Wichtig ist doch für jeden etwas anderes, oder?
Ganz so radikal muss man das nicht sehen, aber es stimmt schon
ein Stück weit. Was jemand grundsätzlich für wichtig in einem
Text hält, ist schon auch subjektiv. Das bedeutet aber nicht,
dass es vollkommen beliebig ist.

Wenn man eine Inhaltsangabe zu einem Text, z. B. mit einer
besonderen Fragestellung verbindet, wie: "Fassen Sie in Form
einer Inhaltsangabe zusammen, was der Text über das Problem /
den Sachverhalt enthält" wird dies schon ein wenig klarer.
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Es kommt oft
vor, dass der Inhalt in kürzester Form schon in der
Überschrift eines Textes steht oder das, was dort steht
zumindest die thematische Richtung des Textes angibt.
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Manchmal
drückt ein Verfasser eines Textes auch selbst aus, was ihm
besonders wichtig erscheint. Da können dann z. B. bestimmte
Formulierungen helfen, die explizit angeben, dass eine
bestimmte Aussage für den dargestellten Sachverhalt
besonders wichtig ist:
- Die wichtigsten Gründe für ... sind
- Hauptgrund der Entwicklung ist ...
- Besonders wichtig ist ...
- ...
- Manchmal deuten auch bestimmte Textstrukturen (z. B.
Abschnitte, Absätze) darauf hin, dass das jeweils in einem
Sinnabschnitt Formulierte im Verhältnis zu anderen
Sinnabschnitten strukturell wichtig ist.
Letzten Endes ist - in einem Sachtext - das wichtig, das auf
wesentliche Fragen, die der Text aufwirft, Antworten gibt.
Aber: Für den Verfasser war doch alles zumindest so wichtig,
dass er es niedergeschrieben hat?
Natürlich könnte man sagen, was ein Verfasser in einem Text geschrieben hat,
war ihm zumindest so wichtig, dass er es niedergeschrieben hat.
Aber,
ist das, was er jeweils sagt bzw. schreibt, für seine Hauptaussagen
wichtig?
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Ist es z.B. wichtig, wenn man auf die Gefahren übermäßigen
Nikotinkonsums hinweisen will, dass gleichzeitig Ausführungen zu
anderen Suchtgewohnheiten gemacht werden?
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Oder: Wenn jemand Argumente für weitere Investitionen in den
öffentlichen Nahverkehr zusammenträgt, gehört dann die
anschauliche Schilderung
über das Chaos bei der letzten Bundesgartenschau unbedingt in die
Inhaltsangabe?
Eines ist auf jeden Fall gewiss: Niemand kann mit letzter Gewissheit
sagen, was einem bestimmten Autor, der einen Text verfasst hat, wie
wichtig gewesen ist.
Unsere Entscheidung für Wichtiges und Unwichtiges steht und
fällt mit ihrer Begründung
Letzten Endes können wir unserer Sache bei der Unterscheidung
von Wesentlichem und Unwesentlichen nur für uns selbst sicher
sein. Ob dies auch für andere gilt, steht und fällt alles mit den
Begründungen, die wir für unsere Annahmen darüber geben können
(Relevanzkriterien).
So kommt es eigentlich immer auf zweierlei an:
-
Gibt es im Text, seinem
Aufbau und seinen Strukturen explizit oder implizit vorhandene Hinweise
auf die Relevanz der betreffenden Aussagen für das Thema?
-
Sind bestimmte Aussagen, die
ich mit einer von mir aus dem Text gewonnenen oder auch von außen
herangetragenen Fragestellung relevant?
Mit der W-Fragen-Methode zum Erfolg
Die beste Methode, um Wesentliches von Unwesentlichem zu unterscheiden, ist die
▪
W-Fragen-Methode.
Dabei versuchst du den Inhalt des Textes dadurch zu erfassen, dass du
W-Fragen zum Text stellst. Auf diese W-Fragen muss der Text antworten.
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Antwortet der ganze Text darauf? Dann handelt es sich sicherlich um
eine sehr wichtige Frage.
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Antworten einzelne, größere Textabschnitte darauf? Dann ist dies
eine wichtige Frage.
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Antworten nur wenige Bemerkungen auf diese Frage? Dann ist dies eher
unwichtig.
Zugegeben, das ist nicht unbedingt der kürzeste Weg, aber bestimmt
einer der sichersten. Und gerade, wenn du am Anfang deiner Bemühungen um
Wichtiges und Unwichtiges stehst, ist es dir auf alle Fälle dringend zu
empfehlen.
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
31.01.2023
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