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Aspekte der Schreibaufgabe

Überblick

Eine literarische Vorlage weitererzählen

 
FAChbereich Deutsch
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Surfbrett Weitererzählung

Weitererzählen einer literarischen Vorlage ist eine komplexe Schreibaufgabe

Wer einen literarischen Text ▪ weitererzählen will, stellt vor einer komplexen Schreibaufgabe, die nicht nur Fantasie für das Fortschreiben verlangt, sondern auch andere ▪ Schreibkompetenzen. die Fähigkeit, den Inhalt des Vorlagentextes zu erfassen und seine ▪ Erzählstrukturen zu erkennen.

Vom Schwierigkeitsgrad der Vorlage und seiner ▪ Erzählstrukturen hängt dementsprechend auch ab, für welche Altersstufe und für welches das Anforderungsniveau die jeweilige Schreibaufgabe gedacht ist.

Einen literarischen fiktionalen Text weitererzählen

Die literarische Vorlage, die vergleichsweise häufig beim ▪ schriftlichen Weitererzählen verwendet wird, ist ein fiktionaler erzählender Text.

  • Oft handelt es sich um einen vollständigen, vergleichsweise kurzen Text, wie z. B. eine ▪ Kurzgeschichte,  eine ▪ Fabel oder eine ▪ Anekdote. Es kann sich aber auch um eine längere Ganzschrift handeln, die im Literaturunterricht behandelt wird wie z. B. eine Novelle oder eine andere Erzählung mittlerer Länge. Und selbst längere Romane kommen dazu in Frage.

  • Im Literaturunterricht bekommen Schülerinnen und Schüler aber auch häufig einen ihnen bis dahin unbekannten kurzen Text vorgelegt, der aus didaktischen Gründen ohne den in der Vorlage vorhandenen Schluss, oft auch ohne ihren Titel, präsentiert wird. Ist eine solche Kürzung des Textes durchdacht, dann kann die sich daran anschließende Gestaltungsaufgabe sehr reizvoll sein, wenn klar ist, worauf es beim Weiterschreiben ankommen soll. Am Ende können die verschiedenen Schlussgestaltungen miteinander und mit dem Original verglichen werden. Dabei kommt es aber nicht darauf an, ob und inwieweit man die Vorlage "trifft".

Fortschreiben heißt nicht Zuendeschreiben

Wie der vorgelegte Erzähltext fortgeschrieben werden soll, geht aus der Schreibaufgabe hervor. Ganz allgemein soll die Geschichte zu einem neuen Ende fortgesetzt werden.

Das heißt aber nicht zwangsläufig, dass die Geschichte und die darin enthaltenen Handlungen zu einem abgeschlossenen Ende führen müssen oder die Probleme, die darin auftauchen, mit dem neuen Ende auf jeden Fall gelöst werden müssen. Damit kann man so mancher literarischen Vorlage geradezu Gewalt antun, insbesondere wenn man unter Umkehrung aller Vorzeichen der Erzähltextvorlage alle darin enthaltenen Konflikte allzu schnell damit unter den Teppich kehrt, dass man ein rundum harmonisierendes, oft mit Klischees versetztes Ende herbeierzählt. Aber auch der umgekehrte Fall, wenn alle Konflikte in einer Art finalen Tragödie mit Mord und Totschlag oder ähnlichem endgültig "gelöst" werden, kann die gleichen Wirkungen haben.

Die Warnung vor ▪ Happy Ends und Katastrophen soll dabei nicht von vornherein verurteilen, wenn man als Schreiberin* auf das zurückgreift, was die eigene Lebenswelt kennzeichnet. Und dazu gehören eben Erzählungen in anderen als schriftlichen Formaten wie die, die in gängigen Fernseh- oder Videoformaten rezipiert werden. Dass gerade solche "Anschlüsse" an Medienerfahrungen gerade auch die Verständigung über die verschiedenen produktiv-kreativen Gestaltungen in der Schreibgruppe, in der Klasse oder im Kurs besonders anregen kann, kann und darf aber auch etwas sein, was von den Lehrkräften und den Mitschülern wertgeschätzt werden dar. Allerdings sollte jedem/r Schreiberin* vorher klar sein, ob solche Gestaltungen in den Bereich fallen, die bei der Bewältigung der Schreibaufgabe erwartet werden. Also: Vor dem Schreiben müssen sich Schülerinnen* und Lehrkräfte darüber so weit wie möglich verständigen, um keine vermeidbaren Frustrationen zu erzeugen und die Schreibmotivation nicht unnötig zu belasten.

Die Schreibaufgabe beachten

Wie mit dem vorgelegten Erzähltext bei der Weitererzählung umzugehen ist, gibt die Schreibaufgabe vor.

  • Sie kann ganz allgemein gehalten sein nach dem Muster: "Erzählen Sie die Geschichte weiter." In diesem Fall hat man natürlich den größten Freiraum, muss aber zugleich auch selbst auf der Grundlage des eigenen Textverständnisses herausfinden, welche Elemente der literarischen Vorlage zu welchem Zweck und Ziel weitererzählt werden soll. Dabei muss geeignete Ideen für die eigene Textfortsetzung finden und muss bei der Gestaltung selbst dafür sorgen, dass nachvollziehbare plausible Bezüge zur Vorlage erhalten bleiben, einem die Fantasie also auch beim Schreiben nicht einfach durchgeht.

