Diese
Frage wird wirklich oft gestellt. Sie zeugt davon, dass
man die verschiedenen Schreibaufgaben, die gewöhnlich im
Zusammenhang mit der Inhaltsangabe verbunden sind, nicht genau
kennt oder eben nicht genau weiß, was die Lehrkraft von einem
erwartet, wenn man eine Inhaltsangabe schreiben soll.
Grundsätzlich gilt aber:
Wenn die Schreibaufgabe nichts anderes als Zusatzaufgabe
vorsieht, muss man eine nur eine Inhaltsangabe verfassen. Das
ist z. B. bei Schreibaufgaben der Fall, die wie folgt lauten:

In solchen Fällen geht es als darum, über den wesentlichen Inhalt eines Textes
in
verkürzter Form zu informieren.
Und: Informieren heißt eben nicht kommentieren bzw. seine eigene Meinung zu
etwas abgeben. Dies ist im Rahmen der Inhaltsangabe auch unzulässig. Hier
ist die sachlich-nüchterne Wiedergabe des Geschehens oder einer Handlung in
einem literarischen Text oder des Inhalts in einem Sachtext gefordert.
Wenn die Inhaltsangabe Wertungen enthält, dann sind dies nur solche, die,
wenn es sich z. B. um einen
erzählenden Text handelt, als Wertungen des Erzählers oder einer Figur
in dem Text so enthalten sind, oder wenn der Autor oder die
Autorin eines
Sachtextes
diese Wertung selbst vorgenommen hat oder es sich um Wertungen
von Personen handelt, die in diesem Text zitiert oder referiert
worden sind. Eigene Wertungen und Kommentare des Verfassers der
Inhaltsangabe dürfen indessen nicht in der Inhaltsangabe
enthalten sein.
Etwas anderes ist es, wenn die Schreibaufgabe zur
Inhaltsangabe mit einer Zusatzaufgabe versehen ist, mit der man
zu einer Stellungnahme aufgefordert wird. Diese Aufforderung
muss aber ausdrücklich als Zusatzaufgabe formuliert sein, wie z.
B. in der nachfolgenden Art und Weise. Die Schreibaufgabe
besteht dann aus zwei Teilen:
-
Verfassen Sie eine Inhaltsangabe zum Text.
- Nehmen Sie im Anschluss daran knapp zu den
Ausführungen / zu der Aussage X Stellung.
Diese
▪ Inhaltsangabe mit Stellungnahme
ist eine Form der erweiterten Inhaltsangabe. Mit der eigentlichen
Inhaltsangabe hat diese Stellungnahme allerdings nur dadurch zu tun, dass
sie sich auf das dort Geschriebene bezieht. Zur Inhaltsangabe im
eigentlichen Sinn gehört die Stellungnahme nicht dazu und hat mit dem bei
dieser geforderten Aufbau nichts zu tun.
Häufig wird die Aufforderung der Zusatzaufgabe zum Inhalt des
Textes oder einem inhaltlichen Aspekt des Textes Stellung zu
nehmen im Vergleich zur vorangehenden Abfassung der
Inhaltsangabe unterschätzt. Die Gewichtung der beiden Teile
einer solchen komplexen Schreibaufgabe kann bei der
Leistungsbeurteilung natürlich unterschiedlich ausfallen.
Grundsätzlich dürfte allerdings davon auszugehen sein, dass die
Stellungnahme, um den Charakter der Schreibaufgabe nicht
grundlegend zu verändern, nicht mehr als ein Drittel zur
Gesamtnote herangezogen werden sollte. Das bedeutet auch, dass
sie bei der zeitlichen Bewältigung der Schreibaufgabe in der
Regel auch nicht mehr als ein Drittel der Zeit beanspruchen
sollte. Über die Länge lässt sich indessen keine verbindliche
absolute oder im Verhältnis zur Inhaltsangabe relative Angabe
machen: Hängt dies doch davon ab, was der Schreiber oder die
Schreiberin zum Thema der Stellungnahme zu sagen hat und wie
viel davon in der verfügbaren Zeit zu Papier gebracht werden
kann.
Mehr als auf solche "Äußerlichkeiten" kommt es bei der
Stellungnahme darauf an, einen eigenen Standpunkt zum Thema
einzunehmen und diesen mit plausiblen Argumenten zu begründen.
An die Inhaltsangabe "angeklebte" und weitgehend "inhaltlsleere"
Floskeln und Phrasen, wie z. B. bei einer Kurzgeschichte: "Mir
hat die Geschichte sehr gut gefallen, weil die Figuren so wie im
Leben gestaltet sind." oder bei einem Sachtext: "Was im Text zum
Thema steht, finde ich gut, weiß aber, dass jeder selbst
entscheiden muss, was er damit macht." sind jedenfalls nicht
das, was bei der Stellungnahme erwartet wird.
Denn mit der Stellungnahme soll zum Thema argumentiert
werden. Das bedeutet, dass man Argumente für den eigenen
Standpunkt mal mehr, mal weniger mit
Stützungen (Beweisen, Beispielen) entfaltet. In der Regel
handelt es sich um eine
Argumentationskette.
Was es aber nicht ist: Einfach mal so an die Inhaltsangabe
angeklebt, seine Meinung sagen, geradeso, wie man es mündlich
tun würde. Statt sich "etwas von der Seele zu sprechen", geht es
dabei also immer um
▪ vernünftiges Argumentieren. Auch die Stellungnahme bei der
erweiterten Inhaltsangabe ist insofern eine "Schreibe" und keine
Rede.
Die Aufforderung der Zusatzaufgabe, zu den Ausführungen
des Textes oder einzelner Aussagen ▪
Stellung zu
nehmen, bedeutet dabei nicht, eine ▪
Stellungnahme
als eigenständige ▪ schulische
Schreibform zu verfassen. Ebenso wenig ist darunter eine
"kleine"
dialektische Erörterung mit Pro- und Contra-Argumenten oder
gar eine
▪
Texterörterung
zu verstehen.
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
31.01.2023