Wir sind fünf Freunde, wir sind einmal
hintereinander aus einem Haus gekommen, zuerst kam der eine und stellte
sich neben das Tor, dann kam oder vielmehr glitt so leicht, wie ein
Quecksilberkügelchen gleitet, der zweite aus dem Tor und stellte sich
unweit vom ersten auf, dann der dritte, dann der vierte, dann der
fünfte. Schließlich standen wir alle in einer Reihe. Die Leute wurden
auf uns aufmerksam, zeigten auf uns und sagten: „Die fünf sind jetzt aus
diesem Haus gekommen.“ Seitdem leben wir zusammen, es wäre ein
friedliches Leben, wenn sich nicht immerfort ein sechster einmischen
würde. Er tut uns nichts, aber er ist uns lästig, das ist genug getan;
warum drängt er sich ein, wo man ihn nicht haben will. Wir kennen ihn
nicht und wollen ihn nicht bei uns aufnehmen. Wir fünf haben zwar früher
einander auch nicht gekannt, und wenn man will, kennen wir einander auch
jetzt nicht, aber was bei uns fünf möglich ist und geduldet wird, ist
bei jenem sechsten nicht möglich und wird nicht geduldet. Außerdem sind
wir fünf und wir wollen nicht sechs sein. Und was soll überhaupt dieses
fortwährende Beisammensein für einen Sinn haben, auch bei uns fünf hat
es keinen Sinn, aber nun sind wir schon beisammen und bleiben es, aber
eine neue Vereinigung wollen wir nicht, eben auf Grund unserer
Erfahrungen. Wie soll man aber das alles dem sechsten beibringen, lange
Erklärungen würden schon fast eine Aufnahme in unsern Kreis bedeuten,
wir erklären lieber nichts und nehmen ihn nicht auf. Mag er noch so sehr
die Lippen aufwerfen, wir stoßen ihn mit dem Ellbogen weg, aber mögen
wir ihn noch so sehr wegstoßen, er kommt wieder.
(Franz Kafka, Sämtliche
Erzählungen,. hg. v. Paul
Raabe, Fischer Taschenbuch 1078, Frankfurt/M. 1970, S.354)