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August Wilhelm Schlegel (1767-1845): Das Sonett
Das ▪ Sonett
mit normativen Kategorien definieren zu wollen, ist problematisch,
zumal die Meinungen darüber, was seine wesentlichen Merkmale sind
und ▪ was
dementsprechend seine Gattung ausmacht, weit auseinandergehen.
Am besten hantiert man daher auch mit den nachfolgenden Grundtypen
lediglich als Hilfen zur Analyse von einzelnen Gedichten, ohne sie
zugleich als überzeitliche Form zu verstehen.
Die
▪
lyrische Form
des ▪ Sonetts (ital. sonetto = kleiner Tonsatz von lat. sonare = klingen) ist
ein
Reimgedicht mit einer bestimmten Strophenform.
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Das Sonett stellt eine italienische Schöpfung dar und findet
mit »Francesco Petrarca (1304-1374) in der Renaissance ihren ersten Höhepunkt.
Die Rezeption seiner Sonette im »"Canzoniere"
erfolgt in der deutschen Dichtung, grob betrachtet, in drei Wellen.
Einmal in der
Literaturepoche des ▪
Barock
(1600-1720), dann durch »Friedrich
Gottlieb Klopstock (1724-1803), »Johann
Jakob Bodmer (1698-1783) und die »Anakreontiker
und zuletzt über »Johann
Gottfried Herder (1744-1803) und den ▪
Sturm und Drang
(1760-1785) durch die ▪
Romantiker (1798-1835), allen voran ▪
August Wilhelm Schlegel (1767-1845). (vgl.
Mönch 1955,
S.161)
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Es besteht aus zwei Quartetten
(zwei vierzeilige Strophen) und zwei Terzetten (zwei dreizeilige Strophen).
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Durch die vorhandene Zäsur zwischen den Quartetten und Terzetten
eignet sich das Sonett besonders
gut für die sog. Gedankenlyrik und zur Darstellung einer
Argumentation mit Strukturen wie Satz (These) und Gegensatz (Antithese),
Frage und Antwort, Problem und Lösung, Erlebnis und allgemeine
Anwendung, Gedankenspiel und Fazit. (vgl.
Bantel 1963,
S.84)
-
In dieser Funktion wird
das Sonett, insbesondere in der frühen Neuzeit, in ▪
Renaissance und Humanismus sowie im ▪
Barock)
mit der ▪
Kompositionsfigur des vierfachen Schriftsinns gestaltet, bei dem
die vier aufeinander aufbauenden Schritte zu einem vertieften
Textverständnis in einer Argumentation idealerweise nacheinander auf die
Strophen des Sonetts verteilt sind.
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Nach
Walter Mönch (1955, S.16), der im Sinne der traditionellen
Gattungstheorie von einem mehr oder weniger überzeitlichen
Gattungsverständnis ausgeht, lassen sich vier Grundtypen des Sonetts
unterscheiden. Die unterschiedliche Art der Reimverschränkung fußt dabei
auf verschiedenen historischen Traditionen.
Italienischer Petrarca-Typ |
a)
alternierender Oktavbau und zwei Sextettordnungen |
abab / abab / cdc / dcd
abab / abab / cde / cde |
b) umschlingender Oktavreim und zwei Sextettordnungen
Beispiel |
abba / abba / cdc / dcd
abba / abba / cde / cde |
Französischer Ronsard-Typ |
umschlingender
Oktavreim und zwei Sextettanordnungen
Beispiel |
abba / abba / ccd /eed
abba / abba / ccd/ ede |
Englischer Shakespeare-Typ |
drei
alternierend reimende Quartette und ein Reimpaar |
abab / cdcd / efef / gg |
Das Sonett kommt im 18. Jahrhundert zunächst nahezu gänzlich aus der Mode
und gewinnt erst mit der ▪
Literaturepoche der ▪
Romantik
(1798-1835) wieder an Boden. Bis
in unsere Tage hinein sieht man das Sonett allerdings wegen seiner strengen
Form und seines antithetischen Baus als Idealform des Kunstgedichtes an.
(vgl.
Ivo Braak 1969,
S.138)
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August Wilhelm Schlegel (1767-1845): Das Sonett