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Figurale Techniken zur Charakterisierung im Drama

Implizit-figurale Techniken

 
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Aspekte der Sprache in dramatischen Texten

Die ▪ Figurencharakterisierung im ▪ dramatischen Text kann grundsätzlich ▪ direkt oder indirekt erfolgen.

Informationen, mit denen eine einzelne Figur etwas Charakterisierendes über sich selbst aussagt oder Berichte und Kommentare, die von anderen Figuren über eine Figur abgegeben werden, bezeichnet man nach Pfister (1977, S.251) als figurale Techniken der Figurencharakterisierung im Drama.

Zur figuralen Charakterisierung im Drama können nach Pfister (1977, S.251) neben ▪ explizit-figuralen auch die folgenden implizit-figuralen Techniken verwendet werden.

Wie bei allen Charakterisierungstechniken dramatischer Figuren unterscheiden sich auch im Falle der implizit-figuralen Techniken im Hinblick auf das Repertoire und die Anzahl der in einem Text enthaltenen sprachlichen und außersprachlichen Technikenvon Drama zu Drama. Sie hängen dabei von dem jeweiligen Dramentyp ab, können von Autor zu Autor unterschiedlich ausfallen und/oder berücksichtigen auf jeweils eigene Weise vorhandene Theatertraditionen und -konventionen.

Textinterpretation, literarische Charakteristik und implizit-figurale Techniken der Figurencharakterisierung

Abhängig vom jeweiligen ▪ dramendidaktischen Konzept haben die implizit-figuralen Techniken zur Figurencharakterisierung im Literaturunterricht und bei der ▪ schulischen Interpretation dramatischer Texte unterschiedliches Gewicht. Bei einer ▪ "aufführungsbezogenen Lektüre" (Payrhuber 1998) ist davon auszugehen, dass auch diese Elemente bei der ▪ literarischen Charakteristik einer dramatischen Figur im Literaturunterricht zu berücksichtigen sind.

Grundpositionen der Dramendidaktik

Bei der ▪ schulischen Interpretation dramatischer Texte dominieren vor allem bei Leistungsaufgaben textorientierte Unterrichtskonzepte, die sich nicht primär von der ▪ plurimedialen Qualität des dramatischen Textes und der Tatsache seines sogenannten ▪ Partiturcharakters leiten lassen. Sie gehen dabei im Allgemeinen vom ▪ Konzept der impliziten Aufführung aus. (vgl. Lösener 2005. S.297). Diese wird  im Gegensatz zur ▪ aufgeführten Inszenierung nur sprachlich auf der Textebene realisiert und stellt die Gesamtheit der in einem Text enthaltenen Inszenierungsgrößen (z.B. Raum, Sprache, Körper, Bewegung, Haltungen, Beleuchtung usw.) dar.

Allerdings beschränkt sich dieser Ansatz nicht darauf, die im Nebentext vorhandenen Bühnenanweisungen zu berücksichtigen, sondern versucht die verschiedenen Inszenierungsgrößen (Sprache, Bewegung, Gebärden, Sprechweisen etc.) in ihren Beziehungen zueinander zu erfassen. (vgl. Lösener 2005. S.302). Dies verlangt allerdings ▪ einige Übung, insbesondere um "Pausen, Tempowechsel, Überraschungseffekte, Bewegungen im Raum, Körperhaltungen und -aktionen, Sprechweisen und Sprechhaltungen etc., also wesentliche Parameter, die den 'Rhythmus' einer Inszenierung ausmachen, aus der internen Gliederung der einzelnen Repliken im dialogischen Gefüge" (Lösener 2005. S.302) erschließen zu können.

Ohne die Herstellung solcher Beziehungen auf Textebene ließen sich schließlich ein antikes Drama wie die "Antigone" von »Sophokles (griech. Σοφοκλῆς, 496 - 406/405 v. Chr.) oder die Tragödien »William Shakespeares (1564-1616) wie z. B. Julius Cäsar, Hamlet oder Macbeth kaum lesen, da sie keinen oder nur sehr spärliche Anweisungen als Nebentext enthalten.

