (Storz
1981, S.33)
wird, die sich indessen am politischen Tagesgeschäft bei der Lösung von
landespolitischen Aufgaben nicht beteiligt.
So liegt zwar auch die
Gesetzgebung ausschließlich in den Händen des Fürsten, der sich an
göttliches Recht und das alte Herkommen zu halten hat, aber seine
Fürstensouveränität ist deutlich eingeschränkt.
Auch wenn der
württembergische Herzog kein absoluter Herrscher war, galt Württemberg doch
als "ein großartiges Denkmal des Absolutismus" (Lahnstein
1968, S.9), denn einige seiner Fürsten sind überzeugt vom Geist des
Absolutismus und verstricken sich aus diesem Grunde immer wieder in zähe
Auseinandersetzungen mit den Landständen, mit dem Kirchenregiment und der
oligarchischen ▪ Ehrbarkeit: "ein ständiges Kräftemessen, ein stilles, oft erbittertes
Ringen, bisweilen ausbrechend in groben Rechtsbrüchen des Fürsten, oder
ausgetragen in langen, mit Federfuchserfleiß und arger List geführten
Prozessen; oft vertreten Fürst und fürstliches Kabinett den Fortschritt,
während die Stände in der Regel auf Altehrwürdigem (alt, nicht immer und
durchaus ehrwürdig) zäh verharren; immer sind die Fürsten geldbedürftig,
meist ausgabenfreudig, bis zur irrsinnigen, aberwitzigen Verschwendung; fast
immer zeigen sich die Stände haushälterisch bemüht, das Sach beieinander zu
halten, sparsam bis zum Geiz." (ebd.)
So war die Herrschaft der Fürsten in Württemberg sehr zu ihrem Leidwesen
doch beträchtlich eingeschränkt, zumal jeder neue Herzog, bevor ihm
gehuldigt wurde, die im ▪
Tübinger Vertrag
von 1514 verbrieften Rechte der
Landschaft bestätigen musste.
Dass die Grundlagen des dualistischen
Ständestaates in Württemberg von den durchaus auf absolutistische
Herrschaft strebenden Fürsten nicht wirklich angetastet werden
konnten, bewirkte auch »Kaiser
Karl VII. (1697-1745), der 1743 die Rechte der Stände bzw.
Landschaft offiziell anerkannte. Und die ▪
Religionsreversalien,
die die Kirchenhoheit im protestantischen Württemberg mit seinem
katholischen Herzog dauerhaft dem Fürstenhaus entzog, wurden dazu
noch von den protestantischen Mächten
England, Preußen und Dänemark garantiert.
Dass das alte Reich
mit dem Kaiser und ausländische Staaten als Garantiemächte für den
dualistischen Ständestaat in Württemberg und seine Besonderheiten (▪
Herzog und Landeskirche: Katholisches Herrscherhaus im
protestantischen Land) auftreten konnten, zeigt zum einen
die "fortdauernde Vitalität" (Vann
1986, S. 146) des Alten Reiches bzw. »Heiligen
Römischen Reiches deutscher Nation (919 bis 1806), insbesondere
gegenüber den mittleren und kleineren Herrschaften im Reich, und zum
anderen, dass Württemberg und sein Herzog trotz seiner
Vormachtstellung im Südwesten im Konzert der Großen nicht in der
ersten Reihe mitspielte, und, wenn es darauf ankam, in der
Auseinandersetzung mit den Ständen die ▪
Grenzen seiner Macht aufgezeigt bekam.
Selbstverständnis und Ziele der Stände in Württemberg
Für die Stände ist
▪
Herzogtum Württemberg
kein absolutistisch regiertes Territorium oder ein frühmoderner
Staat, sondern "vielmehr ein »Land«, eine
ältere, gewissermaßen gewachsene Gestalt des Gemeinwesens", die "nicht auf
einem politischen System, sondern auf örtlicher, landsmannschaftlicher
Zusammengehörigkeit, auf der Gemeinsamkeit von Handel und Wandel, auf der
Gleichheit von Überlieferung und Herkommen" beruht. (Storz
1981, S.33)
Zudem ist für sie das Gemeinwesen vor allem ein
Kostenunternehmen. Genau so verstehen es wohl auch die Verfasser des
Tübinger Vertrags, denen es vor allem darum geht, fürstlicher Misswirtschaft
einen Riegel vorzuschieben.
