Viele Menschen haben ⁞Angst.
"Manch einer", so notiert
Nicole Silbermann
(2008), "macht sich sogar tatsächlich vor Angst in die Hosen. Die Angst
steht einem meist auch ins Gesicht geschrieben, was sich durch extreme
Blässe oder Rötung bemerkbar machen kann. In Angst und Schrecken versetzt
hat man weit aufgerissene Augen und unwillkürliche Kieferbewegungen, die
mitunter sogar die Zähne klappern lassen. Man zittert wie Espenlaub, denn
die Muskeln befinden sich in erhöhter Anspannung, um schnell reagieren zu
können. Die Enge, die im Brustkorb verspürt wird und das Gefühl, einem
werden die Kehle zugeschnürt finden sich auch in der Herkunft des Wortes
'Angst' wieder. 'Angustus' bedeutet im Lateinische 'eng' und 'angere'
bedeutet 'zuschnüren'."
Viele, die sich ängstigen, spüren die emotionale
Beklemmung als Lebens-, Existenz- und Weltangst unterschiedlicher Art selbst
dann, wenn sie sich bestimmte Dinge nur vorstellen. Schließlich kann man sich auch vor allem Möglichen fürchten.
(Quelle:
de.statista.com)
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Manchmal sind Ängste einfach da, ohne dass sie sich auf einen
bestimmten Gegenstand richten oder dass sie von etwas Bestimmten
ausgehen.
Wer solche diffusen Ängste hat, fürchtet sich also nicht
vor etwas ganz Bestimmtem, auf das man z. B. dadurch reagieren kann, dass
man sich am versteckt, flieht oder auch
Aggressionen entwickelt und angreift.
Dabei bedeuten die Begriffe ⁞Angst und Furcht für die
meisten Menschen wohl das Gleiche.
Angst ist in vielen Fällen einfach ein biologischer
Schutzmechanismus, der uns davor bewahren kann, zu große Risiken für
Leib und Leben einzugehen, das "Spiel mit der Angst" (Thrill, Kick)
nicht zu weit zu treiben.
Angst ist in gewisser Weise also lebensnotwendig.
-
Angst warnt uns
Angst vor aktuellen und künftigen Gefahren.
-
Angst macht wach
und vorsichtig.
-
Angst regt uns
an, Strategien zu finden, mit denen wir körperliche und
seelische Bedrohungen abwenden können
Normale (lebensnotwendige) und krankhaft übersteigerte Angst
Nicht alle Ängste, die wir haben, wachsen sich zu
Angststörungen aus. Nicht jede ⁞Angst wird oder ist eine
Phobie, auch wenn heute allerorten von
Phobien die Rede ist.
Die »Deutsche
Angstselbsthilfe (DASH) hat in ihren »Materialien
zum Pressegespräch am 9. Juli 2018 im Münchner Presseclub den
Unterschied zwischen normaler und krankhafter Angst beispielhaft
herausgearbeitet (S.04):
"Wenn die normale Angst die Aufgabe hat, uns zu warnen und zu
aktivieren, dann ist die übersteigerte Angst eine, die zu oft warnt
und zu heftig aktiviert. Sie ist also der realen Situation, dem
alltäglichen Leben nicht mehr angemessen, sie hat sich sozusagen
verselbstständigt. Die Unangemessenheit der krankhaften Angst zeigt
sich sowohl quantitativ wie qualitativ.
QUANTITATIV
Die Angst tritt über einen längeren Zeitraum hinweg unangemessen
häufig auf. Dies ist für jede Angststörung nochmals definiert, z.B.
innerhalb der letzten 6 Monate.
QUALITATIV
Die Angst ist für die gegebene Situation unangemessen intensiv. Wer
beim Anblick einer Spinne, in der U-Bahn oder bei einem öffentlichen
Auftritt Herzrasen bekommt, kaum noch atmen kann und schweißgebadet
ist, hat eine für die Situation unangemessen intensive Angst. Im
schlimmsten Fall steigert sie sich bis zur Panikattacke, wird völlig
unkontrollierbar."
Angststörungen sind weit verbreitet
Angststörungen
sind sehr verbreitete
▪
psychische Störungen,
"die durch Erregungs- und Spannungszustände gekennzeichnet sind, verbunden
mit dem Gefühl intensiver Angst ohne erkennbaren Auslöser." (Zimbardo/Gerrig
2004, S. 668)
Schätzungen zufolge hat etwa ein Viertel der
erwachsenen Bevölkerung in seinem Leben irgendwann einmal Symptome gehabt,
die für Angststörungen typisch sind. (Kessler u. a. 1994, zit. n.
Zimbardo/Gerrig 2004, S.
658). Aber nicht immer handelt es sich dabei um eine ernsthafte
Angsterkrankung.
Auch wenn gilt, dass "jede unangemessene Angst krankhaft (ist)"
und auch "nicht jede krankhafte Angst behandlungsbedürftig (ist)"
wenn sie nicht wirklich stört, "weil man ihr aus dem Weg gehen kann
(z.B. die Treppe statt den Aufzug benutzen) oder weil man trotz der
Angst immer noch handlungsfähig bleibt" (Deutsche
Angstselbsthilfe 2018, S. 5) gibt es doch Ängste, die sich
verselbständigen. Sie wirken sich auf das ganze Leben der
Betroffenen aus. Wann man Hilfe braucht, hängt von zahlreichen
Faktoren ab, eindeutige Indizien bzw. Indikationen gibt es dafür
nicht. Oft hängt es einfach auch daran, wie viel Leidensdruck
Betroffene aushalten können, ehe sie Hilfe suchen. (vgl.
ebd.)
Manche epidemiologischen Daten zeichnen ein düsteres Bild: So
soll nach Untersuchungen der TU Dresden 2010 jede/r Sechste
Deutsche, nämlich 10 Millionen Erwachsene, an Angststörungen leiden.
(Quelle:
Die Welt) Ob es sich dabei um primäre Angststörungen oder um
sogenannte komorbide Angststörungen handelt, die "entstehen, wenn
sich an eine andere Erkrankung als Folgeerscheinung eine
Angststörung anknüpft", die wie z. B. bei einer Krebsdiagnose zu
jede Heilung beeinträchtigenden existentiellen Ängsten führen
können. (vgl. (Deutsche
Angstselbsthilfe 2018, S. 7)
Man unterscheidet gemeinhin die folgenden Angststörungen voneinander,
wobei die posttraumatische Belastungsstörung oft nicht unmittelbar zu den
Angststörungen gezählt wird.
Zur Erklärung der Ursachen von Angststörungen werden in der Forschung
verschiedene Ansätze verfolgt. Die wichtigsten sind:
(vgl.
Zimbardo/Gerrig 2004, S. 656)
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
17.12.2023
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