  • Häufig macht die Schreibaufgabe aber auch konkretere Vorgaben oder weist ausdrücklich auf bestimmte Bezüge zwischen der literarischen Vorlage und der erwarteten produktiv-kreativen Gestaltung hin, die man berücksichtigen muss. Das kann sich z. B. auf die Vorgabe einer bestimmten Kommunikationssituation, auf das Weitererzählen aus einer bestimmten Perspektive oder auch auf das Textmuster beziehen, mit dem die "Anschlusserzählung" gestaltet werden soll (z. B. Tagebucheintrag, Brief, innerer Monolog etc.).
    Oft wird bei der Formulierung solcher Schreibaufgaben aber auf die Verwendung des übergeordneten Operators "Erzählen Sie die Geschichte weiter" aber verzichtet.

Die Schreibaufgabe könnte dann z. B. lauten:

  • In ▪ Peter Bichsels Erzählung ▪ »San Salvador« wird die Beziehung zwischen Paul und Hildegard in sehr knappen Worten skizziert. Erzählen Sie die Geschichte wie folgt weiter.
    Schreiben Sie einen lösungsorientierten Dialog per Telefon zwischen Hildegard (H) und ihrer Mutter (M), die Pauls Abschiedsbrief findet und mit ihr darüber spricht - und besonders über ihre Beziehung zu Paul.

  • In ▪ Bernhard Schlinks Roman ▪»Der Vorleser« wartet ▪ Hanna Schmitz vergeblich auf einen Brief des Ich-Erzählers ▪ Michael Berg und hat damit auch keine Gelegenheit, auf diesen zu antworten, nachdem sie später schreiben gelernt hat.
    (Erzählen Sie die Geschichte wie folgt weiter:) Verfassen Sie diesen Brief des Ich-Erzählers und die mögliche Antwort Hannas.

  • (ggf. als Lückentext, d. h. um den Schluss gekürzte Textversion).
    Erzählen Sie die Geschichte ▪ "Geier" von ▪ Theo Schmich weiter.
    Verfassen Sie einen Brief, den Harold kurz nach seiner Einlieferung ins Krankenhaus an seine Mitarbeiter schreibt.
    oder:
    Gestalten Sie einen Dialog zwischen Harold und seiner Frau, die von Harold verlangt, kürzer zu treten und einmal richtig Urlaub zu machen.


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Wer einen literarischen Text ▪ weitererzählen will, stellt vor einer komplexen Schreibaufgabe, die nicht nur Fantasie für das Fortschreiben verlangt, sondern auch die Fähigkeit, den Inhalt des Vorlagentextes zu erfassen und seine ▪ Erzählstrukturen zu erkennen.

Vom Schwierigkeitsgrad der Vorlage und seiner ▪ Erzählstrukturen hängt dementsprechend auch ab, für welche Altersstufe und für welches das Anforderungsniveau die jeweilige Schreibaufgabe gedacht ist.

Der Vorlagentext aus Grundlage

Wer einen Text weitererzählen soll, muss sich an den Inhalten und Strukturen des Ausgangstextes orientieren und mit diesen als Material für die eigene Fortführung weiterarbeiten (transformieren).

Der Vorlagentext ist damit nicht nur einfach Impulsgeber für die eigene Fantasie, sondern Grundlage der kreativen Fortführung der Geschichte.

Das kann, wenn dies nicht als Schreibauftrag ohnehin präzisiert worden ist, im Einzelnen z. B. bedeuten:

  • Sich an die Erzählperspektive halten

    Die Erzählperspektive, die in der Textvorlage gestaltet ist (z.B. Ich-Erzählung oder Er-Erzählung, Perspektive einer Figur, die das Geschehen erzählt), muss, wenn nichts anderes gefordert ist, beibehalten werden.

  • Die raumzeitlichen Rahmenbedingungen berücksichtigen

    Zeit- oder Ortswechsel bei der Weitererzählung müssen also deutlich gemacht werden und plausibel an das vorgegebene Raum-Zeit-Gerüst anschließen.

  • Die handelnden Figuren weiter agieren lassen

    Wenn in der Textvorlage bestimmte Figuren (bis zu einem bestimmten Punkt) miteinander in Beziehung treten, sollte die Weiterführung der Geschichte diese Beziehung in ihrer Entwicklung fortführen. Ganz neue Figuren einzuführen, die, wie vom Himmel gefallen, dieser Entwicklung oder dem Geschehen eine bestimmte Wendung geben, sind dazu oft nicht so gut geeignet.

  • Einen vorhandenen Konflikt aufgreifen

    Besteht zwischen bestimmten Figuren ein Konflikt oder sieht sich eine Figur in einem (inneren) Konflikt, sind diese Konflikte oder Problemlagen aufzugreifen und in ihrer weiteren Entwicklung darzustellen.

  • Die sprachlich-stilistische Gestaltung des Ausgangstextes fortführen

    Die Art und Weise, wie das Geschehen sprachlich im Ausgangstexts gestaltet ist, sollte auch die Weitererzählung kennzeichnen. Das bedeutet z. B., dass ein Text, der, insgesamt gesehen, in der Standardsprache verfasst worden ist, bei der Weitererzählung nicht einfach in die Umgangssprache abgleiten darf.
    Eine vorgegebene Geschichte kann ihren Inhalt in unterschiedlichem "Grundton" darbieten. Sie kann dabei vergnüglich, spannend oder seltsam wirken und das Geschehen mit einem Augenzwinkern, mit ernstem Blick oder eher unbeteiligt erzählen. Dieser genretypische Grundton wird auch an der verwendeten Sprache sichtbar.
    Beim Weitererzählen sollte man daher versuchen, diesem Grundton zu folgen (wenn die vorgegebene Geschichte also eher humorvoll ist, auch humorvoll weitererzählen). In erzählerisch gut begründeten Fällen kann man selbstverständlich auch davon abzuweichen.

Surfbrett Weitererzählung

 

Surfbrett Weitererzählung

Gert Egle, zuletzt bearbeitet am: 28.06.2024

   
 

 
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