Der ▪
Referenzrahmen für literarische
Kompetenz, den Theo
Witte
(2008) im Zusammenhang
einer
Längsschnittstudie an niederländischen Schulen entwickelt hat,
unterscheidet sechs verschiedene Kompetenzniveaus der ▪
literarischen Kompetenz, die auf
jeweils spezifischen Arten des Lesens beruhen. Vom untersten Level 1 bis
zum obersten Level 6 sind dies (Terminologie in der dt. Übersetzung von
Altinay-sezen
(2015, S.6 f.):
Aspekte des Referenzrahmens beim literarischen Lesen
Der
▪ Referenzrahmen literarischer
Kompetenz für Leserinnen und Leser beim literarisches Lesen (literate
reading) auf dem fünften der sechs Kompetenzniveaus (Witte
(2008, S.532) umfasst leserseitige
und textseitige Faktoren sowie die
darauf Bezug nehmenden Niveaus der Aufgaben
und des jeweiligen niveauspezifischen Aufgabendesigns.
Leserseitige Faktoren
Schülerinnen und Schüler
-
verfügen über eine
breite literarische Kompetenz
-
haben vielfältige Erfahrung
im Lesen von Belletristik
-
können komplexe Werke
verstehen, interpretieren und wertschätzen, einschließlich alter
literarischer Texte, die vor 1880 geschrieben wurden
-
tauschen sich mit
anderen Leserinnen und Lesern über ihre Leseerfahrungen,
Interpretationen und Vorlieben aus
-
besitzen ein
ausreichend entwickeltes allgemeines, historisches und literarisches
Wissen, das ihnen Zugänge zu komplexen modernen und alten
klassischen Texten eröffnet
-
sind bereit, diese
diese Texte zu lesen und sich auf deren Themen und Strukturen
einzulassen
-
beziehen dabei auch
literaturhistorische Hintergründe und Stilrichtungen ein
-
wissen, dass Texte in
einen kulturhistorischen Kontext gestellt sind
-
sehen in der
Literatur auch ein Werkzeug zum Lernen über die Vergangenheit und
über kulturelle Identität.
-
entwickeln ein
Interesse am Kanon, literarischen Konventionen, Kultur und
Geschichte und an bestimmten klassischen Autoren
Textseitige Faktoren
Texte und Bücher die für die jugendlichen Leserinnen und Leser dieses
Niveaus in Frage kommen,
-
können sich stark von
dem unterscheiden, was sie in Bezug auf Sprachgebrauch und
literarische Konventionen gewohnt sind
-
können Charaktere und
Themen beinhalten, die weit außerhalb ihres eigenen
Erfahrungshorizontes liegen
-
sind der Lage, mit
einer fiktionalen Welt und ihren Normen umzugehen, deren Elemente zu
weit zurückliegenden Zeiten gehören und/oder in einer lange
zurückliegenden Zeit gestaltet worden sind
-
können die mit der
zunehmenden strukturellen Komplexität von Texten der modernen
Literatur mit ihren Mehrdeutigkeiten und ihrer Implizitheit sowie
ihren technischen und stilistischen Raffinessen
Aufgaben, Aufgabenniveau und niveauspezifisches Aufgabendesign
Aufgaben, die von
Schülerinnen und Schüler auf diesem Kompetenzniveau bewältigt werden,
können, sollten berücksichtigen, was diese auch leisten können und in
welchem Rahmen diese Leistungen erbracht werden.
Schülerinnen und
Schüler
-
können einen älteren
Text lesen und "historisierend" und in seinen
literarisch-historischen Kontext einordnen (rekontexutalisieren)
-
können Charaktere und
komplexe Ereignisse aus verschiedenen Blickwinkeln analysieren und
bewerten
-
können verschiedene
Elemente und Bedeutungsebenen so miteinander verknüpfen, dass sie
das zentrale Thema des Textes erschließen
-
interessieren sich
bei ihrer Lektüre und Textarbeit stets auch für weitere
Hintergrundinformationen
-
können aus einer Zahl
unterschiedlicher Zugänge zum Text die auswählen, die ihren
Bedürfnissen oder den Erfordernissen der Aufgabe am besten
entsprechen (z. B. autorbezogener Ansatz, kulturelle und historische
Einordnung des Textes)
-
unterscheiden bei
ihren Bewertungen zwischen ihrer eigenen Leseerfahrung und dem einem
Werk kulturhistorisch zugeschriebenen Wert
-
können vertiefte
Diskussionen über ein Werk führen
-
sind in der Lage,
selbständig die "richtige" Auswahl von Texten, die zu ihren
Vorlieben und Interessen passen, zu treffen
(vgl.
Witte
2008, S.532, übersetzt und dabei leicht verändert und ergänzt)
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