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Venus-gärtlein (1656)
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Bausteine
Das Lied mit dem Titel ▪
Eine junge Witwe zu einem Lüstren Greisen (Nr.140) hat der Sammler des ▪
Venus-Gärtleins (1656)
aus »Georg
Greflingers (1620-1677) Liederbuch »Seladons
Weltliche Lieder (1651, Ander Dutzend, Nr. 9, S.83) entnommen,
ohne diese Quelle, wie bei allen anderen Liedern der Sammlung auch,
anzugeben.
Schon der Titel des Lieds
lässt keinen Zweifel daran aufkommen, wen und welche soziale Praxis sein
Thema ist. Der lüsterne Greis stellt rhetorisch ein
Oxymoron dar, also eine
Vorstellung, bei der zwei Vorstellungen miteinander verbunden werden, die in
diesem Fall zumindest ihrer moralischen Bewertung nach, nicht recht
zusammenpassen. Daran ändert auch die soziale Praxis nichts, bei der es
schließlich aus verschiedenen Gründen häufiger dazu kam, dass ältere Männer
erheblich jüngere Frauen geheiratet haben.
Das Alter und sexuelles
Verlangen, das sich auf eine erheblich jüngere Partnerin oder, im Falle
einer schon älteren Frau, auf einen erheblich jüngeren Mann richtete, blieb
stets im Bereich des moralisch Anstößigen. Dementsprechend taucht das Thema ▪
altersungleicher Paare nicht nur zählreichen
Lieder der frühen Neuzeit auf, sondern auch in der Bildenden Kunst.
Dabei bringt kaum ein
anderes dieser frühneuzeitlichen Darstellungen die Aussage des Liedes ▪
Eine junge Witwe zu einem Lüstren Greisen (Nr.140) besser
zur Darstellung wie die Grafik "Der lüsterne Alte" (1507) von
Hans Baldung (1484-1545.
Für größere Ansicht bitte an*klicken*tippen!
Dabei ist nicht nur
der lüsterne Griff des alten, glatzköpfigen und langbärtigen Mannes nach
der entblößten Brust der jungen Frau als Ausdruck seines sexuellen
Begehrens von Interesse. Sein Blick fixiert dabei das Gesicht der jungen
Frau, die die sexuelle Handlung offenbar widerstandslos über sich
ergehen lässt. Sie weiß auch warum, denn sie hat ihre Hand in der (Geld-)Schatulle
des Mannes, aus der sie sich offensichtlich bedient. Das Motiv für das
es etliche andere in der Bildenden Kunst der frühen Neuzeit gibt,
rechtfertigt damit ein Kalkül der jungen Frau, sich für das Stattgeben
sexueller Berührungen ordentlich bezahlen zu lassen. Ihre Mimik zeigt,
dass sie trotz der Berührungen unbeteiligt bleibt. Sie verzieht keine
Miene und richtet ihren Blick nicht auf den lüsternen Alten, sondern
schaut dem Betrachter des Bildes direkt in die Augen. Man könnte meinen,
dass sie, mit den Worten des Liedes im Venus-Gärtlein ausgedrückt,
sagen: "Mit
dir ist nichts gethan, du bist zu Venus Sachen, ein außgedorter Hahn,
was solt ich mit dir machen."
Im Venus-Gärtlein
gibt es weitere Lieder, die sich mit dem Thema des "Buhlens" älterer Männer
um junge Frauen befassen. Dies zeigt, wie präsent dieses Thema in dieser Zeit
war und wie sehr es die Menschen beschäftigt hat.
In der teachSam-Auswahl
von Liedern des Venus-Gärtleins sind dies außer dem hier
vorgestellten Lied:
Auch in der Bildenden Kunst
der frühen Neuzeit wird Problematik ▪
altersungleicher Paare immer wieder thematisiert.
In dem Lied ▪
Eine junge Witwe zu einem Lüstren Greisen (Nr.140) nimmt
junge weibliche Ich kaum ein Blatt vor den Mund.
Schon in der ersten
Strophe macht die offenbar junge Frau klar, dass ein alter Mann für Krieg
und die Liebe nichts tauge, auch wenn er immer noch so tue. Ihm fehle
schlichtweg die Kraft für diese Sachen.
Und nicht nur das: Es ist
in ihren Augen eine regelrechte Dummheit, wenn ein alter Mann sich mit einer
jungen Frau verbinde und dann deren (sexuellen) Bedürfnisse in keiner Weise
mehr befriedigen könne ("vnd
das, was ihr gehört, nicht wissen zu verrichten"). Das wäre ungefähr
das Gleiche, wollte man erwarten, dass ein Schaf ein Huhn begatten könnte.
Aus diesem Grunde erteilt
sie einem lüsternen Greis, der sie offenkundig bedrängt, eine Abfuhr. Sie
nennt ihn "Geck"
und fordert ihn auf, sich besser schon mit seinem Grabe (Tod) zu befassen.
Zudem gehe sie davon aus, dass er ohnehin längst impotent sei ("weil
ich dich im Verdacht des Unvermögens habe").
Da müsste sie schon in
einer besonderen und insgesamt mehr als verwunderlichen Lage sein, wenn sie
sich auf eine solche Beziehung einlassen würde. Sie weiß es jedenfalls
besser und will von dem lüsternen Alten, den sie als "außgedorte(n)
Hahn" beschimpft überhaupt nichts wissen, weil er ihre Ansprüche in "Venus
Sachen" nie und nimmer gerecht werden könnte.
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