In der Fachsprache von Werbefachleuten wird zur
Bezeichnung dieses Textteils meist der Begriff Headline verwendet. Dennoch
spricht nach Ansicht von
Nina Janich (1999, S.42)
einiges dafür, den Begriff Schlagzeile zu verwenden, zumal sich der
Aufhänger keineswegs stets über der Gesamtanzeige befindet, sondern häufig
mittendrin zu finden ist.
Wenn man dazu berücksichtigt, dass in der
Werbung seit den neunziger Jahren darüber hinaus "immer mehr vom
klassischen Anzeigenaufbau abgewichen wird" und es mithin immer
schwieriger wird, die klassifizierten Textteile eindeutig zuzuordnen,
scheint eine weitergehende Differenzierung in Headline,
Topline und
Subheadline wenig sinnvoll und ergiebig zu sein.
Wahrnehmungspychologisch
erfüllt die Headline gemeinsam mit dem
▪ Bild die Aufgabe, die
▪
Aufmerksamkeit eines
flüchtigen Lesers auf sich zu ziehen und ihn zu einer eingehenderen
Rezeption der ganzen Anzeige zu animieren. Diese
Wirkung entfaltet sie durch
-
ihre besondere
▪ typographische Gestaltung,
-
durch ihre Platzierung,
-
durch ihr Zusammenspiel mit den bildlichen
Textteilen einer Annonce und
-
durch ihre mehr oder weniger spektakuläre
Thematisierung des Werbeobjekts bzw. der Werbeaussage.
Die Headline besitzt eine
"besondere Informationsqualität - häufig in Form eines Neuigkeitswerts" (Zielke
1991, S.67), auch wenn dabei nicht "von einer Herausstellung
eines Informationskerns gesprochen werden" kann. (Sowinski
1979, S. 73)
Über die bestmögliche
Länge einer Headline gehen die Meinungen auseinander. Die einen
halten fünf, andere höchstens acht Wörter für optimal und wieder
andere meinen sogar, dass nur lange Schlagzeilen etwas verkaufen können.
(vgl.
Schierl 2001, S.152)
Empirische Untersuchungen konnten jedenfalls keinen Nachweis dafür
erbringen, dass die Beachtung einer Headline von ihrer Länge abhängt. So
gibt es also wohl keinen allgemein gültigen Optimalwert.
Auf der anderen
Seite "ist es aber auch sicher nicht falsch, die Headline so kurz zu
machen, wie es die zu kommunizierende Idee erlaubt. Denn je kürzer eine
Headline ist, um so schneller ist sie auch von einem wenig interessierten
Rezipienten zu erfassen. " (Schierl 2001,
S.151f.)
Grundsätzlich sollte die Headline so viel Information enthalten, dass ein
Leser, der den weiteren
▪
Fließtext ignoriert,
genügend Informationen erhält.
Ob aus dem gleichen Grund der Markenname auch schon in der Headline
erscheinen soll, ist dagegen strittig. Dagegen lässt sich auf jeden Fall
einwenden, dass "die prägnante bildliche Darstellung des Produktes und des
Produktlogos sehr viel effizienter sein dürfte, da beides aufgrund seiner
Bildlichkeit sehr viel prägnanter und leichter zu behalten ist." (Schierl 2001,
S.151)
Um Aufmerksamkeit zu erregen thematisiert die Headline
häufig einen produktspezifischen Zusatznutzen
(USP = unique selling
proposition = einzigartige Verkaufsaussage). (vgl.
Gilson/Berkman 1980, S.
150)
Die Herausstellung eines
die Aufmerksamkeit des Betrachters erregenden Zusatznutzens dient vor
allem dazu, das eigene Produkt angesichts allgemein vorherrschender
Produktähnlichkeiten von Konkurrenzprodukten abzuheben.
Im
nachfolgenden Bildbeispiel einer Samsonite-Werbung besteht der
Zusatznutzen z. B. darin, dass eine Karrierefrau, wenn sie sich
entsprechend ausstaffiert mit einem Koffer von Samsonite, sich in
ihr enges "kleines Schwarzes kleidet" und wie auf beim Catwalk mit
einer entsprechenden Hüftbewegung "post" (erotische Apelle), sie
ihre Ziele, z. B. am Ende des Tisches den Posten der Chefin
einzunehmen erreichen kann und dabei von nichts und niemanden, auch
den hörigen Blicken der Männer nicht aufgehalten werden kann. Der
berufliche Aufstieg einer Frau geht aber nur über den "Catwalk", d.
h. sie muss auch ihre erotische Attraktivität einsetzen, die die
Wahrnehmung ihrer Leistung, symbolisiert im Koffer, den sie, betont
lässig, hinter sich herzieht, erst, wenn auch in den Grenzen
einer auf die die erotischen Reize der Frau gebannt reagierenden
untergebenen und "hörigen" Männerschar.
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Die
Hervorhebung eines Zusatznutzens kann u. a. -
Überschneidungen lassen sich nicht vermeiden - geschehen durch
-
die besondere
Hervorhebung einer Produkteigenschaft ( z. B. Headline einer
Autowerbung von Jaguar XJ: "Aluminium wird zum Edelmetall")
-
das Aufzeigen
einer besonderen Verwendungssituation oder eines Verbrauchsaspekts
(z. B. Schlagzeile für Bonaqa sports water: "Bleib beim Sport länger in
Form!")
-
den Verweis
auf einen besonderen Nutzen für den Konsumenten ( z. B. Headline für
eine Bosch-Waschmaschine: "Beste Pflege für ihre zweite Haut")
-
Einbettung
des Produkts in allgemeine Wertvorstellungen (z. B. Headline für
eine Breitling-Uhr: "Leistung. Prestige. Innovationsfreude")
Allerdings muss eingeräumt werden, dass ein mit der
Headline ausgedrückter Zusatznutzen nicht immer eindeutig erfasst
werden
kann. (vgl.
Janich 1999,
S.43) (▪
Baustein: Headline und Zusatznutzen)
Außerdem knüpft die Vorstellung eines psychologischen oder
sozialpsychologischen "Zusatznutzens" an einer Vorstellung von
Werbewirkung an, die Werbung nicht daran misst, was sie tatsächlich
"bedeutet" (vgl.
Wilk 2002,
S.87), nämlich "alle jene merklichen und unmerklichen symbolischen
oder faktischen, bewussten oder unbewussten Auswirkungen, die
massenmediale Werbebotschaften haben können." (ebd.,
S.59)
Werbegeschichtlich ist eine Schwerpunktverlagerung vom
▪
Slogan zur Headline
festzustellen, die dem heutigen Stellenwert der visuellen Kultur
entspricht und das Ergebnis eines schon seit einigen Jahrzehnten
anhaltenden Trends darstellt, der die visuellen Möglichkeiten "einer
stärker hörorientierten Erinnerungswerbung, wie sie durch Ausrufer und
Rundfunk gefördert wurde, [...] zu einer stärker optisch bestimmten
Aufmerksamkeitswerbung, [...] auszunutzen sucht." (Sowinski
1979, S. 76)
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Der komplexe Text
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
28.10.2021