Printz aller hohen Thürn, als
jemals wird beschawen
Der Sonnen klarer Glantz, und auch beschawet hat;
Wie recht, weil Straßburg ist dergleichen schöne Statt,
Hat man dich nur in sie alleine müssen bawen,
Du rechtes Wunderwerck bist zierlich zwar gehawen
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Doch noch bey weitem nicht zugleichen in der That
Der feinen Policey, dem weisen Recht und Rhat,
Der grossen Höfligkeit der Männer und der Frawen,
Welch' vber deine Spitz an Lobe zuerhöhen:
Kein orth wird jrgent je gefunden weit und breit
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Der jhnen gleichen mag an Güt' vnd Freundligkeit.
Wie wohl gibt die Natur hiemit uns zuverstehen,
Daß, obgleich die Gebew mehr steinern sind, als Stein,
Der Menschen Hertzen doch nicht sollen steinern sein.
(Martin Opitz, Teutsche Poemata. Abdruck der Ausgabe
von 1624 … Hrsg. V. Georg Witkowski, Halle a. S. 1902,
S.75f.)
