Die Struktur des politischen Systems im Grundgesetz der Bundesrepublik
Deutschland
Das ▪ politische System der Bundesrepublik
Deutschland ist als Verfassungsstaat geprägt von einer Reihe von
unanfechtbaren Grundprinzipien für das Zusammenleben der Menschen in unserer Gesellschaft. Diese Grundprinzipien sollen dafür sorgen, dass
es bei politischen Entscheidungen demokratisch zugeht, die
Entscheidungen den ▪
Grund- und Menschenrechten nicht widersprechen und
diejenigen, die politische Verantwortung tragen, vom Volk kontrolliert
werden können. Zudem sollen sie garantieren, dass in unserer
Gesellschaft nicht nur bestimmte gesellschaftliche Gruppen das Sagen
haben, sondern eine Vielzahl von Meinungen, Lebensformen und
Vorstellungen über den Weg zum Glück gewaltfrei miteinander auskommen
können, um das Leben aller in einer pluralistischen Gesellschaft zu ermöglichen.
Wenn man beschreiben will, was unsern Staat - besser spricht man, weil
der Begriff umfassender ist, hier vom politischen System -
im Kern ausmacht, kann man dazu vier Prinzipien unterscheiden. Weil sie
unser politisches System als Ganzes besonders stark prägen, spricht man
von Strukturprinzipen des politischen Systems.
Man kann dazu vier verschiedene Strukturprinzipien unterscheiden:
Die vier Strukturprinzipien (Demokratie, Rechtsstaat, Sozialstaat,
Bundesstaat) sind auch in unserer Verfassung, in Artikel 20 des
Grundgesetzes, enthalten. Darin steht:
"(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und
sozialer Bundesstaat. (2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in
Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung,
der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt. (3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die
vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht
gebunden. "
Was
damit gemeint ist, wird im nachfolgenden Schaubild dargestellt.
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Die Grundfunktionen eines demokratischen
Verfassungsstaates lassen sich aus der Notwendigkeit ableiten, "in einer komplexen,
modernen Gesellschaft bindende Entscheidungen für das Gemeinwesen
herbeizuführen, die gleichermaßen die individuelle Freiheit und die
Wandlungsfähigkeit einer 'offenen Gesellschaft' sichern." (Seibel
1994, S.85) Man kann nach
Seibel (1994,
S.85) vier Funktionen des demokratischen Verfassungsstaates
voneinander unterscheiden:"
-
die Sicherung der
Menschenwürde und der Freiheit der Person,
-
die Sicherung einer 'offenen
Gesellschaft',
-
die Sicherung der kollektiven
Entscheidungsfähigkeit des politischen Gemeinwesens,
-
die Sicherung der
Verantwortung und Kontrolle staatlichen Handelns."
Diese Funktionen schlagen sich in Verfassungsprinzipien nieder, in
deren Zentrum ein unabänderlicher Verfassungskern steht, der als
freiheitlich-demokratische Grundordnung in einer als
wehrhaft
konzipierten Demokratie verstanden wird. Nach
Rudzio (1996,
S.42ff.) sind damit Verfassungsprinzipien unabänderlich festgeschrieben
und können auch von keiner noch so großen Mehrheit wieder gerändert oder
abgeschafft werden. Das sind:
Schließt man, auch aus didaktischen Gründen, das Menschen- und
Grundrechtsprinzip in das Rechtsstaatsprinzip mit ein, lassen sich vier
Strukturprinzipen des politischen Systems in Deutschland
unterscheiden, wie sie weiter oben
unterschieden worden sind.
Das Bundesverfassungsgericht hat sein Verständnis vom unabänderlichen
Verfassungskern, der freiheitlich-demokratischen Grundordnung
in einem
Urteil aus dem Jahr 1952 wie folgt dargelegt:
"Die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten
Menschenrechten, vor allem vor dem Recht der Persönlichkeit auf
Leben und freie Entfaltung, die Volkssouveränität, die
Gewaltenteilung, die Verantwortlichkeit der Regierung, die
Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die Unabhängigkeit der Gerichte, das
Mehrparteienprinzip und die Chancengleichheit für alle politischen
Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung
einer Opposition." (SRP-Verbotsurteil vom 23.10.52, in: BVerfGE 2,
S.1, zit. n. ebd., S.40)
Alle diese Elemente machen den Kern der freiheitlich-demokratischen
Grundordnung aus, die "autoritären, diktatorischen und insbesondere
totalitären Herrschaftssystemen, aber auch mit einer radikal identitären
Demokratie ohne ausdifferenzierte Organe und Befugnisse (unvereinbar
ist)." (ebd.)
Gert Egle, zuletzt bearbeitet am:
14.10.2023
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