Theater- und spielorientierte Konzepte, die sich eher mit der ▪ mentalen und auch der ▪ aufführungsbezogenen Lektüre beschäftigen, und damit auch die impliziten figuralen Techniken der Figurencharakterisierung stärker herausarbeiten, spielen im schulischen Literaturunterricht eher eine Nebenrolle. In ▪ produktionsorientierten Ansätzen hingegen, die auf die "Aktivierung der ▪ mentalen Inszenierungstätigkeit der Schüler" zielen (Lösener 2005, S. 310ff.) spielen implizit-figurale Techniken der Figurencharakterisierung eine wichtige Rolle, sie können aber, wenn sie das kreative Potential solcher Schreibaufgaben ausreizen, die mentale auch von der impliziten Inszenierung des Textes abkoppeln und sich damit dem ▪ Konzept der szenischen Interpretation annähern.

Sprachliche Techniken

Sprachliche Techniken, die eine dramatische Figur implizit charakterisieren, zählen zu den ▪ indirekten Charakterisierungen, die in einem dramatischen Text vorkommen.

Sie resultieren aus der ▪ plurimedialen Qualität des dramatischen Textes und der Tatsache seines sogenannten ▪ Partiturcharakters, der Tatsache also, dass ein dramatischer Text also eigentlich kein "Lesetext" im engeren Sinne ist, sondern erst als Text auf einer Bühne realisiert wird.

Theaterregie: Der Partiturcharakter des dramatischen Textes

Bei den sprachlichen Techniken geht es bei der Analyse und Inszenierung des jeweiligen Sprechakts um linguistische und paralinguistische Aspekte des Sprachgebrauchs.

  • Linguistische Phänomene sind verbal und zeigen sich in einem bestimmten Sprach- bzw. Sprechstil einer Figur oder Informationen, die bei manchen Theaterstücken oder Inszenierungen über einen Lautsprecher eingespielt werden.

So kann der Sprachstil, den eine Figur pflegt, sehr aufschlussreich für die Interpretation ihres Charakters sein, wenn z. B. sich eine Figur stets "gepflegt" in einer gehobenen Standardsprache ausdrückt oder eben umgangssprachlichen "Slang" mit derben Formulierungen benutzt.

Allerdings gilt dies nicht völlig uneingeschränkt. Der ▪ Korrespondenzbezug zwischen Sprache und Figur gestaltet sich nämlich mitunter, insbesondere bei ▪ Dramen der geschlossenen Form, durchaus komplizierter. Wenn alle Figuren darin wie z. B. in einem ▪ Versdrama eine Sprache mit starker poetischer Stilisierung sprechen, dann steht zunächst einmal das Bestreben des Autors dahinter, die Sprache in seinem Drama insgesamt in einem "rhetorisch hohen und metrisch gebundenen Stil" (Pfister 1977, S.172) ästhetisch zu homogenisieren. Damit stellt der die poetische Funktion der dramatischen Rede heraus und macht die Sprache selbst mit ihrer konkreten Materialität und Strukturiertheit zum Gegenstand der Betrachtung durch den Rezipienten. (vgl. ebd.) Dass die Figuren in solchen Fällen von der Normalsprache abweichen und deren Normen durchbrechen, hat also in der Regel nichts mit dem Charakter der Figuren zu tun, sondern zielt auf die Reflexion des Lesers bzw. Zuschauer über die Sprache selbst. Für die Kommunikation der Figuren untereinander spielt "diese 'unnatürliche' Redeweise" (vgl. ebd., S.167), solange sie nicht selbst im Drama in Dialogen oder Monologen thematisiert wird, keine Rolle.

Wird die Sprache von Figuren in solchen Fällen zur Charakterisierung herangezogen, muss man sich die homogenisierende Dominanz der poetischen Funktion der Sprache berücksichtigen und nur das heranziehen, was die dramatische Rede einer bestimmten Figur von denen anderer Figuren unterscheidet.

