Eine komplexe Schreibaufgabe
Die Erstellung einer ▪ linearen
Stichwortliste
ist eine komplexe Schreibaufgabe, die auf kognitiven
Transformationsprozessen im Umgang mit dem Primärtext beruhen.
Sie basiert dabei auf der ▪ Annotation
des Textes mit Markierungen, Hervorhebungen und/oder
Unterstreichungen, die meistens auf selbst generierten oder
durch Vorgaben festgelegten ▪
Relevanzentscheidungen beruhen. (▪
Reduktionstechnik)
Man folgt dabei
einer ▪ Organisations- bzw.
Strukturierungsstrategie, die einem im Idealfall (bei
Beachtung entsprechender ▪
affektiver und volitionaler Stützstrategien) helfen kann, den ▪
Inhalt eines Textes
und/oder den Gedankengang eines Textes weiter zu erfassen
erfassen und dadurch ein weiter vertieftes
Textverständnis zu erlangen.
Eine Form der diskontinuierlichen Sekundärtextgestaltungen bei
der Textwiedergabe
Als eigenständige Schreibaufgabe gehört die lineare Stichwortliste
zu den ▪
Formen diskontinuierlicher Sekundärtextgestaltungen bei
der ▪
Textwiedergabe.
Als ▪ Organisations- bzw.
Strukturierungsstrategie arbeitet man mit ihr ▪
textsukzessiv am Text entlang, folgt und nutzt den Wortlaut
des Primärtextes. Dabei kann der Schreibprozess
produktorientiert oder
prozessorientiert gestaltet werden.
Allgemeiner Arbeitsauftrag
Das Schreibziel
Bei der Erstellung der ▪ linearen
Stichwortliste werden die wichtigen Inhalte des Primärtextes
im Wortlaut tabellarisch aufgelistet.
Sie basiert dabei auf der ▪ Annotation
des Textes mit Markierungen, Hervorhebungen und/oder
Unterstreichungen, die meistens auf selbst generierten oder
durch Vorgaben festgelegten Relevanzentscheidungen beruhen.
-
Im Gegensatz
zur ▪ strukturierenden
Stichwortliste werden bei der linearen Stichwortliste im
Allgemeinen keine Umgruppierungen oder Neuordnungen der
herausgeschriebenen Textelemente vorgenommen, auch wenn
bestimmte inhaltliche Aspekte, die zusammengehören, im
Primärtext weiter verteilt auseinander stehen.
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Im
Unterschied zu den verschiedenen ▪
Formen von
Aussagenlisten (▪ einfache und ▪
strukturierende
Aussagenliste) formuliert sie Ausführungen des Textes nicht in
Satzform (Propositionen),
sondern begnügt sich mit der Auflistung wichtiger Stichworte,
einzelner Satzelemente oder kurzer Aussagen aus einem Text, die
sie meistens, aber nicht zwingend,
wörtlich exzerpiert. Die Erstellung einer einfachen Stichwortliste liegt daher auf einem
Kompetenzniveau, das sich unterhalb der Aussagenlisten befindet.
Dessen
ungeachtet verlangt auch die Erstellung einer Stichwortliste Kompetenzen im
Umgang mit Texten.
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So muss das Wesentliche des Textinhalts
erfasst werden. Das geschieht, indem wichtige Begriffe oder Textelemente als
Stichworte aus dem Text entnommen und gesondert notiert
werden. Dies verlangt also durchaus, Aussagen nach ihrer
Relevanz zu beurteilen und dafür, wenn nichts anderes
vorgegeben ist, eigene ▪
Relevanzkriterien zu entwickeln. Die kognitive Leistung,
die bei der Erstellung einer Stichwortliste erbracht werden
muss, sollte daher nicht von vornherein geringgeschätzt
werden. Das machen auch die Probleme deutlich, die Schüler
und Schülerinnen dabei haben. Diese basieren nämlich nicht
darauf, Stichworte herauszuschreiben, sondern den Text unter
dem Blickwinkel der Relevanz von Aussagen zu erfassen.
