Der Nominalstil
(auch: Substantivstil) ist dadurch gekennzeichnet, dass bei den
sprachlichen Äußerungen
Nominalisierungen
überwiegen, d. h. dass ein Nomen (Substantiv) aus einem anderen Wort
oder einer anderen Wortart gebildet wird.
Sätze, die im
Nominalstil verfasst sind, wirken oft sehr komprimiert, folgen
einer strengen ▪
sprachlichen Ökonomie, sind aber häufig auch
schwerer
verständlich als im Verbalstil
abgefasste Sätze.
Bei
Rekapitulationen
von Texten (Textzusammenfassungen, Textwiedergaben wie z. B. bei
▪
Inhaltsangabe, ▪
strukturierter Textwiedergabe, ▪
Konspekt, ▪
Exzerpt, ▪
Abstract ...), deren Zweck "in der komprimierten, weil
begrifflichen Kondensation eines Textes auf seine zentralen
Aussagen" (Becker-Mrotzek/Böttcher
2011, S.171) besteht, dient die Nominalisierung und der Nominalstil
zur
Informationsverdichtung eines vorliegenden
Primärtextes. Abhängig von der ▪
Sachgehaltsdichte eines
Gebrauchstextes ist die ▪
syntaktische Kondensierung als sprachlich-rhetorische Technik
der Informationsverdichtung (Textkondensationsstrategie)
sind
Nominalisierungen
dabei besonders effizient. So können z.B. adverbiale Bestimmungen in Form von
Präpositionalphrasen statt konjunktionaler Nebensätze einen Satz
erheblich verdichten (z. B. Weil Emil
mit Alkohol am Steuer gefahren ist, hat man ihm den
Führerschein entzogen. (14 Wörter) → Wegen seiner
Trunkenheitsfahrt wurde Emil der Führerschein entzogen. (8 Wörter))
In bestimmten
Kommunikationsbereichen der Gesellschaft ist der Nominalstil
besonders häufig zu finden und Teil der entsprechenden ▪
Funktionalstile wie z.
B. beim ▪
Funktionalstil des Behördenwesens oder dem ▪
Funktionalstil der Wissenschaft.
In der
Amtssprache, dem ▪
Funktionalstil des Behördenwesens, geht die Dominanz des
Nominalstils auf eine jahrhundertelang gewachsene
Begrifflichkeit und Abstraktheit der deutschen Gesetzessprache
zurück, die "eine Folge der Rezeption des römischen Rechts seit
dem 15. Jahrhundert" darstellt und sich von dem eher
kasuistischen Stil in den anglo-amerikanischen und romanischen
Länder unterscheidet. (vgl.
Fingerzeige
für die Gesetzes- und Amtssprache 1998, S.37)
Der Trend in
der Kommunikation zwischen Ämtern/Behörden und den Bürgerinnen
und Bürgern geht dahin, den Nominalstil dort zu vermeiden, wo es
fachsprachlich wie z. B. bei der gesetzlichen Terminologie nicht
erforderlich ist. So können unnötige, durch das "Amtsdeutsch"
bedingte Barrieren zwischen Bürgern und Behörden vermieden
werden. Es gibt aber eben auch immer wieder Fälle, bei denen auf
Nominalisierungen nicht verzichtet werden kann, z. B. wenn das
Verb vage und mehrdeutig, seine Substantivierung aber einen klar
definierten Begriffsinhalt besitzt. (vgl.
ebd.)
So ist das Verb
erlauben vergleichsweise vage, weil die Erlaubnis auch
ohne das Vollziehen eines Verwaltungsaktes, quasi formlos,
erfolgen kann, die nominalisierte Form eine Erlaubnis
erteilen ist hingegen aber auf das amtliche
Verwaltungshandeln der Behörde bezogen. (vgl.
ebd.)
Als im Amtsdeutsch unnötig angesehen werden in der Regel
Substantivierungen von Verben auf -ung, wenn sie z.B.
"mit farblosen Funktionsverben wie erfolgen,
stattfinden, unterbleiben oder bestehen verbunden
werden." (ebd.,
S.38) Die Formulierung "Es besteht die Notwendigkeit,
weitere Auskünfte einzuholen." wäre demnach mit "Wir
müssen weitere Auskünfte einholen." stilistisch
zu verbessern.
Im Zusammenhang
mit
schulischen Schreibformen gilt der Nominalstil
manchen geradezu als
"Stilkrankheit" (Heringer
1989, S.240), vor allem, wenn er auf der Substantivierung
von Verben beruht. Andererseits gibt es wohl auch
Deutschlehrkräfte, die "Formulierungen in einem
umständlich-geschraubten, nominal-abstrakten Stil [...] als
Ausweis sprachlicher Meisterschaft" (Steinig/Huneke
2002, S.118) honorieren. In aller Regel werden die
Schülerinnen und Schüler aber wohl angehalten, wie auch beim ▪
Periodenstil, wenn es nicht um das ▪
Zusammenfassen von Texten, insbesondere Sachtexten, in Form
von ▪
Inhaltsangaben, ▪
strukturierten Textwiedergaben, ▪
Konspekten, ▪
Exzerpten, ▪
Abstracts etc. geht, den Nominalstil zu vermeiden und
stattdessen im ▪ Verbalstil zu
formulieren.