Im Gegensatz zu der dominanten poetischen Funktion der Sprache gegenüber ihrer expressiven in den oben genannten Fällen gestalten sich die Korrespondenzbezüge zwischen Sprache und Figur hingegen im ▪ naturalistischen Drama, bei dem dieser Bezug "sehr streng gefasst und, dem Prinzip der sprachlichen Differenzierung gemäß, jeder Figur ihre ganz individueller Sprachstil zugeordnet (ist)" (vgl. ebd., S.172), ganz anders.

Hier sollen nämlich bestimmte sprachliche Varietäten eine Figur charakterisieren und z. B. ihre Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe von Menschen signalisieren. Dies ist z. B. der Fall, wenn eine Figur oder sämtliche Figuren ▪ Dialekt sprechen, der neben dem Merkmal der sozialen Schicht auch eine Bindung an einen bestimmten Sprachraum aufweist.

Im ▪ naturalistischen Drama, als Beispiel sei hier »Gerhart Hauptmann (1862-1956), »Der Biberpelz, »II.  genannt, steht der Dialekt dabei im Dienst der Darstellung der bis dahin auf der Bühne ausgegrenzten Bereiche bestimmter sozialer Milieus. Kleinbürgertum und Industrieproletariat, die unteren soziale Schichten, Randgruppen wie Dirnen, Alkoholiker, Geisteskranke werden damit Handlungsträger (vgl. (Hofacker 1989/1992, S. 311)

Mutter Wolffen steht dabei als typisches Beispiel, die von Anfang an Dialekt spricht (»I,1)

Frau Wolff, unsichtbar, von außen. Adelheid! Adelheid! Stille; dann wird von der andern Seite ans Fenster gepocht. Wirschte gleich uffmachen!

Leontine, im Schlaf. Nein, nein, ick lass' mir nich schinden!

Frau Wolff. Mach uff, Mädel, sonste komm' ich durchs Fenster. Sie trommelt sehr stark ans Fenster.

Leontine, aufwachend. Ach, du bist's, Mama! Ick komme ja schon! Sie schließt innen auf.

Frau Wolff, ohne einen Sack, welchen sie auf der Schulter trägt, abzulegen. Was willst'n du hier?

Leontine, verschlafen, 'n Abend, Mama!

Frau Wolff. Wie bist'n du reingekommen, hä?

Leontine. Na, übern Ziejenstall lag doch der Schlüssel. Kleine Pause.

Frau Wolff. Was willste denn nu zu Hause, Mädel?

Leontine, läppisch maulend. Ich soll woll man jar nich mehr bei euch komm?

Frau Wolff. Na, sei bloß so gutt un tu dich a bissel. Das hab' ich zu gerne. Sie läßt den Sack von der Schulter fallen. Du weeßt woll noch gar nich, wie spät daß schonn is? Mach bloß, daßte fortkommst zu deiner Herrschaft.

Leontine. Wenn ick da man ooch wer mal'n bißken zu spät komm!

Frau Wolff. Nu nimm dich in Obacht, hast de verstanden! Und sieh, daßte fortkommst, sonst haste verspielt.

Leontine, weinerlich, trotzig. Ick jeh' nich mehr bei die Leute Mama!

Frau Wolff, erstaunt. Du gehst nich ... Ironisch. Ach wo, das ist ja was ganz Neues.

Leontine. Na brauch' ick mir immer lassen schinden? [...]

Zugleich steht das Beispiel auch dafür, dass bestimmte prosodischen Elemente der Sprache auch schon im Zuge einer ▪ explizit-auktorialen Charakterisierung im Nebentext, den ▪ Bühnenanweisungen bzw. Regiebemerkungen, festgelegt sein können, ohne dass damit der Inszenierung selbst allzu genaue Regeln vorgegeben werden. Solche Formulierungen, wie "läppisch maulend" z. B., dienen zu einer klareren Herausarbeitung des Sprechakts.