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Zudem
gelten dabei auch besondere Regeln sprachlicher Ökonomie:
Die Stichworte, die in die Liste aufgenommen werden, sollen
nämlich knapp gehalten werden. Sie sollen als
Schlüsselbegriffe für den entsprechenden Inhalt mit
seinem Kontext im Primärtext dienen und somit ein vertieftes
Textverständnis ermöglichen. Bei der Rekapitulation des
Inhalts zur freien Verwendung oder als Grundlage für die
Formulierung einer kontinuierlichen Form der Textwiedergabe
kann sie eine große Hilfe sein, wenn es um die Wiedergabe
des Primärtextes mit eigenständigen Formulierungen oder, wie
man gemeinhin sagt, "in eigenen Worten" geht. Die
herausgeschriebenen Begriffe und Textelemente können dabei
eine wichtige Brückenfunktion zur Verschriftlichung sein.
Arbeitsschritte
Die Erstellung
einer linearen Stichwortliste kann mit folgenden Arbeitsschritten realisiert werden:
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Erste Lektüre des Textes
-
Im zweiten
Lektüredurchgang empfiehlt es sich, den Text mit ▪
Annotationen zu erfassen, um
damit die wichtigen Aussagen/Ausführungen des Textes
hervorzuheben (Faustregel:
nicht mehr als 5 -7 Worte zusammenhängend markieren)
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Im nächsten
Schritt werden die markierten
Textelemente in einer
Tabelle
untereinander (mit Spiegelstrichen) aufgelistet.
Am besten verknüpft man dieses Herausschreiben und
Übertragen von Textelementen in die Stichwortliste mit
einer erweiterten Reduktionsaufgabe. In die Liste dürften
dann nur
Listenelemente mit max. 4 bis 5 Wörtern aufgenommen werden.)
Gängige Probleme mit der
Schreibaufgabe
So einfach es auf den ersten Blick auch scheinen mag, nicht
jeder Schreiberin und jedem Schreiber fällt es leicht, eine
brauchbare lineare Stichwortliste zu erstellen.
Auch wenn ▪
das Wichtige oder das ▪ Wesentliche eines Textes keine objektiven
Texteigenschaften bzw. Eigenschaften bestimmter Textelemente
sind, es also in gewissem Rahmen jeder/jedem überlassen bleibt,
welche Stichworte er/sie in die Liste aufnimmt, tun sich manche
schwer damit.
▪ FAQ
zur Inhaltsangabe: Woher soll ich wissen, was wichtig und was
unwichtig im Text ist?
Sie können sich
kaum entscheiden, welche Textelemente so wichtig sind, dass sie
in die Liste aufgenommen werden sollen. Das zeigt sich meistens
schon bei der ▪ inhaltlichen Erfassung
des Textes mit Annotationen, den unterstrichenen oder sonst
wie hervorgehobenen Begriffen oder Textelementen im Primärtext.
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Wer nämlich
unsicher ist, überhaupt etwas anzustreichen, weil er/sie
keine Vorstellung davon hat, wie man Wichtiges von
Unwichtigem unterscheiden kann, oder weil sonstige
psychische Dispositionen und Erfahrungen des jeweiligen
Schreibers dem erfolgreichen Bewältigen der Schreibaufgabe
entgegenstehen, kann auch nicht gut eine lineare
Aussagenliste erstellen.
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Eigentlich
nur die Kehrseite der Medaille ist, wenn jemand mit der
Faustregel, nicht mehr als 5-7 Worte maximal zu markieren,
nicht zurecht kommt und schon beim Annotieren dazu neigt,
längere Textpassagen zu markieren. Würden diese dann auf die
Stichwortliste übertragen, käme das im Grunde genommen einem
Abschreiben des Textes gleich.
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Ein gutes Mittel dagegen ist die schrittweise Reduktion:
Die längeren markierten Textpassagen herausschreiben und in
unterschiedlichen Schritten immer wieder um ein, zwei oder
mehrere Worte reduzieren, bis das Ganze auf das, was man als
seinen inhaltlichen Kern ansieht, zurückgeführt ist. Auf
jeder Stufe der Reduktion wird mit Hilfe der verbleibenden
Stichworte versucht, die entsprechenden Textpassagen zu
rekapitulieren.
Die Probleme mit
der linearen Stichwortliste liegen also meistens in der
Planungsphase der Schreibaufgabe begründet, wenn es darum geht,
die wichtigen Begriffe und Textelemente zu erkennen. Deshalb
sollte man versuchen, die hinter den Problemen stehenden
Schwierigkeiten zu erkennen, um die Entstehung von
▪
Schreibschwierigkeiten
bis hin zu Schreibblockaden zu vermeiden.
Gert Egle. zuletzt bearbeitet am:
10.01.2024
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