Die Landschaft und ihre Vertreter verstehen sich und ihre Aufgabe
zuallererst als Interessenvertretung von Behörden, die von einer
vergleichsweise geringen Anzahl von Familien, meist über mehrer Generationen
hinweg, personell besetzt werden. Diese oligarchische Gruppe von ca. 30
Familien, man hat sie auch ▪ "Ehrbarkeit"
genannt, ist sozial gesehen der eigentliche Gegenspieler des
Fürsten. Wer die Landstandschaft erlangt, gehört zu
einer politisch und sozial bevorrechtigen Elite. Die große Mehrheit des
Volkes wird daher auch nur mittelbar von ihr vertreten.
Wenn also von Mitspracherechten der Landschaft die Rede ist, muss
daher klargestellt werden, dass die Landstände, die sich nur auf
Geheiß des Herzogs versammeln dürfen, keineswegs als Volksvertretung
im heutigen Sinne angesehen werden dürfen. Wer im Landtag Sitz und
Stimme erhält, ist nicht vom Volk gewählt, sondern ist Vertreter
eines bestimmten Standes bzw. der Ehrbarkeit im Lande, repräsentiert
eine bestimmte Verwaltungseinheit wie z. B. Städte und Ämter,
Verwaltungsbezirke, deren führende Funktionen von Mitgliedern der
Ehrbarkeit bekleidet werden. Der ▪ "gemeine Mann", gewöhnliche
Untertan, wird von dieser Versammlung jedenfalls nicht repräsentiert.
Selbstverständnis und Ziele des Fürsten
Für einen Herzog
wie z. B. ▪ Carl Eugen
(1728-1793), der, wenngleich er nie eine ähnlich starke Position
erlangen konnte, sich an der ▪
absolutistischen Herrschaft des
französischen Sonnenkönigs »Ludwig
XIV. (1638-1715) und seiner Hofhaltung in im »Schloss
von Versailles und seiner Nachfolger orientierte, waren die
Einschränkungen seiner Herrschaft durch die Stände natürlich etwas,
was seinem eigenen Selbstbild und dem von ihm prinzipiell
angestrebten
absolutistischen Konzept von Herrschaft grundlegend widersprachen.
Auch wenn das etwa
9.000 Quadratkilometer (vgl.
Fenske 1981, S. 15f.)
große
▪ Herzogtum Württemberg zur Zeit ▪
Carl Eugens (1728-1793), machtpolitisch als Territorialstaat
mittlerer Größe nicht im Konzert der ganz Großen mitspielen konnte
und es unter den hier geltenden Rahmenbedingungen des dualistischen
Ständestaates lange nur zu einer "halbmodernen Landeshoheit" (Schilling 1994a. S.135)
brachte, dir sich Einflussnahmen von außen in bestimmten Fällen
gefallen lassen musste, tat Carl Eugen alles, um zumindest nach
außen hin als absolutistischer Herrscher zu erscheinen, dessen
Strahlkraft weit über Württemberg hinaus reichen sollte.
Der ▪
Schlossbau in
Ludwigsburg, ein Versailles in Württemberg, mit einer nach dessen
Fertigstellung unglaublichen höfischen Prachtentfaltung und
Prasserei, sowie das stehende Heer, das zwar unter seiner Herrschaft
von 3.000 auf 12.000 Mann anwuchs (vgl.
Schilling
1994a, S.124), aber im Grunde genommen "weniger der
militärischen Schlagkraft als dem außenpolitischen Prestige und der
Machtdemonstration nach innen (diente)" (Schilling
1994a,S.124),
machen deutlich, worauf es ihm ankam: In der
Prestige-Konkurrenz der europäischen Höfe mithalten zu können. Es
ging um, die ▪ absolutistische Repräsentation von Macht und Ansehen.
In der Auseinandersetzung mit den Ständen ging es daher, da das Land
eine ▪
zweigeteilte Finanzverwaltung besaß, in der die Stände
grundsätzlich am längeren Hebel saßen, um Geld.
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Württemberg zur Zeit Herzog Carl Eugens (1728-1793)
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Konkurrenzkampf und Prasserei: Absolutistische Repräsentation
von Macht ▪
Fürst und Land - Verfassung in Württemberg
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Versailles in Schwaben: Ludwigsburg zur Zeit Carl Eugens
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Höfische Festkultur zur Zeit Carl Eugens
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
10.09.2023
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