»Bertolt Brecht (1898-1956) nutzt den unterschiedlichen Sprach- und Sprechstil seiner Figuren in seinem Drama in seinem Drama "Mutter Courage und ihre Kinder" (1938/39) um ihren ▪ gesellschaftlichen Gestus und die gesellschaftliche Bedingtheit ihres Handelns aufzuzeigen. Seine Titelfigur  spricht umgangssprachlich, zugleich sehr schlagfertig in einem bayrisch-alemannisch gefärbten Dialekt.

Mutter Courage: "Mir tut so ein Feldhauptmann oder Kaiser leid, er hat sich vielleicht gedacht, er tut was übriges und was, wovon die Leute reden, noch in künftigen Zeiten, und kriegt ein Standbild, zum Beispiel er erobert die Welt, das ist ein großes Ziel für einen Feldhauptmann, er weiß es nicht besser. Kurz, er rackert sich ab, und dann scheiterts am gemeinen Volk, was vielleicht ein Krug Bier will und ein bissel Gesellschaft, nix Höheres. Die schönsten Plän sind schon zuschanden geworden durch die Kleinlichkeit von denen, wo sie ausführen sollten, denn die Kaiser selber können ja nix machen, sie sind angewiesen auf die Unterstützung von ihre Soldaten und dem Volk, wo sie grad sind, hab ich recht?" (6. Szene, Hervorh. der Verf.)

Brechts Begriff des Gestus lässt allerdings nicht auf das alltagssprachliche Verständnis von Gesten bzw. Gestik reduzieren. Er ist damit auch nicht mit ▪ nonverbalem Verhalten oder -  im besonderen Zusammenhang der Rede - mit den so genannten ▪ Redegesten gleichzusetzen. So können auch verschiedene Gesten den gleichen Gestus ausdrücken. Dies verdeutlichen auch von Brecht selbst gewählte Beispiele:

"Ein Mensch, der einen Fisch verkauft, zeigt unter anderem den Verkaufsgestus. Ein Mann, der sein Testament schreibt, eine Frau, die einen Mann anlockt, ein Polizist, der einen Mann prügelt, ein Mann, der zehn andere Männer ausbezahlt - in all dem steckt sozialer Gestus. Ein Mann, seinen Gott anrufend, wird bei dieser Definition erst ein Gestus, wenn dies im Hinblick auf andere geschieht oder in einem Zusammenhang, wo eben Beziehungen von Menschen zu Menschen auftauchen."

Für Brecht sind daher Begriffe wie Gestus und gesellschaftlicher Gestus unmittelbar aufeinander bezogen. Der Gestus einer Rede umfasst hauptsächlich die folgenden Aspekte:

  • die innere Grundhaltung des Redners zum Thema (z. B. weltanschauliche Positionen, eigener Wertehorizont)

  • die (gesellschaftlich bedingte) Beziehungsdefinition des Sprechers zu seinen Zuhörern
    (z. B. "Führer - Geführte", "Experte - Laien", "Chef - Mitarbeiter" etc.)

Wie dies aber bei der Artikulation der ▪ dramatischen Rede genau inszeniert werden soll, mit welcher Stimmlage (Tonhöhe), mit welchem Stimmvolumen, mit welchem Sprechtempo und mit welcher Akzentstruktur intoniert und artikuliert werden soll, wird erst bei der Inszenierung des Textes auf der Bühne festgelegt.

Außersprachliche Techniken

Bei den außersprachlichen Techniken zur impliziten Figurencharakterisierung geht um die ▪ Codes, die über den visuellen Kanal verwendet werden. Das sind Informationen, die verbal und/oder nonverbal gegeben werden.

Solche nonverbalen Informationen werden in der Regel

Es kommt aber auch vor, dass dafür  Spruchbändern, Schrifttafeln o. ä. eingesetzt werden, die auf der Bühne oder im Zuschauerraum ausgehängt oder angebracht sind.

Redegesten  z. B. können auf der Bühne unterschiedliche Funktionen haben:

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Aspekte der Sprache in dramatischen Texten

Gert Egle. zuletzt bearbeitet am: 03.09.2023

 
 

 
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