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Drama
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Zieldrama
Wenn von der Bedeutung einer Parabel in
Lessings
Drama
Nathan
der Weise die Rede ist, geht es meistens um seine Gestaltung der
Ringparabel in der Mitte des Stücks (III,7
- Nathans Antwort für Saladin: Die Ringparabel
), mit der Nathan Saladins Frage nach
der einzig wahren Religion beantwortet. Die Ringparabel gilt seit den
Tagen des Lessings auch als Musterexemplar für die sogenannte
didaktische Parabel, die sich ähnlich wie die Fabel in den Dienst der
Vermittlung einer moralischen Lehre stellt. (→Die
Parabelstruktur der Ringerzählung)
Das gesamte Stück als Parabel
Richtet man den Blick auf
das Stückganze und seine didaktische Lehrhaftigkeit kann auch das ganze
Drama als eine Art Parabel aufgefasst werden, "sofern es durch ein
konkretes Beispiel eine moralische Lehre - über religiöse Toleranz
vermittelt." (Nisbet
2008, S.789) Bei der Ringparabel, die Nathan dem Sultan vorträgt,
handelt es sich daher um eine Parabel in der Parabel, wobei beide
Parabeln eng aufeinander bezogen sind. "Sie verhalten sich", wie Nisbet
(ebd.)
fortführt, "wie das Allgemeine zum Besonderen oder wie die Theorie zur
Praxis. Mit anderen Worten: Nathans Parabel ist das Destillat von
Lessings späten Gedanken über die Ungreifbarkeit der religiösen Wahrheit
und den Vorrang des moralischen Handels (wie schon im
Testament Johannis),
während die Haupthandlung einen besonderen Fall wirkungskräftigen
moralischen Verhaltens darstellt; oder umgekehrt: die Haupthandlung
liefert ein spezifisches Beispiel der Harmonie über die Religionsgrenzen
hinweg, der Nathans Parabel weiterreichende Bedeutung verleiht." Dass
man diesen Bezug umdrehen kann, liegt daran, dass sowohl die
Haupthandlung wie auch die Handlung in der Ringparabel in dramatischer
wie auch erzählerischer Form ein konkretes Bild liefern. Was Nathans
Parabel aber von der Parabel der Haupthandlung unterscheidet, ist vor
allem die Verwendung abstrakter Begriffe, welche die erforderlichen oder
gewünschten Tugenden bezeichnet, "die Voraussetzung der religiösen
Harmonie sind und ihr universale Bedeutung geben." (ebd.)

Die inhaltliche Funktion der Ringparabel in der Gesamtparabel
des Stücks
Dazu kommt noch eine wichtige inhaltliche Funktion, die Nathans
Parabel im Rahmen der Gesamtparabel erfüllt. Mit ihrer Hilfe gelingt es
Nathan Saladin von einer religiösen Toleranz, die andere Bekenntnisse
hinzunehmen in der Lage ist, zu einer Haltung zu bewegen, die ihn
ermuntert, aktiv über die Grenzen der religiösen Andersartigkeit
Verständnis und Freundschaft zu suchen und anzunehmen. So erfüllt die
Parabelszene, von der
Komposition
des Dramas her betrachtet, den
eigentlichen Wendepunkt (Peripetie) des dramatischen Geschehens, denn in
dieser Szene kommen Nathans Weisheit und Saladins Macht als Sultan auf
dem Weg vernünftiger Verständigung so zusammen, dass das Ganze einen
positiven Ausgang nehmen kann, auch wenn die politische Situation, in
der das Geschehen spielt, jederzeit auch noch für eine, in die
Katastrophe führende Veränderung gut sein könnte. (vgl.
ebd.)
Die Diskussion um die Rolle und Funktion der Ringparabel im
Stück
Bei der
Diskussion der Gattungsfrage spielte,
wie oben ausgeführt, auch stets das Verhältnis der im Zentrum des
Stückes stehenden
Ringparabel
zum übrigen Stück eine maßgebende Rolle. So betont
Stuart
Atkins (1951/1984, S.156), dass die lange Zeit übliche Betrachtung,
die das "dramatische Gedicht" Lessings als Ganzes lediglich als äußeren
Rahmen, eine Art Fassung der Ringparabel, einer "undramatischen Rede
von etwa 150 Zeilen Länge", ansehe, ebenso an der Konstruktion der
dramatischen Fabel vorbeigegangen sei wie die "Tendenz, das
Ringgleichnis als einen unabhängigen Text anzusehen, geeignet für den
separaten Abdruck in Anthologien deutscher Dichtung." Dem ist
zuzustimmen, zumal damit, wie Atkins weiter ausführt, "zwei
unbestreitbare Tatsachen" ignoriert würden, "nämlich (1) dass die
Ringparabel in Wirklichkeit ein unabgeschlossener Text innerhalb eines
größeren dramatischen Kontextes ist; (2) dass die Ringparabel innerhalb
eines solchen Zusammenhangs als dramatische Aussage gelesen werden muss
- beispielsweise als Charakterzeichnung handelnder Personen." Ein
angemessenes Verständnis der Ringparabel müsse daher sowohl ihrem
Erzählanlass als auch ihrer Stellung und Funktion im Aufbau der
Dramenhandlung gerecht werden. (vgl.
ebd.,
S.156)
Metaphysisch betrachtet
Leisegang (1931/1984, S.126) die Parabel. Er erkennt im Verlauf der dramatischen
Handlung, die "aus einer menschlichem Erkennen undurchsichtigen
Verwirrung, aus lauter Zufällen und Tücken des Schicksals" ein
"wunderbar zweckmäßige(s) Geschehen vor den staunenden Augen des Lesers"
(S.126) macht, letzten Endes eine Rechtfertigung Gottes, eine Theodizee, die die Menschen scheinbar in sinnlose Zufälle stürze, ihnen
unsägliches Leid zufüge und doch am Ende alles herrlich hinausführe, so
dass selbst das Böse und die Bösen seinen Absichten dienen müssten.
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Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
05.12.2020
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