Der bekannteste Vertreter dieser Richtung ist
Günter Waldmann (2001/52008), für dessen Ansatz zwei
"Aneignungsweisen" des dramatischen Textes typisch sind:
Das Konzept Waldmanns laufe, so
Lösener
(2005, S.311) wegen seiner
rezeptionsästhetischen Prämissen allerdings Gefahr, "die
mentale Inszenierung von der
impliziten Inszenierung des Textes abzukoppeln." Auch wenn diese
Kritik sicherlich überspitzt ist, trifft sie doch einen wunden
Punkt: Produktionsorientierte Ansätze können u. U. eine gewisse
Vernachlässigung der ▪ impliziten
Inszenierung begünstigen, "die in den Dramentext selbst
eingeschriebene Inszenierung" (Lösener 2005,
S.311) zu vernachlässigen, müssen dies aber nicht.
Dies gilt umso mehr im kompetenzorientierten
Literaturunterricht, der für den Erwerb ▪
literarischer
Kompetenzen (literarästhetische Produktionskompetenz
und ▪ literarästhetische Rezeptionskompetenz)
unterschiedliche Zugänge zu literarischen Texten im Allgemeinen
und damit auch Dramen unbedingt erforderlich sind.
Die Einordnung des Konzepts von Waldmann in die produktionsorientierten
Konzepte der Dramendidaktik erfolgt aus diesen grundsätzlichen Überlegungen
und vor allem in Abgrenzung zu Konzepten der Spiel- oder Theaterdidaktik,
z.B. Ingo Schellers
▪ Konzept der
szenischen
Interpretation.
Ungeachtet dieser Einordnung Waldmanns darf freilich nicht
übersehen werden, dass dieser selbstredend fordert, dass im
Literaturunterricht "die elementare Beziehung des Dramas zum Handeln" im
Vordergrund stehen müsse, damit Dramentexte "wenigstens auch auf ihre
eigentliche szenische Bestimmung hin und damit handelnd und produktiv gelesen
werden. (Waldmann
(2001/52008, S.2)
Dementsprechend enthalten seine Ratschläge zum produktiven Umgang mit dem
Drama auch deutlich mehr als reine Schreibaufgaben wie Um- und
Weiterschreiben von Dramensequenzen, verschiedene Schreibexperimente mit
Haupt- und Nebentext oder das Verfassen von Minidramen.
Gewöhnlich verbindet Waldmann
schreiborientierte und spielorientierte Aufgabenstellungen miteinander.
(vgl. auch ▪
Methodenrepertoire zur
szenischen Erarbeitung von Dramentexten)
Im Allgemeinen bereiten die schreiborientierten Aufgaben die spielorientierten
vor, und das Ganze kann durch textanalytische Betrachtungen ergänzt werden.
Am Beispiel von
Friedrich
Dürrenmatts Drama »Der
Besuch der alten Dame« zeigt Waldmann, wie ein solches Vorgehen mit
verschiedenen szenischen (Rollenbiographien,
Standbildern,
Rollenmonolog,
Hilfs-Ich etc.) und
analytischen Verfahren (Dialog- und Motivanalysen, Szenenvergleichen,
Fassungsvergleichen etc.) in die Praxis umgesetzt werden kann.
▪
Methodenrepertoire zur
szenischen Erarbeitung von Dramentexten
Gert Egle. zuletzt bearbeitet am:
19.12.2023