Zwei grundlegende Orientierungen
In
der Schule werden private Geschäftsbriefe in einem individuellen
oder in einem
teilweise bzw.
schrittweise kooperativ organisierten
Schreibprozess verfasst.
Die beiden grundlegenden Orientierungen beim Schreiben eines
▪ privaten
Geschäftsbriefs sind demnach die ▪
Produktorientierung, die bei
individuell angelegten ▪
Schreibaufgaben als
Übungs-,
vor allem aber als
Test- oder
Leistungsaufgaben dominieren, oder die ▪
Prozessorientierung, die
bei Lernaufgaben
zum Kompetenzerwerb in unterrichtlichen Lernprozessen gewöhnlich im
Vordergrund steht.
Mehr:
●
Schreibdidaktik
▪
Produktorientierte
Schreibaufgaben
▪
Prozessorientierte
Schreibaufgaben
Das
bekannteste ▪
Prozessmodell des
Schreibens stellt das
Modell von John Hayes und Linda Flower (Hayes/Flower 1980)
dar. Ausgehend von äußeren Faktoren des sog.
Aufgabenumfelds (Schreibaufgabe,
bereits geschriebener Text im weiteren Schreibprozess) geht es davon
aus, dass sich Schreiben in drei Phasen (planen - formulieren -
überarbeiten) abspielt.
Prozessorientiertes Schreiben eines privaten Geschäftsbriefs
Das prozessorientierte Schreiben eines privaten Geschäftsbriefs
richtet die Aufmerksamkeit anders als beim
▪
produktorientierten Schreiben
auf den ▪
Schreibprozesses als Ganzes und seine Teilprozesse, die
rekursiv
sind. d. h. nicht linear hintereinander ablaufen müssen, sondern
sich immer wieder aufs Neue auf einander beziehen.
Prozessorientierung bedeutet in jedem Fall, dass der
Schreibprozess in Einzelteile zerlegt wird und mit unterschiedlichen
Zugängen und Methoden eingeübt und überarbeitet wird.
Das ist für etliche Schreiberinnen und Schreiber, die beim
Schreiben einfach spontan
drauflos-
bzw. quasi
aus dem
Bauch schreiben, keineswegs selbstverständlich. Ihnen liegt ein planendes
Vorgehen beim Schreiben oder gar das
▪
Schritt-für-Schritt-Schreiben
gänzlich fern, weil sie mit dem
▪
Zerlegen des Schreibprozesses
wenig anfangen können.
Prozessorientiertes
Schreiben lässt also die Fixierung auf das am Ende herauskommende
Schreibprodukt hinter sich und richtet die Aufmerksamkeit auf das
Schreibverhalten,
einschließlich der ▪
lernstrategischen Orientierungen,
und die Schreibstrategien
eines Schreibers und darauf, wie dieser die gesetzten Schreibziele
erreicht oder erreichen kann.
Im Kern geht es darum, "Schreibanlässe durch die Moderation und
Kontrolle der internen Strukturen transparent und lernwirksam werden
zu lassen." (Portmann
1996, S.163). Damit stärkt prozessorientiertes Schreiben auch die
Fähigkeiten, das eigene Schreiblernen einzuschätzen (Metakognition).
Motivation und Volition bei prozessorientiertem Schreiben
Beim prozessorientierten Schreiben hat die Lehrkraft in ihrer
Rolle als Lernberater und Schreibcoach im Rahmen der förderlichen
Begleitung des Schreibprozesses in
der Regel auch hinreichend
Gelegenheit, die
Motivation
und Volition
der Schülerinnen und Schüler zu beobachten und diese
Aspekte beim Erwerb der allgemeinen
Schreibkompetenz und der textmusterspezifischen Kompetenzen
stärker zu gewichten.
Die
intrinsische Motivation
einerseits
und das Gefühl eines Schreibers, seinen Schreibprozess
autonom zu bewältigen, andererseits spielen beim prozessorientierten Schreiben
eines privaten Geschäftsbriefes mit ▪
Lern- und ▪
Übungsaufgaben eine zentrale Rolle.
Dazu muss das gesamte Schreibsetting (Lernraumsetting,
Übungsraumsetting) entsprechend gestaltet werden, damit es seine
förderliche und damit motivierende Wirkungen entfalten kann.
Die motivationalen Effekte prozessorientierten Schreibens zeigen
sich am besten beim
kooperativen Schreiben im Allgemeinen bzw. dem
teilweise oder schrittweise kooperativen Schreiben. (vgl.
Sozialformen für
unterrichtliche Textrevisionsprozesse).
Beispiel:
▪
Schreibkonferenz zur Erstellung eines privaten Geschäftsbriefs)
Grundsätzlich sollten prozessorientierte Schreibaufgaben auch für
den privaten Geschäftsbrief möglichst unterschiedliche Zugänge, auch
unter Einsatz verschiedener Medien (Bilder, Videos), für ein
Schreiben ermöglichen, das der ▪
Lösung eines Problems dient, mit dem
die Schülerinnen und Schüler etwas anfangen können. Ganz allgemein
müssen sie den
Anforderungen für "gute" Lernaufgaben entsprechen.
Je besser Schülerinnen und Schüler, Problem und Problemlösungen
mit dem eigenen Vorwissen verbinden und Bezüge zu ihrer eigenen
Lebenswelt herstellen können, desto motivierender ist die
Schreibaufgabe. Und je mehr Raum sie Kooperationsprozessen unter den
Schülern lässt, um z. B. mit Hilfe des
Peer-Feedbacks,
über die eigenen Schreibergebnisse zu reflektieren, um so besser.
Schreibschwierigkeiten und Schreibstörungen bearbeiten
Auch eventuell auftretende ▪
Schreibschwierigkeiten, Schreibstörungen und Schreibblockaden
können beim prozessorientierten Schreiben
reflektiert werden und ggf. eingeübt werden, mit welchen ▪
Gegenstrategien man erfolgreicher sein kann.
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
07.01.2024
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